Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814.die ganze Reihe scheinbar ganz erloschener Erinnerun- thier-
die ganze Reihe ſcheinbar ganz erloſchener Erinnerun- thier-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0157" n="147"/> die ganze Reihe ſcheinbar ganz erloſchener Erinnerun-<lb/> gen, waͤhrend jener Zuſtaͤnde der Dumpfheit und Be-<lb/> ſinnungsloſigkeit, die demnach in gewiſſen Faͤllen nur<lb/> dem Schlafe gleichen, aus dem wir mit klarer Erin-<lb/> nerung ans Geſtern, und aufs neue geſtaͤrkt erwachen?<lb/> Wir duͤrfen uns auch bey der Beantwortung dieſer<lb/> Frage auf das fruͤher Geſagte beziehen. Ueberhaupt<lb/> pflegen ſich die Gegenſtaͤnde und Veraͤnderungen, wel-<lb/> che auf und in uns wirken, nur in dem Grade un-<lb/> ſerer Erinnerung einzupraͤgen, in welchem ſie uns in-<lb/> tereſſiren, d. h. mit der Liebe, mit der Grundneigung<lb/> in uns in Beziehung ſtehen, — in dem Grade, in<lb/> welchem ſie auf den Kreis unſerer Gefuͤhle, wohl-<lb/> thuend oder ſchmerzhaft einwirken. Selbſt das Ein-<lb/> praͤgen ganz mechaniſcher und an ſich todter Fertig-<lb/> keiten z. B. das Erlernen ganz unverſtandener frem-<lb/> der Worte, gelingt uns nur dadurch, daß wir das<lb/> zu Erlernende in irgend eine, wenn auch noch ſo leiſe<lb/> Beziehung mit dem Kreiſe unſerer Gefuͤhle und un-<lb/> ſerer Grundneigung ſetzen, und jene Fertigkeiten er-<lb/> loͤſchen um ſo fruͤher, je unweſentlicher und leiſer<lb/> dieſe Beziehung war. Gegenſtaͤnde, die gar nicht auf<lb/> jenen lebendigen Kreis einwirken, liegen uͤberhaupt<lb/> ganz außer dem Umfang unſeres Erkennens, wir<lb/> erkennen nur im Lichte unſerer Liebe (das was dieſer<lb/> Liebe foͤrderlich iſt oder hinderlich, koͤnnen nur das<lb/> erkennen, was Gegenſtand unſerer Neigung oder Ab-<lb/> neigung zu werden vermag. Unſer Erkennen ſtehet<lb/> deßhalb in Hinſicht ſeines Umfanges in geradem Ver-<lb/> haͤltniß mit dem Umfang unſerer Liebe, hoͤheres Er-<lb/> kennen wohnt bey hoͤherer Liebe, beſchraͤnktes bey be-<lb/> ſchraͤnkter. Eng iſt der Kreis des Erkennens bey der<lb/> <fw place="bottom" type="catch">thier-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [147/0157]
die ganze Reihe ſcheinbar ganz erloſchener Erinnerun-
gen, waͤhrend jener Zuſtaͤnde der Dumpfheit und Be-
ſinnungsloſigkeit, die demnach in gewiſſen Faͤllen nur
dem Schlafe gleichen, aus dem wir mit klarer Erin-
nerung ans Geſtern, und aufs neue geſtaͤrkt erwachen?
Wir duͤrfen uns auch bey der Beantwortung dieſer
Frage auf das fruͤher Geſagte beziehen. Ueberhaupt
pflegen ſich die Gegenſtaͤnde und Veraͤnderungen, wel-
che auf und in uns wirken, nur in dem Grade un-
ſerer Erinnerung einzupraͤgen, in welchem ſie uns in-
tereſſiren, d. h. mit der Liebe, mit der Grundneigung
in uns in Beziehung ſtehen, — in dem Grade, in
welchem ſie auf den Kreis unſerer Gefuͤhle, wohl-
thuend oder ſchmerzhaft einwirken. Selbſt das Ein-
praͤgen ganz mechaniſcher und an ſich todter Fertig-
keiten z. B. das Erlernen ganz unverſtandener frem-
der Worte, gelingt uns nur dadurch, daß wir das
zu Erlernende in irgend eine, wenn auch noch ſo leiſe
Beziehung mit dem Kreiſe unſerer Gefuͤhle und un-
ſerer Grundneigung ſetzen, und jene Fertigkeiten er-
loͤſchen um ſo fruͤher, je unweſentlicher und leiſer
dieſe Beziehung war. Gegenſtaͤnde, die gar nicht auf
jenen lebendigen Kreis einwirken, liegen uͤberhaupt
ganz außer dem Umfang unſeres Erkennens, wir
erkennen nur im Lichte unſerer Liebe (das was dieſer
Liebe foͤrderlich iſt oder hinderlich, koͤnnen nur das
erkennen, was Gegenſtand unſerer Neigung oder Ab-
neigung zu werden vermag. Unſer Erkennen ſtehet
deßhalb in Hinſicht ſeines Umfanges in geradem Ver-
haͤltniß mit dem Umfang unſerer Liebe, hoͤheres Er-
kennen wohnt bey hoͤherer Liebe, beſchraͤnktes bey be-
ſchraͤnkter. Eng iſt der Kreis des Erkennens bey der
thier-
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