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Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

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Menschen Veranlassung gegeben, deuten durch Mythen
die sie aus alter Zeit bewahren, durch historische Denk-
mähler, oder durch einige Züge ihrer Sprache, auf ei-
nen frühen Zusammenhang mit Völkern, bey de-
nen ein viel höherer Grad von Bildung nicht zu ver-
kennen ist, so daß sie uns vielmehr als ausgeartete,
von einer viel höheren Bildung ihrer Urältern herabge-
sunkne Stämme, denn als Naturmenschen erscheinen
müssen. So müssen wir mithin mehr der andern Par-
they Recht geben, welche den Menschen von dem Ge-
nuß höherer Erkenntnisse und Kräfte ausgehen lässet.
Und für diese sehen wir die ganze Natur selber Zeugniß
geben.

Es begegnet uns nämlich überall zuerst die natür-
liche Nothwendigkeit, und im Thierreich der Instinkt,
ehe sich die Wesen zu einiger Selbstständigkeit erheben.
So wird auf den niedrigsten Stufen der Natur, im
Steinreich, ein strenges und klares Gesetz der Formen,
die Kristallisation gefunden, während die freyeren Ge-
stalten des Pflanzenreichs jenen natürlichen Zwang
schon in etwas überwinden. Das nothwendige Gesetz
der Wechselwirkung mit der äußeren Natur, wird im
Thierreich Instinkt genannt, und dieser tritt anfangs
in seiner ganzen Strenge und Härte als Kunsttrieb
auf, bis er hernach in den höheren Organisationen als
eigentlich sogenannter Instinkt erkannt wird. Endlich
wacht der Wille, und die Selbstständigkeit des natürli-
chen Strebens erst ganz zuletzt -- im Menschen auf.

Menſchen Veranlaſſung gegeben, deuten durch Mythen
die ſie aus alter Zeit bewahren, durch hiſtoriſche Denk-
maͤhler, oder durch einige Zuͤge ihrer Sprache, auf ei-
nen fruͤhen Zuſammenhang mit Voͤlkern, bey de-
nen ein viel hoͤherer Grad von Bildung nicht zu ver-
kennen iſt, ſo daß ſie uns vielmehr als ausgeartete,
von einer viel hoͤheren Bildung ihrer Uraͤltern herabge-
ſunkne Staͤmme, denn als Naturmenſchen erſcheinen
muͤſſen. So muͤſſen wir mithin mehr der andern Par-
they Recht geben, welche den Menſchen von dem Ge-
nuß hoͤherer Erkenntniſſe und Kraͤfte ausgehen laͤſſet.
Und fuͤr dieſe ſehen wir die ganze Natur ſelber Zeugniß
geben.

Es begegnet uns naͤmlich uͤberall zuerſt die natuͤr-
liche Nothwendigkeit, und im Thierreich der Inſtinkt,
ehe ſich die Weſen zu einiger Selbſtſtaͤndigkeit erheben.
So wird auf den niedrigſten Stufen der Natur, im
Steinreich, ein ſtrenges und klares Geſetz der Formen,
die Kriſtalliſation gefunden, waͤhrend die freyeren Ge-
ſtalten des Pflanzenreichs jenen natuͤrlichen Zwang
ſchon in etwas uͤberwinden. Das nothwendige Geſetz
der Wechſelwirkung mit der aͤußeren Natur, wird im
Thierreich Inſtinkt genannt, und dieſer tritt anfangs
in ſeiner ganzen Strenge und Haͤrte als Kunſttrieb
auf, bis er hernach in den hoͤheren Organiſationen als
eigentlich ſogenannter Inſtinkt erkannt wird. Endlich
wacht der Wille, und die Selbſtſtaͤndigkeit des natuͤrli-
chen Strebens erſt ganz zuletzt — im Menſchen auf.

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[27/0041] Menſchen Veranlaſſung gegeben, deuten durch Mythen die ſie aus alter Zeit bewahren, durch hiſtoriſche Denk- maͤhler, oder durch einige Zuͤge ihrer Sprache, auf ei- nen fruͤhen Zuſammenhang mit Voͤlkern, bey de- nen ein viel hoͤherer Grad von Bildung nicht zu ver- kennen iſt, ſo daß ſie uns vielmehr als ausgeartete, von einer viel hoͤheren Bildung ihrer Uraͤltern herabge- ſunkne Staͤmme, denn als Naturmenſchen erſcheinen muͤſſen. So muͤſſen wir mithin mehr der andern Par- they Recht geben, welche den Menſchen von dem Ge- nuß hoͤherer Erkenntniſſe und Kraͤfte ausgehen laͤſſet. Und fuͤr dieſe ſehen wir die ganze Natur ſelber Zeugniß geben. Es begegnet uns naͤmlich uͤberall zuerſt die natuͤr- liche Nothwendigkeit, und im Thierreich der Inſtinkt, ehe ſich die Weſen zu einiger Selbſtſtaͤndigkeit erheben. So wird auf den niedrigſten Stufen der Natur, im Steinreich, ein ſtrenges und klares Geſetz der Formen, die Kriſtalliſation gefunden, waͤhrend die freyeren Ge- ſtalten des Pflanzenreichs jenen natuͤrlichen Zwang ſchon in etwas uͤberwinden. Das nothwendige Geſetz der Wechſelwirkung mit der aͤußeren Natur, wird im Thierreich Inſtinkt genannt, und dieſer tritt anfangs in ſeiner ganzen Strenge und Haͤrte als Kunſttrieb auf, bis er hernach in den hoͤheren Organiſationen als eigentlich ſogenannter Inſtinkt erkannt wird. Endlich wacht der Wille, und die Selbſtſtaͤndigkeit des natuͤrli- chen Strebens erſt ganz zuletzt — im Menſchen auf.

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Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/41>, abgerufen am 21.11.2024.