Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweiundzwanzigste Vorlesung.
behufs deren rechnerischer Verifikation man lediglich von den Theo-
remen Th. 33+) Zusatz, und mit Rücksicht auf die Voraussetzungen:
i1 a, i2 a i11, i3 a i11 i12, ... ir a i11 i12 i13 ... i1r -- 1
auch von dem in Th. 20+) mitenthaltenen Satze:
(b a) (b + a = a)
Gebrauch zu machen hätte.

Nennen wir nun das letzte Glied der obigen allgemeinen Dar-
stellung kh) von a für den Augenblick "das rte Residuum der Klasse a",
so würde doch auf Grund des Postulates ((4)) allein niemals der Nach-
weis zu erbringen sein, dass bei hinreichend weit getriebener, nötigenfalls
unbegrenzter
Fortsetzung des vorstehend geschilderten Folgerungsver-
fahrens (oder Prozesses des Schliessens) das Residuum der Klasse
schliesslich*) = 0 werden müsse.

Wir dürften uns daher wol genötigt sehen, dem obigen Postu-
late ((4)) noch ein zweites hinzuzufügen, welches als die Anerkennung
formulirt werden kann:

Postulat ((5)): dass das identische Produkt jeder Klasse in die
Negationen sämtlicher in ihr enthaltenen Individuen verschwindet
, m. a. W.
dass wir imstande seien, bei irgend einer vorgelegten Klasse, einem
Gebiete, den Prozess der Residuenbildung wenigstens in der Idee (wenn
auch nicht in der Praxis) solange fortzusetzen, bis wir auf das Resi-
duum 0 kommen.

Darnach wird denn in der That das Residuum der Klasse, welches
nach Absonderung von mehr und mehrern ihrer Individuen von ihr
übrig bleibt, zuletzt zu vernachlässigen sein, und mögen wir auch
unsre beiden Postulate in das eine zusammenfassen:

Postulat ((4)). ((5)): Jede von 0 verschiedene (nicht inhaltsleere)
Klasse lässt sich darstellen als eine identische Summe von lauter (unter
sich verschiedenen) Individuen.

Jedes räumliche Gebiet insbesondere kann angesehen werden als
ganz und gar zusammengesetzt aus mathematischen Punkten -- des-
gleichen jedes zeitliche Gebiet aus Augenblicken [und jede ("stetige")
Mannigfaltigkeit (auch) überhaupt aus ihren Elementen].

Und zwar erscheint der "mathematische Punkt" hierselbst als ein
wohldefinirter Begriff: Als bekannt sollte ja gelten, was unter einem
räumlichen Gebiete, Raumteil zu verstehen ist. Ich sage hiefür mit Ab-

*) NB. Was heisst jedoch in dem letzteren Falle, auf den mit "nötigenfalls"
hingewiesen ist, dieses "schliesslich"?

Zweiundzwanzigste Vorlesung.
behufs deren rechnerischer Verifikation man lediglich von den Theo-
remen Th. 33+) Zusatz, und mit Rücksicht auf die Voraussetzungen:
i1 a, i2 a i11, i3 a i11 i12, … ir a i11 i12 i13i1r — 1
auch von dem in Th. 20+) mitenthaltenen Satze:
(b a) (b + a = a)
Gebrauch zu machen hätte.

Nennen wir nun das letzte Glied der obigen allgemeinen Dar-
stellung χ) von a für den Augenblick „das rte Residuum der Klasse a“,
so würde doch auf Grund des Postulates ((4)) allein niemals der Nach-
weis zu erbringen sein, dass bei hinreichend weit getriebener, nötigenfalls
unbegrenzter
Fortsetzung des vorstehend geschilderten Folgerungsver-
fahrens (oder Prozesses des Schliessens) das Residuum der Klasse
schliesslich*) = 0 werden müsse.

Wir dürften uns daher wol genötigt sehen, dem obigen Postu-
late ((4)) noch ein zweites hinzuzufügen, welches als die Anerkennung
formulirt werden kann:

Postulat ((5)): dass das identische Produkt jeder Klasse in die
Negationen sämtlicher in ihr enthaltenen Individuen verschwindet
, m. a. W.
dass wir imstande seien, bei irgend einer vorgelegten Klasse, einem
Gebiete, den Prozess der Residuenbildung wenigstens in der Idee (wenn
auch nicht in der Praxis) solange fortzusetzen, bis wir auf das Resi-
duum 0 kommen.

Darnach wird denn in der That das Residuum der Klasse, welches
nach Absonderung von mehr und mehrern ihrer Individuen von ihr
übrig bleibt, zuletzt zu vernachlässigen sein, und mögen wir auch
unsre beiden Postulate in das eine zusammenfassen:

Postulat ((4)). ((5)): Jede von 0 verschiedene (nicht inhaltsleere)
Klasse lässt sich darstellen als eine identische Summe von lauter (unter
sich verschiedenen) Individuen.

