Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

Raum, auf oas Thal oder den Sumpf, in welchen
es gebohren worden, beschränkt gewesen. Es giebt
uns die ganze merkwürdige Familie der Faulthierartigen
Geschlechter, von welcher alle, bis auf einige wenige
untergegangen sind, ein Beyspiel von einem nach einer
Seite über die Gränze hinausgehenden, und darum
mislingenden Streben der bildenden Natur. Die gan-
ze Lebenskraft scheint sich in den zuletzt aus der ersten
Reihe hervorgehenden Geschlechtern, mehr nach innen
zurückzuziehen, die Thätigkeit nach außen nimmt ab,
ja wie wir nachher sehen werden, verschwinden zuletzt
selbst die zu dieser Thätigkeit nöthigen Glieder. Die
Natur bereitet sich, gleichsam tief in sich gekehrt, zu
ihrem letzten, höchsten Werke vor, damit aber über-
haupt dieser neue Schritt möglich werde, muß sie in
das Element, aus welchem Alles hervorgegangen, zu-
rückkehren. Die Gränze der auf dem Lande lebenden
Thiere der ersten Reihe, scheint in den Elephantenarti-
gen, von da schließt sie an die Cetaceen an. Dagegen
hat die Natur in den Faulthierartigen Geschlechtern, die
erste Reihe nach der einen Seite hin noch fortzuführen
gesucht, und wir sehen in diesen z. B. die Zahl der
Rückenwirbel auf 23 steigen. Es strebt der Bildungs-
trieb der Erde, ohne erst in das Meer und die alte In-
differenz der Gestaltungen zurückzukehren, gleich in der
Richtung der ersten Reihe das höchste Ziel -- den
Menschen zu erreichen. Vergeblich, sie bringt es mit
ihrer letzten Anstrengung nur zur Affenähnlichkeit (in
den noch jetzt lebenden Faulthieren) und die Glieder, die

Raum, auf oas Thal oder den Sumpf, in welchen
es gebohren worden, beſchraͤnkt geweſen. Es giebt
uns die ganze merkwuͤrdige Familie der Faulthierartigen
Geſchlechter, von welcher alle, bis auf einige wenige
untergegangen ſind, ein Beyſpiel von einem nach einer
Seite uͤber die Graͤnze hinausgehenden, und darum
mislingenden Streben der bildenden Natur. Die gan-
ze Lebenskraft ſcheint ſich in den zuletzt aus der erſten
Reihe hervorgehenden Geſchlechtern, mehr nach innen
zuruͤckzuziehen, die Thaͤtigkeit nach außen nimmt ab,
ja wie wir nachher ſehen werden, verſchwinden zuletzt
ſelbſt die zu dieſer Thaͤtigkeit noͤthigen Glieder. Die
Natur bereitet ſich, gleichſam tief in ſich gekehrt, zu
ihrem letzten, hoͤchſten Werke vor, damit aber uͤber-
haupt dieſer neue Schritt moͤglich werde, muß ſie in
das Element, aus welchem Alles hervorgegangen, zu-
ruͤckkehren. Die Graͤnze der auf dem Lande lebenden
Thiere der erſten Reihe, ſcheint in den Elephantenarti-
gen, von da ſchließt ſie an die Cetaceen an. Dagegen
hat die Natur in den Faulthierartigen Geſchlechtern, die
erſte Reihe nach der einen Seite hin noch fortzufuͤhren
geſucht, und wir ſehen in dieſen z. B. die Zahl der
Ruͤckenwirbel auf 23 ſteigen. Es ſtrebt der Bildungs-
trieb der Erde, ohne erſt in das Meer und die alte In-
differenz der Geſtaltungen zuruͤckzukehren, gleich in der
Richtung der erſten Reihe das hoͤchſte Ziel — den
Menſchen zu erreichen. Vergeblich, ſie bringt es mit
ihrer letzten Anſtrengung nur zur Affenaͤhnlichkeit (in
den noch jetzt lebenden Faulthieren) und die Glieder, die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0298" n="284"/>
Raum, auf oas Thal oder den Sumpf, in welchen<lb/>
es gebohren worden, be&#x017F;chra&#x0364;nkt gewe&#x017F;en. Es giebt<lb/>
uns die ganze merkwu&#x0364;rdige Familie der Faulthierartigen<lb/>
Ge&#x017F;chlechter, von welcher alle, bis auf einige wenige<lb/>
untergegangen &#x017F;ind, ein Bey&#x017F;piel von einem nach einer<lb/>
