Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891.

Bild:
<< vorherige Seite
§ 39. Peano's Anzahl der Aussagen über n Klassen.

Wie viele Typen gibt es nun aber bei zwei, und mehr (bis zu 14)
Aushebungen, und wie viele im Ganzen? Hier signalisirt sich wiederum
ein Problem, bei dem die Lösung noch schwieriger sein dürfte als bei dem
von Clifford behandelten und auf das auch schon Miss Ladd1 p. 67
hinweist. --

Fasste man den Begriff des sog. "einfachen Syllogismus" so weit, wie
erdenklich, so würde eine vollständige Syllogistik nunmehr die Aufgabe
haben, aus einem jeden von den 32 767 Urteilen die über A und B ge-
fällt werden können, in Verbindung mit einem jeden von den 32 767 Ur-
teilen, die (ebenso) über B und C sich fällen lassen, den "Mittelbegriff"
B zu eliminiren somit die Konklusion aufzusuchen, welche aus solchen zwei
Prämissen in Bezug auf A und C eventuell fliesst, sofern nämlich diese
Prämissen nur überhaupt eine gültige (von B unabhängige) Folgerung zu
ziehen gestatten (yield).

Von diesen 32 7672 = 1 073 676 289 Untersuchungen würden aber
nur 32 767 x 16 384 = 536 854 528 in der Hinsicht unter sich ver-
schieden sein, dass sie nicht durch blosse Vertauschung von A und C auf
andere von ihnen zurückkommen, und auch diese Zahl liesse sich noch
wegen Vertauschbarkeit von B und B1 auf etwas mehr als die Hälfte
reduziren.

In dem Umstand, dass die Bewältigung einer solchen Menge von Auf-
gaben doch nicht mehr praktikabel sein würde, liegt für uns eine Mahnung,
uns nicht in Einzeluntersuchungen zu verlieren, vielmehr bald darauf aus-
zugehen, die Methoden des Schliessens ganz allgemein weiterzuentwickeln.

Um nunmehr allgemein Peano's Formel abzuleiten, die Anzahl
der über n Begriffe A, B, C ... abgebbaren Aussagen zu ermitteln,
wollen wir die allgemeinsten Überlegungen gelegentlich durch den
Hinblick auf den Fall n = 3 noch besonders illustriren, wo A, B, C
die gegebenen Begriffsumfänge oder Klassen sein werden.

Jede erdenkliche Aussage, sofern sie sich aus einfacheren Aus-
sagen zusammensetzt, kann ganz aus Gleichungen nebst Verneinungen
solcher, als Ungleichungen, aussagenrechnerisch aufgebaut werden.

Eine Gleichung, in welche die Klassen A, B, C, ... eingehen,
hätte allgemein die Form:
ph (A, B, C, ...) = ps (A, B, C, ...);
sie kann aber rechterhand auf Null gebracht werden, wonach sie
lauten wird:
f (A, B, C, ...) = 0,
wo wie ph, ps, so auch f irgend welche Funktion -- nach dem im iden-
tischen Kalkul gültigen Funktionsbegriffe -- sein wird. Und bei der
Verneinung einer solchen Gleichung tritt nur das Ungleichheits-
zeichen an die Stelle ihres Gleichheitszeichens.

§ 39. Peano’s Anzahl der Aussagen über n Klassen.

Wie viele Typen gibt es nun aber bei zwei, und mehr (bis zu 14)
Aushebungen, und wie viele im Ganzen? Hier signalisirt sich wiederum
ein Problem, bei dem die Lösung noch schwieriger sein dürfte als bei dem
von Clifford behandelten und auf das auch schon Miss Ladd1 p. 67
hinweist. —

Fasste man den Begriff des sog. „einfachen Syllogismus“ so weit, wie
erdenklich, so würde eine vollständige Syllogistik nunmehr die Aufgabe
haben, aus einem jeden von den 32 767 Urteilen die über A und B ge-
fällt werden können, in Verbindung mit einem jeden von den 32 767 Ur-
teilen, die (ebenso) über B und C sich fällen lassen, den „Mittelbegriff“
B zu eliminiren somit die Konklusion aufzusuchen, welche aus solchen zwei
Prämissen in Bezug auf A und C eventuell fliesst, sofern nämlich diese
Prämissen nur überhaupt eine gültige (von B unabhängige) Folgerung zu
ziehen gestatten (yield).

