Schubin, Ossip: Etiquette. Eine Rococo-Arabeske. Berlin, 1887.der an den schwarzen Blattern erkrankt ist, verringert um ein Beträchtliches die Annehmlichkeiten der Situation. In den Augen der Höflinge verminderte es diese Annehmlichkeiten dermaßen, daß anfänglich nicht wenige von ihnen Miene machten, zeitweilig auf den Verkehr mit dem Fürsten zu verzichten. Das königliche Krankengemach war ein wahrer Pestherd. Mehr als fünfzig Personen streckte die Seuche im Schloß darnieder. Wer es unter anständigem Vorwand konnte, trachtete sich vom Hofe zurückzuziehen. Um diese Zeit höfischer Panik war's, daß der Vicomte de Letoriere sich freiwillig anbot, den König zu bedienen und zu pflegen. Aber - halt! ... "Will er über unsere Schultern hinübersteigen bis in das Schlafzimmer des Königs, der Gassenjunge? Nimmermehr!" riefen die Würdenträger des Reiches, und sie wiesen sein Anerbieten ab, höflich, aber sehr entschieden. Es durfte nicht sein - die Etiquette gab's nicht zu! der an den schwarzen Blattern erkrankt ist, verringert um ein Beträchtliches die Annehmlichkeiten der Situation. In den Augen der Höflinge verminderte es diese Annehmlichkeiten dermaßen, daß anfänglich nicht wenige von ihnen Miene machten, zeitweilig auf den Verkehr mit dem Fürsten zu verzichten. Das königliche Krankengemach war ein wahrer Pestherd. Mehr als fünfzig Personen streckte die Seuche im Schloß darnieder. Wer es unter anständigem Vorwand konnte, trachtete sich vom Hofe zurückzuziehen. Um diese Zeit höfischer Panik war’s, daß der Vicomte de Letorière sich freiwillig anbot, den König zu bedienen und zu pflegen. Aber – halt! … „Will er über unsere Schultern hinübersteigen bis in das Schlafzimmer des Königs, der Gassenjunge? Nimmermehr!“ riefen die Würdenträger des Reiches, und sie wiesen sein Anerbieten ab, höflich, aber sehr entschieden. Es durfte nicht sein – die Etiquette gab’s nicht zu! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0022" n="22"/> der an den schwarzen Blattern erkrankt ist, verringert um ein Beträchtliches die Annehmlichkeiten der Situation. In den Augen der Höflinge verminderte es diese Annehmlichkeiten dermaßen, daß anfänglich nicht wenige von ihnen Miene machten, zeitweilig auf den Verkehr mit dem Fürsten zu verzichten.</p> <p>Das königliche Krankengemach war ein wahrer Pestherd. Mehr als fünfzig Personen streckte die Seuche im Schloß darnieder. Wer es unter anständigem Vorwand konnte, trachtete sich vom Hofe zurückzuziehen.</p> <p>Um diese Zeit höfischer Panik war’s, daß der Vicomte de Letorière sich freiwillig anbot, den König zu bedienen und zu pflegen.</p> <p>Aber – halt! … „Will er über unsere Schultern hinübersteigen bis in das Schlafzimmer des Königs, der Gassenjunge? Nimmermehr!“ riefen die Würdenträger des Reiches, und sie wiesen sein Anerbieten ab, höflich, aber sehr entschieden.</p> <p>Es durfte nicht sein – die Etiquette gab’s nicht zu!</p> </div> </body> </text> </TEI> [22/0022]
der an den schwarzen Blattern erkrankt ist, verringert um ein Beträchtliches die Annehmlichkeiten der Situation. In den Augen der Höflinge verminderte es diese Annehmlichkeiten dermaßen, daß anfänglich nicht wenige von ihnen Miene machten, zeitweilig auf den Verkehr mit dem Fürsten zu verzichten.
Das königliche Krankengemach war ein wahrer Pestherd. Mehr als fünfzig Personen streckte die Seuche im Schloß darnieder. Wer es unter anständigem Vorwand konnte, trachtete sich vom Hofe zurückzuziehen.
Um diese Zeit höfischer Panik war’s, daß der Vicomte de Letorière sich freiwillig anbot, den König zu bedienen und zu pflegen.
Aber – halt! … „Will er über unsere Schultern hinübersteigen bis in das Schlafzimmer des Königs, der Gassenjunge? Nimmermehr!“ riefen die Würdenträger des Reiches, und sie wiesen sein Anerbieten ab, höflich, aber sehr entschieden.
Es durfte nicht sein – die Etiquette gab’s nicht zu!
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