Seite u&#x0364;ber die Gra&#x0364;nze hinausgehenden, und darum<lb/>
mislingenden Streben der bildenden Natur. Die gan-<lb/>
ze Lebenskraft &#x017F;cheint &#x017F;ich in den zuletzt aus der er&#x017F;ten<lb/>
Reihe hervorgehenden Ge&#x017F;chlechtern, mehr nach innen<lb/>
zuru&#x0364;ckzuziehen, die Tha&#x0364;tigkeit nach außen nimmt ab,<lb/>
ja wie wir nachher &#x017F;ehen werden, ver&#x017F;chwinden zuletzt<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t die zu die&#x017F;er Tha&#x0364;tigkeit no&#x0364;thigen Glieder. Die<lb/>
Natur bereitet &#x017F;ich, gleich&#x017F;am tief in &#x017F;ich gekehrt, zu<lb/>
ihrem letzten, ho&#x0364;ch&#x017F;ten Werke vor, damit aber u&#x0364;ber-<lb/>
haupt die&#x017F;er neue Schritt mo&#x0364;glich werde, muß &#x017F;ie in<lb/>
das Element, aus welchem Alles hervorgegangen, zu-<lb/>
ru&#x0364;ckkehren. Die Gra&#x0364;nze der auf dem Lande lebenden<lb/>
Thiere der er&#x017F;ten Reihe, &#x017F;cheint in den Elephantenarti-<lb/>
gen, von da &#x017F;chließt &#x017F;ie an die Cetaceen an. Dagegen<lb/>
hat die Natur in den Faulthierartigen Ge&#x017F;chlechtern, die<lb/>
er&#x017F;te Reihe nach der einen Seite hin noch fortzufu&#x0364;hren<lb/>
ge&#x017F;ucht, und wir &#x017F;ehen in die&#x017F;en z. B. die Zahl der<lb/>
Ru&#x0364;ckenwirbel auf 23 &#x017F;teigen. Es &#x017F;trebt der Bildungs-<lb/>
trieb der Erde, ohne er&#x017F;t in das Meer und die alte In-<lb/>
differenz der Ge&#x017F;taltungen zuru&#x0364;ckzukehren, gleich in der<lb/>
Richtung der er&#x017F;ten Reihe das ho&#x0364;ch&#x017F;te Ziel &#x2014; den<lb/>
Men&#x017F;chen zu erreichen. Vergeblich, &#x017F;ie bringt es mit<lb/>
ihrer letzten An&#x017F;trengung nur zur Affena&#x0364;hnlichkeit (in<lb/>
den noch jetzt lebenden Faulthieren) und die Glieder, die<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[284/0298] Raum, auf oas Thal oder den Sumpf, in welchen es gebohren worden, beſchraͤnkt geweſen. Es giebt uns die ganze merkwuͤrdige Familie der Faulthierartigen Geſchlechter, von welcher alle, bis auf einige wenige untergegangen ſind, ein Beyſpiel von einem nach einer Seite uͤber die Graͤnze hinausgehenden, und darum mislingenden Streben der bildenden Natur. Die gan- ze Lebenskraft ſcheint ſich in den zuletzt aus der erſten Reihe hervorgehenden Geſchlechtern, mehr nach innen zuruͤckzuziehen, die Thaͤtigkeit nach außen nimmt ab, ja wie wir nachher ſehen werden, verſchwinden zuletzt ſelbſt die zu dieſer Thaͤtigkeit noͤthigen Glieder. Die Natur bereitet ſich, gleichſam tief in ſich gekehrt, zu ihrem letzten, hoͤchſten Werke vor, damit aber uͤber- haupt dieſer neue Schritt moͤglich werde, muß ſie in das Element, aus welchem Alles hervorgegangen, zu- ruͤckkehren. Die Graͤnze der auf dem Lande lebenden Thiere der erſten Reihe, ſcheint in den Elephantenarti- gen, von da ſchließt ſie an die Cetaceen an. Dagegen hat die Natur in den Faulthierartigen Geſchlechtern, die erſte Reihe nach der einen Seite hin noch fortzufuͤhren geſucht, und wir ſehen in dieſen z. B. die Zahl der Ruͤckenwirbel auf 23 ſteigen. Es ſtrebt der Bildungs- trieb der Erde, ohne erſt in das Meer und die alte In- differenz der Geſtaltungen zuruͤckzukehren, gleich in der Richtung der erſten Reihe das hoͤchſte Ziel — den Menſchen zu erreichen. Vergeblich, ſie bringt es mit ihrer letzten Anſtrengung nur zur Affenaͤhnlichkeit (in den noch jetzt lebenden Faulthieren) und die Glieder, die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/298
Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/298>, abgerufen am 24.11.2024.