Von diesen 32 7672 = 1 073 676 289 Untersuchungen würden aber
nur 32 767 × 16 384 = 536 854 528 in der Hinsicht unter sich ver-
schieden sein, dass sie nicht durch blosse Vertauschung von A und C auf
andere von ihnen zurückkommen, und auch diese Zahl liesse sich noch
wegen Vertauschbarkeit von B und B1 auf etwas mehr als die Hälfte
reduziren.

In dem Umstand, dass die Bewältigung einer solchen Menge von Auf-
gaben doch nicht mehr praktikabel sein würde, liegt für uns eine Mahnung,
uns nicht in Einzeluntersuchungen zu verlieren, vielmehr bald darauf aus-
zugehen, die Methoden des Schliessens ganz allgemein weiterzuentwickeln.

Um nunmehr allgemein Peano’s Formel abzuleiten, die Anzahl
der über n Begriffe A, B, C … abgebbaren Aussagen zu ermitteln,
wollen wir die allgemeinsten Überlegungen gelegentlich durch den
Hinblick auf den Fall n = 3 noch besonders illustriren, wo A, B, C
die gegebenen Begriffsumfänge oder Klassen sein werden.

Jede erdenkliche Aussage, sofern sie sich aus einfacheren Aus-
sagen zusammensetzt, kann ganz aus Gleichungen nebst Verneinungen
solcher, als Ungleichungen, aussagenrechnerisch aufgebaut werden.

