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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891.

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§ 30. Aufhören des Dualismus.

Vor alle Formeln des § 29, welche Buchstaben a, b, c, x, ... enthalten,
durften im Hinblick auf deren Allgemeingültigkeit natürlich auch die Zeichen
[Formel 1] , [Formel 2] , ... unter jeweiliger Einklammerung der ganzen Formel geschrieben
werden. --

Die Entwickelung der Mathematik während des letzten Jahr-
hunderts hat bekanntlich die Erfahrung gebracht, dass die Über-
tragung des Begriffes der Summe oder des Produktes, aus einer end-
lichen
Menge von Zahlen auf eine unbegrenzte Menge von solchen, auf
eine "unendliche" Reihe von Termen (Gliedern, Faktoren), an bestimmte
Voraussetzungen als einschränkende Bedingungen geknüpft ist, welche
in den "Konvergenzregeln" ("-Kriterien") für unendliche Reihen, und
Produkte, von der Wissenschaft niedergelegt sind. Die Ausserachtlassung
dieser Konvergenzbedingungen, stellte sich heraus, führt in Fehler.

Für die identischen Produkte und Summen aus Gebieten oder
Klassen haben wir aber vorstehend die analoge Ausdehnung ganz
ohne weiteres vorgenommen, und wird daher durch die Analogie der
identischen mit den arithmetischen Disziplinen die Vermutung nahe
gelegt, ob nicht auch hier gewisse Vorsichtsmassregeln zu beachten
sein würden, ob nicht auch die identischen Produkte und Summen
aus unbegrenzten Mengen von Termen ihre "Konvergenzbedingungen"
haben?

Dass die Frage denknotwendig scheint verneint werden zu müssen
bildet ein interessantes Thema der Erkenntnisslehre, welches wir uns
hier begnügen, als solches blos angedeutet zu haben.

Noch ein andrer Umstand muss beim Überblicken der Formeln
des § 29 auffallen, den wir als

Anmerkung über den Dualismus zur Sprache bringen.

Die formalen Grundlagen des identischen Kalkuls, als da sind
Definitionen und (Axiome oder) Prinzipien*), desgleichen dann auch die
aus jenen Grundlagen abgeleiteten, gefolgerten Theoreme, zeigten bis-
lang jene in § 14 näher erörterte Eigenschaft des "Dualismus". In
jedem Satze konnten mit übergeordnet und untergeordnet, also und
, zugleich auch 0 und 1, mal und plus die rollen tauschen, und
indem sie hierdurch in einander übergingen, entsprachen die Sätze mit-
unter schon sich selbst, zumeist aber paarweise einander -- wie wir
sagten "dualistisch" -- wie wir nunmehr aber genauer werden sagen
müssen: "gebietsdual".

*) Postulate zähle ich nicht zu den "formalen" Grundlagen.
§ 30. Aufhören des Dualismus.

Vor alle Formeln des § 29, welche Buchstaben a, b, c, x, … enthalten,
durften im Hinblick auf deren Allgemeingültigkeit natürlich auch die Zeichen
[Formel 1] , [Formel 2] , … unter jeweiliger Einklammerung der ganzen Formel geschrieben
werden. —

Die Entwickelung der Mathematik während des letzten Jahr-
hunderts hat bekanntlich die Erfahrung gebracht, dass die Über-
tragung des Begriffes der Summe oder des Produktes, aus einer end-
lichen
Menge von Zahlen auf eine unbegrenzte Menge von solchen, auf
eine „unendliche“ Reihe von Termen (Gliedern, Faktoren), an bestimmte
Voraussetzungen als einschränkende Bedingungen geknüpft ist, welche
in den „Konvergenzregeln“ („-Kriterien“) für unendliche Reihen, und
Produkte, von der Wissenschaft niedergelegt sind. Die Ausserachtlassung
dieser Konvergenzbedingungen, stellte sich heraus, führt in Fehler.

Für die identischen Produkte und Summen aus Gebieten oder
Klassen haben wir aber vorstehend die analoge Ausdehnung ganz
ohne weiteres vorgenommen, und wird daher durch die Analogie der
identischen mit den arithmetischen Disziplinen die Vermutung nahe
gelegt, ob nicht auch hier gewisse Vorsichtsmassregeln zu beachten
sein würden, ob nicht auch die identischen Produkte und Summen
aus unbegrenzten Mengen von Termen ihre „Konvergenzbedingungen“
haben?