Jedes räumliche Gebiet insbesondere kann angesehen werden als
ganz und gar zusammengesetzt aus mathematischen Punkten — des-
gleichen jedes zeitliche Gebiet aus Augenblicken [und jede („stetige“)
Mannigfaltigkeit (auch) überhaupt aus ihren Elementen].

Und zwar erscheint der „mathematische Punkt“ hierselbst als ein
wohldefinirter Begriff: Als bekannt sollte ja gelten, was unter einem
räumlichen Gebiete, Raumteil zu verstehen ist. Ich sage hiefür mit Ab-

*) NB. Was heisst jedoch in dem letzteren Falle, auf den mit „nötigenfalls“
hingewiesen ist, dieses „schliesslich“?
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0362" n="338"/><fw place="top" type="header">Zweiundzwanzigste Vorlesung.</fw><lb/>
behufs deren rechnerischer Verifikation man lediglich von den Theo-<lb/>
remen Th. 33<hi rendition="#sub">+</hi>) Zusatz, und mit Rücksicht auf die Voraussetzungen:<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#i">i</hi><hi rendition="#sup">1</hi><choice><orig>&#xFFFC;</orig><reg>&#x2286;</reg></choice><hi rendition="#i">a</hi>, <hi rendition="#i">i</hi><hi rendition="#sup">2</hi><choice><orig>&#xFFFC;</orig><reg>&#x2286;</reg></choice><hi rendition="#i">a i</hi><hi rendition="#sub">1</hi><hi rendition="#sup">1</hi>, <hi rendition="#i">i</hi><hi rendition="#sup">3</hi><choice><orig>&#xFFFC;</orig><reg>&#x2286;</reg></choice><hi rendition="#i">a i</hi><hi rendition="#sub">1</hi><hi rendition="#sup">1</hi><hi rendition="#i">i</hi><hi rendition="#sub">1</hi><hi rendition="#sup">2</hi>, &#x2026; <hi rendition="#i">i<hi rendition="#sup">r</hi></hi> <choice><orig>&#xFFFC;</orig><reg>&#x2286;</reg></choice> <hi rendition="#i">a i</hi><hi rendition="#sub">1</hi><hi rendition="#sup">1</hi> <hi rendition="#i">i</hi><hi rendition="#sub">1</hi><hi rendition="#sup">2</hi> <hi rendition="#i">i</hi><hi rendition="#sub">1</hi><hi rendition="#sup">3</hi> &#x2026; <hi rendition="#i">i</hi><hi rendition="#sub">1</hi><hi rendition="#sup"><hi rendition="#i">r</hi> &#x2014; 1</hi></hi><lb/>
auch von dem in Th. 20<hi rendition="#sub">+</hi>) mitenthaltenen Satze:<lb/><hi rendition="#c">(<hi rendition="#i">b</hi> <choice><orig>&#xFFFC;</orig><reg>&#x2286;</reg></choice> <hi rendition="#i">a</hi>) <choice><orig>&#xFFFC;</orig><reg>&#x2286;</reg></choice> (<hi rendition="#i">b</hi> + <hi rendition="#i">a</hi> = <hi rendition="#i">a</hi>)</hi><lb/>
Gebrauch zu machen hätte.</p><lb/>
            <p>Nennen wir nun das letzte Glied der obigen allgemeinen Dar-<lb/>
stellung <hi rendition="#i">&#x03C7;</hi>) von <hi rendition="#i">a</hi> für den Augenblick &#x201E;das <hi rendition="#i">r</hi><hi rendition="#sup">te</hi> <hi rendition="#i">Residuum</hi> der Klasse <hi rendition="#i">a</hi>&#x201C;,<lb/>
so würde doch auf Grund des Postulates ((4)) <hi rendition="#i">allein</hi> niemals der Nach-<lb/>
weis zu erbringen sein, dass <hi rendition="#i">bei hinreichend weit getriebener, nötigenfalls<lb/>
unbegrenzter</hi> Fortsetzung des vorstehend geschilderten Folgerungsver-<lb/>
fahrens (oder Prozesses des Schliessens) das Residuum der Klasse<lb/>
schliesslich<note place="foot" n="*)">NB. Was heisst jedoch in dem letzteren Falle, auf den mit &#x201E;nötigenfalls&#x201C;<lb/>
hingewiesen ist, dieses &#x201E;schliesslich&#x201C;?</note> = 0 werden müsse.</p><lb/>
            <p>Wir dürften uns daher wol genötigt sehen, dem obigen Postu-<lb/>
late ((4)) noch ein zweites hinzuzufügen, welches als die <hi rendition="#i">Anerkennung</hi><lb/>
formulirt werden kann:</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Postulat</hi> ((5)): <hi rendition="#i">dass das identische Produkt jeder Klasse in die<lb/>
Negationen sämtlicher in ihr enthaltenen Individuen verschwindet</hi>, m. a. W.<lb/>
dass wir imstande seien, bei irgend einer vorgelegten Klasse, einem<lb/>
Gebiete, den Prozess der Residuenbildung <hi rendition="#i">wenigstens in der Idee</hi> (wenn<lb/>