Eine Gleichung, in welche die Klassen A, B, C, … eingehen,
hätte allgemein die Form:
φ (A, B, C, …) = ψ (A, B, C, …);
sie kann aber rechterhand auf Null gebracht werden, wonach sie
lauten wird:
f (A, B, C, …) = 0,
wo wie φ, ψ, so auch f irgend welche Funktion — nach dem im iden-
tischen Kalkul gültigen Funktionsbegriffe — sein wird. Und bei der
Verneinung einer solchen Gleichung tritt nur das Ungleichheits-
zeichen ≠ an die Stelle ihres Gleichheitszeichens.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0199" n="175"/>
            <fw place="top" type="header">§ 39. <hi rendition="#g">Peano&#x2019;</hi>s Anzahl der Aussagen über <hi rendition="#i">n</hi> Klassen.</fw><lb/>
            <p>Wie viele Typen gibt es nun aber bei <hi rendition="#i">zwei,</hi> und mehr (bis zu 14)<lb/>
Aushebungen, und wie viele im Ganzen? Hier signalisirt sich wiederum<lb/>
ein Problem, bei dem die Lösung noch schwieriger sein dürfte als bei dem<lb/>
von <hi rendition="#g">Clifford</hi> behandelten und auf das auch schon Miss <hi rendition="#g">Ladd</hi><hi rendition="#sup">1</hi> p. 67<lb/>
hinweist. &#x2014;</p><lb/>
            <p>Fasste man den Begriff des sog. &#x201E;<hi rendition="#i">einfachen</hi> Syllogismus&#x201C; so <hi rendition="#i">weit,</hi> wie<lb/>
erdenklich, so würde eine <hi rendition="#i">vollständige</hi> Syllogistik nunmehr die Aufgabe<lb/>
haben, aus einem jeden von den 32 767 Urteilen die über <hi rendition="#i">A</hi> und <hi rendition="#i">B</hi> ge-<lb/>
fällt werden können, in Verbindung mit einem jeden von den 32 767 Ur-<lb/>
teilen, die (ebenso) über <hi rendition="#i">B</hi> und <hi rendition="#i">C</hi> sich fällen lassen, den &#x201E;Mittelbegriff&#x201C;<lb/><hi rendition="#i">B</hi> zu eliminiren somit die Konklusion aufzusuchen, welche aus solchen zwei<lb/>
Prämissen in Bezug auf <hi rendition="#i">A</hi> und <hi rendition="#i">C</hi> eventuell fliesst, sofern nämlich diese<lb/>
Prämissen nur überhaupt eine gültige (von <hi rendition="#i">B</hi> unabhängige) Folgerung zu<lb/>
ziehen gestatten (yield).</p><lb/>
            <p>Von diesen 32 767<hi rendition="#sup">2</hi> = 1 073 676 289 Untersuchungen würden aber<lb/>
nur 32 767 × 16 384 = 536 854 528 in der Hinsicht unter sich ver-<lb/>
schieden sein, dass sie nicht durch blosse Vertauschung von <hi rendition="#i">A</hi> und <hi rendition="#i">C</hi> auf<lb/>
andere von ihnen zurückkommen, und auch diese Zahl liesse sich noch<lb/>
wegen Vertauschbarkeit von <hi rendition="#i">B</hi> und <hi rendition="#i">B</hi><hi rendition="#sub">1</hi> auf etwas mehr als die Hälfte<lb/>
reduziren.</p><lb/>
            <p>In dem Umstand, dass die Bewältigung einer solchen Menge von Auf-<lb/>
gaben doch nicht mehr praktikabel sein würde, liegt für uns eine Mahnung,<lb/>
uns nicht in Einzeluntersuchungen zu verlieren, vielmehr bald darauf aus-<lb/>
zugehen, die <hi rendition="#i">Methoden</hi> des Schliessens ganz allgemein weiterzuentwickeln.</p><lb/>
            <p>Um nunmehr allgemein <hi rendition="#g">Peano&#x2019;</hi>s Formel abzuleiten, die Anzahl<lb/>
der über <hi rendition="#i">n</hi> Begriffe <hi rendition="#i">A</hi>, <hi rendition="#i">B</hi>, <hi rendition="#i">C</hi> &#x2026; abgebbaren Aussagen zu ermitteln,<lb/>
wollen wir die allgemeinsten Überlegungen gelegentlich durch den<lb/>
Hinblick auf den Fall <hi rendition="#i">n</hi> = 3 noch besonders illustriren, wo <hi rendition="#i">A</hi>, <hi rendition="#i">B</hi>, <hi rendition="#i">C</hi><lb/>
die gegebenen Begriffsumfänge oder Klassen sein werden.</p><lb/>
            <p>Jede erdenkliche Aussage, sofern sie sich aus einfacheren Aus-<lb/>
sagen zusammensetzt, kann ganz aus <hi rendition="#i">Gleichungen</hi> nebst Verneinungen<lb/>
solcher, als <hi rendition="#i">Ungleichungen</hi>, aussagenrechnerisch aufgebaut werden.</p><lb/>