Dass die Frage denknotwendig scheint verneint werden zu müssen
bildet ein interessantes Thema der Erkenntnisslehre, welches wir uns
hier begnügen, als solches blos angedeutet zu haben.

Noch ein andrer Umstand muss beim Überblicken der Formeln
des § 29 auffallen, den wir als

Anmerkung über den Dualismus zur Sprache bringen.

Die formalen Grundlagen des identischen Kalkuls, als da sind
Definitionen und (Axiome oder) Prinzipien*), desgleichen dann auch die
aus jenen Grundlagen abgeleiteten, gefolgerten Theoreme, zeigten bis-
lang jene in § 14 näher erörterte Eigenschaft des „Dualismus“. In
jedem Satze konnten mit übergeordnet und untergeordnet, also und
, zugleich auch 0 und 1, mal und plus die rollen tauschen, und
indem sie hierdurch in einander übergingen, entsprachen die Sätze mit-
unter schon sich selbst, zumeist aber paarweise einander — wie wir
sagten „dualistisch“ — wie wir nunmehr aber genauer werden sagen
müssen: „gebietsdual“.

*) Postulate zähle ich nicht zu den „formalen“ Grundlagen.
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[43/0067] § 30. Aufhören des Dualismus. Vor alle Formeln des § 29, welche Buchstaben a, b, c, x, … enthalten, durften im Hinblick auf deren Allgemeingültigkeit natürlich auch die Zeichen [FORMEL], [FORMEL], … unter jeweiliger Einklammerung der ganzen Formel geschrieben werden. — Die Entwickelung der Mathematik während des letzten Jahr- hunderts hat bekanntlich die Erfahrung gebracht, dass die Über- tragung des Begriffes der Summe oder des Produktes, aus einer end- lichen Menge von Zahlen auf eine unbegrenzte Menge von solchen, auf eine „unendliche“ Reihe von Termen (Gliedern, Faktoren), an bestimmte Voraussetzungen als einschränkende Bedingungen geknüpft ist, welche in den „Konvergenzregeln“ („-Kriterien“) für unendliche Reihen, und Produkte, von der Wissenschaft niedergelegt sind. Die Ausserachtlassung dieser Konvergenzbedingungen, stellte sich heraus, führt in Fehler. Für die identischen Produkte und Summen aus Gebieten oder Klassen haben wir aber vorstehend die analoge Ausdehnung ganz ohne weiteres vorgenommen, und wird daher durch die Analogie der identischen mit den arithmetischen Disziplinen die Vermutung nahe gelegt, ob nicht auch hier gewisse Vorsichtsmassregeln zu beachten sein würden, ob nicht auch die identischen Produkte und Summen aus unbegrenzten Mengen von Termen ihre „Konvergenzbedingungen“ haben? Dass die Frage denknotwendig scheint verneint werden zu müssen bildet ein interessantes Thema der Erkenntnisslehre, welches wir uns hier begnügen, als solches blos angedeutet zu haben. Noch ein andrer Umstand muss beim Überblicken der Formeln des § 29 auffallen, den wir als Anmerkung über den Dualismus zur Sprache bringen. Die formalen Grundlagen des identischen Kalkuls, als da sind Definitionen und (Axiome oder) Prinzipien *), desgleichen dann auch die aus jenen Grundlagen abgeleiteten, gefolgerten Theoreme, zeigten bis- lang jene in § 14 näher erörterte Eigenschaft des „Dualismus“. In jedem Satze konnten mit übergeordnet und untergeordnet, also  und , zugleich auch 0 und 1, mal und plus die rollen tauschen, und indem sie hierdurch in einander übergingen, entsprachen die Sätze mit- unter schon sich selbst, zumeist aber paarweise einander — wie wir sagten „dualistisch“ — wie wir nunmehr aber genauer werden sagen müssen: „gebietsdual“. *) Postulate zähle ich nicht zu den „formalen“ Grundlagen.

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0201_1891/67>, abgerufen am 26.11.2024.