auch nicht in der Praxis) solange fortzusetzen, bis wir auf das Resi-<lb/>
duum 0 kommen.</p><lb/>
            <p>Darnach wird denn in der That das Residuum der Klasse, welches<lb/>
nach Absonderung von mehr und mehrern ihrer Individuen von ihr<lb/>
übrig bleibt, zuletzt zu vernachlässigen sein, und mögen wir auch<lb/>
unsre beiden Postulate in das eine zusammenfassen:</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Postulat</hi> ((4)). ((5)): <hi rendition="#i">Jede von</hi> 0 <hi rendition="#i">verschiedene (nicht inhaltsleere)<lb/>
Klasse lässt sich darstellen als eine identische Summe von lauter (unter<lb/>
sich verschiedenen) Individuen.</hi></p><lb/>
            <p>Jedes <hi rendition="#i">räumliche Gebiet</hi> insbesondere kann angesehen werden als<lb/>
ganz und gar <hi rendition="#i">zusammengesetzt aus mathematischen Punkten</hi> &#x2014; des-<lb/>
gleichen jedes <hi rendition="#i">zeitliche</hi> Gebiet aus <hi rendition="#i">Augenblicken</hi> [und jede (&#x201E;stetige&#x201C;)<lb/>
Mannigfaltigkeit (auch) überhaupt aus ihren Elementen].</p><lb/>
            <p>Und zwar erscheint der &#x201E;mathematische Punkt&#x201C; hierselbst als ein<lb/><hi rendition="#i">wohldefinirter</hi> Begriff: Als bekannt sollte ja gelten, was unter einem<lb/><hi rendition="#i">räumlichen Gebiete</hi>, <hi rendition="#i">Raumteil</hi> zu verstehen ist. Ich sage hiefür mit Ab-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[338/0362] Zweiundzwanzigste Vorlesung. behufs deren rechnerischer Verifikation man lediglich von den Theo- remen Th. 33+) Zusatz, und mit Rücksicht auf die Voraussetzungen: i1  a, i2  a i11, i3  a i11 i12, … ir  a i11 i12 i13 … i1r — 1 auch von dem in Th. 20+) mitenthaltenen Satze: (b  a)  (b + a = a) Gebrauch zu machen hätte. Nennen wir nun das letzte Glied der obigen allgemeinen Dar- stellung χ) von a für den Augenblick „das rte Residuum der Klasse a“, so würde doch auf Grund des Postulates ((4)) allein niemals der Nach- weis zu erbringen sein, dass bei hinreichend weit getriebener, nötigenfalls unbegrenzter Fortsetzung des vorstehend geschilderten Folgerungsver- fahrens (oder Prozesses des Schliessens) das Residuum der Klasse schliesslich *) = 0 werden müsse. Wir dürften uns daher wol genötigt sehen, dem obigen Postu- late ((4)) noch ein zweites hinzuzufügen, welches als die Anerkennung formulirt werden kann: Postulat ((5)): dass das identische Produkt jeder Klasse in die Negationen sämtlicher in ihr enthaltenen Individuen verschwindet, m. a. W. dass wir imstande seien, bei irgend einer vorgelegten Klasse, einem Gebiete, den Prozess der Residuenbildung wenigstens in der Idee (wenn auch nicht in der Praxis) solange fortzusetzen, bis wir auf das Resi- duum 0 kommen. Darnach wird denn in der That das Residuum der Klasse, welches nach Absonderung von mehr und mehrern ihrer Individuen von ihr übrig bleibt, zuletzt zu vernachlässigen sein, und mögen wir auch unsre beiden Postulate in das eine zusammenfassen: Postulat ((4)). ((5)): Jede von 0 verschiedene (nicht inhaltsleere) Klasse lässt sich darstellen als eine identische Summe von lauter (unter sich verschiedenen) Individuen. Jedes räumliche Gebiet insbesondere kann angesehen werden als ganz und gar zusammengesetzt aus mathematischen Punkten — des- gleichen jedes zeitliche Gebiet aus Augenblicken [und jede („stetige“) Mannigfaltigkeit (auch) überhaupt aus ihren Elementen]. Und zwar erscheint der „mathematische Punkt“ hierselbst als ein wohldefinirter Begriff: Als bekannt sollte ja gelten, was unter einem räumlichen Gebiete, Raumteil zu verstehen ist. Ich sage hiefür mit Ab- *) NB. Was heisst jedoch in dem letzteren Falle, auf den mit „nötigenfalls“ hingewiesen ist, dieses „schliesslich“?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0201_1891
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0201_1891/362
Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0201_1891/362>, abgerufen am 01.07.2024.