Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubin, Ossip: Etiquette. Eine Rococo-Arabeske. Berlin, 1887.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Stunde wird kommen, wo eine Königin selbst in kühnem Jugendübermuthe ihr die Waffen aus der Hand reißen und somit vollbringen wird, was der Dirne Du Barry nicht geglückt. Entwaffnet durch eine Königin, verhöhnt, verlacht und verspottet, wird sie zusammenbrechen zu Füßen eines Thrones, dessen letzte Stütze sie war.

Heute aber steht sie noch fest, wächst sie mit der Feierlichkeit der Sachlage. Sie hat ja immer viel zu schaffen gehabt, so einer der Großen dieser Welt im Sterben lag, wie es der Fall ist in der Zeit, da unsere Geschichte beginnt, Anfangs Mai anno domini 1774. -

Ludwig XV. - Ludwig "der Vielgeliebte" - mit welch' grausamer Ironie der Name, den ihm vor nunmehr vollen dreißig Jahren sein ganzes, um sein Leben zitterndes Volk beigelegt, in sein verhaßtes Alter hineinklingt! - Ludwig, der Vielgeliebte, liegt im Sterben, und vieles Andere mit ihm.

Zwei Dinge hatten ihm sein Lebtag lang Angst eingeflößt - der Tod und die Hölle. Die geringste ernstliche Veränderung seines Gesundheitszustandes

Die Stunde wird kommen, wo eine Königin selbst in kühnem Jugendübermuthe ihr die Waffen aus der Hand reißen und somit vollbringen wird, was der Dirne Du Barry nicht geglückt. Entwaffnet durch eine Königin, verhöhnt, verlacht und verspottet, wird sie zusammenbrechen zu Füßen eines Thrones, dessen letzte Stütze sie war.

Heute aber steht sie noch fest, wächst sie mit der Feierlichkeit der Sachlage. Sie hat ja immer viel zu schaffen gehabt, so einer der Großen dieser Welt im Sterben lag, wie es der Fall ist in der Zeit, da unsere Geschichte beginnt, Anfangs Mai anno domini 1774. –

Ludwig XV. – Ludwig „der Vielgeliebte“ – mit welch’ grausamer Ironie der Name, den ihm vor nunmehr vollen dreißig Jahren sein ganzes, um sein Leben zitterndes Volk beigelegt, in sein verhaßtes Alter hineinklingt! – Ludwig, der Vielgeliebte, liegt im Sterben, und vieles Andere mit ihm.

Zwei Dinge hatten ihm sein Lebtag lang Angst eingeflößt – der Tod und die Hölle. Die geringste ernstliche Veränderung seines Gesundheitszustandes

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0010" n="10"/>
        <p>Die Stunde wird kommen, wo eine Königin selbst in kühnem Jugendübermuthe ihr die Waffen aus der Hand reißen und somit vollbringen wird, was der Dirne Du Barry nicht geglückt. Entwaffnet durch eine Königin, verhöhnt, verlacht und verspottet, wird sie zusammenbrechen zu Füßen eines Thrones, dessen letzte Stütze sie war.</p>
        <p>Heute aber steht sie noch fest, wächst sie mit der Feierlichkeit der Sachlage. Sie hat ja immer viel zu schaffen gehabt, so einer der Großen dieser Welt im Sterben lag, wie es der Fall ist in der Zeit, da unsere Geschichte beginnt, Anfangs Mai <hi rendition="#aq">anno domini 1774</hi>. &#x2013;</p>
        <p>Ludwig XV. &#x2013; Ludwig &#x201E;der Vielgeliebte&#x201C; &#x2013; mit welch&#x2019; grausamer Ironie der Name, den ihm vor nunmehr vollen dreißig Jahren sein ganzes, um sein Leben zitterndes Volk beigelegt, in sein verhaßtes Alter hineinklingt! &#x2013; Ludwig, der Vielgeliebte, liegt im Sterben, und vieles Andere mit ihm.</p>
        <p>Zwei Dinge hatten ihm sein Lebtag lang Angst eingeflößt &#x2013; der Tod und die Hölle. Die geringste ernstliche Veränderung seines Gesundheitszustandes
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0010] Die Stunde wird kommen, wo eine Königin selbst in kühnem Jugendübermuthe ihr die Waffen aus der Hand reißen und somit vollbringen wird, was der Dirne Du Barry nicht geglückt. Entwaffnet durch eine Königin, verhöhnt, verlacht und verspottet, wird sie zusammenbrechen zu Füßen eines Thrones, dessen letzte Stütze sie war. Heute aber steht sie noch fest, wächst sie mit der Feierlichkeit der Sachlage. Sie hat ja immer viel zu schaffen gehabt, so einer der Großen dieser Welt im Sterben lag, wie es der Fall ist in der Zeit, da unsere Geschichte beginnt, Anfangs Mai anno domini 1774. – Ludwig XV. – Ludwig „der Vielgeliebte“ – mit welch’ grausamer Ironie der Name, den ihm vor nunmehr vollen dreißig Jahren sein ganzes, um sein Leben zitterndes Volk beigelegt, in sein verhaßtes Alter hineinklingt! – Ludwig, der Vielgeliebte, liegt im Sterben, und vieles Andere mit ihm. Zwei Dinge hatten ihm sein Lebtag lang Angst eingeflößt – der Tod und die Hölle. Die geringste ernstliche Veränderung seines Gesundheitszustandes

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Die großen Umlaute ”Ue“ der Vorlage wurden der heutigen Schreibweise ”Ü“ angepasst.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_etiquette_1887
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_etiquette_1887/10
Zitationshilfe: Schubin, Ossip: Etiquette. Eine Rococo-Arabeske. Berlin, 1887, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_etiquette_1887/10>, abgerufen am 21.11.2024.