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Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

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Veränderungen des Wetters, die noch künftig sind,
und von denen wir selbst durch die besten Werkzeuge in
der ganzen übrigen Natur noch keine Anzeichen bemer-
ken, werden durch gewisse Pflanzen, unter welche der
merkwürdige westindische Wetterstrauch (Poriera hygro-
metrica
) gehört, nicht minder als durch verschiedne
ganze Thierarten, mehrere Tage vorher, ehe sie ein-
treten vorausverkündiget. Diese Thierarten gehören
meist zu der Classe der Insekten, und zwar was vor-
züglich zu bemerken ist, zu jenen Gattungen, wo die
meisten Individuen geschlechtslos sind, oder doch von
unvollkommner Entwicklung des Geschlechts. Solche
thierische Witterungsverkünder, sind nämlich vorzüg-
lich einige Arten von Ameisen und Bienen. Da nun
in der ganzen organischen Natur, jene Ausbildung ein
ganz vorzügliches Zeichen der innren, selbstständigen
Vollendung ist, so wird hiermit jene Eigenschaft, als
eine Gabe, gerade der unvollkommensten Thiere er-
kannt. Unter den Vögeln soll es aus ähnlichen Grün-
den vorzüglich der Kukuk seyn, an welchem eine solche
Vorempfindung der noch künftigen Witterungsverände-
rungen wahrgenommen wird, und es ist bekannt, daß
dieses Thier, vermöge einer minder vollkommnen Or-
ganisation, selten, oder wie Einige behaupten, niemals,
die eignen Jungen auszubrüten vermag.

Hiermit steht in Verbindung, daß eine ähnliche
Vorempfindung der nahen Wetterverändrungen, auch
sehr häufig an einzelnen kranken Theilen des lebenden,
und sonst gesunden Organismus wahrgenommen wird.
Es ist nämlich bekannt, daß langwierige Wunden oder
Narben ehemaliger tiefer Verletzungen es mit einigen
andern organischen Fehlern des menschlichen Körpers ge-
mein haben, öfters einige Tage später eintretende
Kälte oder auch eine plötzliche Abnahme der Kälte durch

Veraͤnderungen des Wetters, die noch kuͤnftig ſind,
und von denen wir ſelbſt durch die beſten Werkzeuge in
der ganzen uͤbrigen Natur noch keine Anzeichen bemer-
ken, werden durch gewiſſe Pflanzen, unter welche der
merkwuͤrdige weſtindiſche Wetterſtrauch (Poriera hygro-
metrica
) gehoͤrt, nicht minder als durch verſchiedne
ganze Thierarten, mehrere Tage vorher, ehe ſie ein-
treten vorausverkuͤndiget. Dieſe Thierarten gehoͤren
meiſt zu der Claſſe der Inſekten, und zwar was vor-
zuͤglich zu bemerken iſt, zu jenen Gattungen, wo die
meiſten Individuen geſchlechtslos ſind, oder doch von
unvollkommner Entwicklung des Geſchlechts. Solche
thieriſche Witterungsverkuͤnder, ſind naͤmlich vorzuͤg-
lich einige Arten von Ameiſen und Bienen. Da nun
in der ganzen organiſchen Natur, jene Ausbildung ein
ganz vorzuͤgliches Zeichen der innren, ſelbſtſtaͤndigen
Vollendung iſt, ſo wird hiermit jene Eigenſchaft, als
eine Gabe, gerade der unvollkommenſten Thiere er-
kannt. Unter den Voͤgeln ſoll es aus aͤhnlichen Gruͤn-
den vorzuͤglich der Kukuk ſeyn, an welchem eine ſolche
Vorempfindung der noch kuͤnftigen Witterungsveraͤnde-
rungen wahrgenommen wird, und es iſt bekannt, daß
dieſes Thier, vermoͤge einer minder vollkommnen Or-
ganiſation, ſelten, oder wie Einige behaupten, niemals,
die eignen Jungen auszubruͤten vermag.

Hiermit ſteht in Verbindung, daß eine aͤhnliche
Vorempfindung der nahen Wetterveraͤndrungen, auch
ſehr haͤufig an einzelnen kranken Theilen des lebenden,
und ſonſt geſunden Organismus wahrgenommen wird.
Es iſt naͤmlich bekannt, daß langwierige Wunden oder
Narben ehemaliger tiefer Verletzungen es mit einigen
andern organiſchen Fehlern des menſchlichen Koͤrpers ge-
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[365/0379] Veraͤnderungen des Wetters, die noch kuͤnftig ſind, und von denen wir ſelbſt durch die beſten Werkzeuge in der ganzen uͤbrigen Natur noch keine Anzeichen bemer- ken, werden durch gewiſſe Pflanzen, unter welche der merkwuͤrdige weſtindiſche Wetterſtrauch (Poriera hygro- metrica) gehoͤrt, nicht minder als durch verſchiedne ganze Thierarten, mehrere Tage vorher, ehe ſie ein- treten vorausverkuͤndiget. Dieſe Thierarten gehoͤren meiſt zu der Claſſe der Inſekten, und zwar was vor- zuͤglich zu bemerken iſt, zu jenen Gattungen, wo die meiſten Individuen geſchlechtslos ſind, oder doch von unvollkommner Entwicklung des Geſchlechts. Solche thieriſche Witterungsverkuͤnder, ſind naͤmlich vorzuͤg- lich einige Arten von Ameiſen und Bienen. Da nun in der ganzen organiſchen Natur, jene Ausbildung ein ganz vorzuͤgliches Zeichen der innren, ſelbſtſtaͤndigen Vollendung iſt, ſo wird hiermit jene Eigenſchaft, als eine Gabe, gerade der unvollkommenſten Thiere er- kannt. Unter den Voͤgeln ſoll es aus aͤhnlichen Gruͤn- den vorzuͤglich der Kukuk ſeyn, an welchem eine ſolche Vorempfindung der noch kuͤnftigen Witterungsveraͤnde- rungen wahrgenommen wird, und es iſt bekannt, daß dieſes Thier, vermoͤge einer minder vollkommnen Or- ganiſation, ſelten, oder wie Einige behaupten, niemals, die eignen Jungen auszubruͤten vermag. Hiermit ſteht in Verbindung, daß eine aͤhnliche Vorempfindung der nahen Wetterveraͤndrungen, auch ſehr haͤufig an einzelnen kranken Theilen des lebenden, und ſonſt geſunden Organismus wahrgenommen wird. Es iſt naͤmlich bekannt, daß langwierige Wunden oder Narben ehemaliger tiefer Verletzungen es mit einigen andern organiſchen Fehlern des menſchlichen Koͤrpers ge- mein haben, oͤfters einige Tage ſpaͤter eintretende Kaͤlte oder auch eine ploͤtzliche Abnahme der Kaͤlte durch

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Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/379>, abgerufen am 22.11.2024.