            <p>Eine Gleichung, in welche die Klassen <hi rendition="#i">A</hi>, <hi rendition="#i">B</hi>, <hi rendition="#i">C</hi>, &#x2026; eingehen,<lb/>
hätte allgemein die Form:<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#i">&#x03C6;</hi> (<hi rendition="#i">A</hi>, <hi rendition="#i">B</hi>, <hi rendition="#i">C</hi>, &#x2026;) = <hi rendition="#i">&#x03C8;</hi> (<hi rendition="#i">A</hi>, <hi rendition="#i">B</hi>, <hi rendition="#i">C</hi>, &#x2026;);</hi><lb/>
sie kann aber rechterhand auf Null gebracht werden, wonach sie<lb/>
lauten wird:<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#i">f</hi> (<hi rendition="#i">A</hi>, <hi rendition="#i">B</hi>, <hi rendition="#i">C</hi>, &#x2026;) = 0,</hi><lb/>
wo wie <hi rendition="#i">&#x03C6;</hi>, <hi rendition="#i">&#x03C8;</hi>, so auch <hi rendition="#i">f</hi> irgend welche Funktion &#x2014; nach dem im iden-<lb/>
tischen Kalkul gültigen Funktionsbegriffe &#x2014; sein wird. Und bei der<lb/>
Verneinung einer solchen Gleichung tritt nur das Ungleichheits-<lb/>
zeichen &#x2260; an die Stelle ihres Gleichheitszeichens.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0199] § 39. Peano’s Anzahl der Aussagen über n Klassen. Wie viele Typen gibt es nun aber bei zwei, und mehr (bis zu 14) Aushebungen, und wie viele im Ganzen? Hier signalisirt sich wiederum ein Problem, bei dem die Lösung noch schwieriger sein dürfte als bei dem von Clifford behandelten und auf das auch schon Miss Ladd1 p. 67 hinweist. — Fasste man den Begriff des sog. „einfachen Syllogismus“ so weit, wie erdenklich, so würde eine vollständige Syllogistik nunmehr die Aufgabe haben, aus einem jeden von den 32 767 Urteilen die über A und B ge- fällt werden können, in Verbindung mit einem jeden von den 32 767 Ur- teilen, die (ebenso) über B und C sich fällen lassen, den „Mittelbegriff“ B zu eliminiren somit die Konklusion aufzusuchen, welche aus solchen zwei Prämissen in Bezug auf A und C eventuell fliesst, sofern nämlich diese Prämissen nur überhaupt eine gültige (von B unabhängige) Folgerung zu ziehen gestatten (yield). Von diesen 32 7672 = 1 073 676 289 Untersuchungen würden aber nur 32 767 × 16 384 = 536 854 528 in der Hinsicht unter sich ver- schieden sein, dass sie nicht durch blosse Vertauschung von A und C auf andere von ihnen zurückkommen, und auch diese Zahl liesse sich noch wegen Vertauschbarkeit von B und B1 auf etwas mehr als die Hälfte reduziren. In dem Umstand, dass die Bewältigung einer solchen Menge von Auf- gaben doch nicht mehr praktikabel sein würde, liegt für uns eine Mahnung, uns nicht in Einzeluntersuchungen zu verlieren, vielmehr bald darauf aus- zugehen, die Methoden des Schliessens ganz allgemein weiterzuentwickeln. Um nunmehr allgemein Peano’s Formel abzuleiten, die Anzahl der über n Begriffe A, B, C … abgebbaren Aussagen zu ermitteln, wollen wir die allgemeinsten Überlegungen gelegentlich durch den Hinblick auf den Fall n = 3 noch besonders illustriren, wo A, B, C die gegebenen Begriffsumfänge oder Klassen sein werden. Jede erdenkliche Aussage, sofern sie sich aus einfacheren Aus- sagen zusammensetzt, kann ganz aus Gleichungen nebst Verneinungen solcher, als Ungleichungen, aussagenrechnerisch aufgebaut werden. Eine Gleichung, in welche die Klassen A, B, C, … eingehen, hätte allgemein die Form: φ (A, B, C, …) = ψ (A, B, C, …); sie kann aber rechterhand auf Null gebracht werden, wonach sie lauten wird: f (A, B, C, …) = 0, wo wie φ, ψ, so auch f irgend welche Funktion — nach dem im iden- tischen Kalkul gültigen Funktionsbegriffe — sein wird. Und bei der Verneinung einer solchen Gleichung tritt nur das Ungleichheits- zeichen ≠ an die Stelle ihres Gleichheitszeichens.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0201_1891
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0201_1891/199
Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0201_1891/199>, abgerufen am 28.11.2024.