zwischen einem künftigen höheren und einem vorherge- henden niederen Daseyn statt findet, zu reden, wie nämlich das, was in dem künftigen als wahrhaftes Vermögen, als Kraft in Erfüllung gehet, in einem vorhergehenden sich als unbefriedigtes, ja selbst für jetzt zweckloses Streben voraus verkündigt. So ist deutlich der Keim eines künftigen Lebens (gleichsam als Embryo) schon in dem vorhergehenden enthalten.
Es werden zwar die noch ungebohrnen Kräfte ei- nes künftigen Daseyns vornehmlich in einem krankhaf- ten oder ohnmächtigen Zustand des jetzigen sichtbar, wie ich dieses in der nächsten Vorlesung zeigen werde, doch soll uns die heutige solche Vorboten eines neuen noch zukünftigen Lebens auch im gesunden Zustand der lebendigen Wesen zeigen.
Für das menschliche Gemüth ist die Betrachtung eines solchen Zusammenhanges der verschiednen Stu- fen des Daseyns von einem ganz vorzüglichen Interes- se, da sich nirgends so deutlich und innig als in seiner Natur, eine künftige Welt, mit ihren tiefen noch un- enthüllten Kräften, als bloßes Streben, und eine jetzi- ge als blühender frölicher Genuß vermischt zeigen. Wir erkennen diese verschiedenartige Mischung nur zu deutlich in der Bildungsgeschichte unsrer Natur, wo sich diese etwas vielseitig zu entfalten strebt. Hiermit müssen wir beginnen.
zwiſchen einem kuͤnftigen hoͤheren und einem vorherge- henden niederen Daſeyn ſtatt findet, zu reden, wie naͤmlich das, was in dem kuͤnftigen als wahrhaftes Vermoͤgen, als Kraft in Erfuͤllung gehet, in einem vorhergehenden ſich als unbefriedigtes, ja ſelbſt fuͤr jetzt zweckloſes Streben voraus verkuͤndigt. So iſt deutlich der Keim eines kuͤnftigen Lebens (gleichſam als Embryo) ſchon in dem vorhergehenden enthalten.
Es werden zwar die noch ungebohrnen Kraͤfte ei- nes kuͤnftigen Daſeyns vornehmlich in einem krankhaf- ten oder ohnmaͤchtigen Zuſtand des jetzigen ſichtbar, wie ich dieſes in der naͤchſten Vorleſung zeigen werde, doch ſoll uns die heutige ſolche Vorboten eines neuen noch zukuͤnftigen Lebens auch im geſunden Zuſtand der lebendigen Weſen zeigen.
Fuͤr das menſchliche Gemuͤth iſt die Betrachtung eines ſolchen Zuſammenhanges der verſchiednen Stu- fen des Daſeyns von einem ganz vorzuͤglichen Intereſ- ſe, da ſich nirgends ſo deutlich und innig als in ſeiner Natur, eine kuͤnftige Welt, mit ihren tiefen noch un- enthuͤllten Kraͤften, als bloßes Streben, und eine jetzi- ge als bluͤhender froͤlicher Genuß vermiſcht zeigen. Wir erkennen dieſe verſchiedenartige Miſchung nur zu deutlich in der Bildungsgeſchichte unſrer Natur, wo ſich dieſe etwas vielſeitig zu entfalten ſtrebt. Hiermit muͤſſen wir beginnen.
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zwiſchen einem kuͤnftigen hoͤheren und einem vorherge-
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Vermoͤgen, als Kraft in Erfuͤllung gehet, in einem
vorhergehenden ſich als unbefriedigtes, ja ſelbſt fuͤr jetzt
zweckloſes Streben voraus verkuͤndigt. So iſt deutlich
der Keim eines kuͤnftigen Lebens (gleichſam als Embryo)
ſchon in dem vorhergehenden enthalten.
Es werden zwar die noch ungebohrnen Kraͤfte ei-
nes kuͤnftigen Daſeyns vornehmlich in einem krankhaf-
ten oder ohnmaͤchtigen Zuſtand des jetzigen ſichtbar,
wie ich dieſes in der naͤchſten Vorleſung zeigen werde,
doch ſoll uns die heutige ſolche Vorboten eines neuen
noch zukuͤnftigen Lebens auch im geſunden Zuſtand der
lebendigen Weſen zeigen.
Fuͤr das menſchliche Gemuͤth iſt die Betrachtung
eines ſolchen Zuſammenhanges der verſchiednen Stu-
fen des Daſeyns von einem ganz vorzuͤglichen Intereſ-
ſe, da ſich nirgends ſo deutlich und innig als in ſeiner
Natur, eine kuͤnftige Welt, mit ihren tiefen noch un-
enthuͤllten Kraͤften, als bloßes Streben, und eine jetzi-
ge als bluͤhender froͤlicher Genuß vermiſcht zeigen.
Wir erkennen dieſe verſchiedenartige Miſchung nur zu
deutlich in der Bildungsgeſchichte unſrer Natur, wo
ſich dieſe etwas vielſeitig zu entfalten ſtrebt. Hiermit
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Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/316>, abgerufen am 24.11.2024.
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