Schubin, Ossip: Etiquette. Eine Rococo-Arabeske. Berlin, 1887.öffnet und unangemeldet mit der Vertraulichkeit eines sehr alten Bekannten ein schlanker, beweglicher Greis mit stechenden, schwarzen Augen und unter scharf geschnittener Nase recht nichtsnutzig hervorlächelndem Mund hereintritt - der alte Marechal von Richelieu. Er trägt einen mit Gold gestickten schwarzen Sammetrock, Spitzenmanschetten bis an die Finger und in der Hand einen Rohrstock mit goldnem Knopf. "Nun, wie geht's, petit vaurien, störe ich Dich nicht?" ruft er heiter. Er kennt Lancelot seit dessen Knabenzeit, weshalb er der Gewohnheit treu geblieben, ihn zu dutzen. "Hm! Siehst schlecht aus, mein armer Junge; hat Dich hart angepackt, dieser Ugeon. Und was sagt denn Deine Schöne in der Abtei drüben dazu, daß man ihr den Geliebten so arg zugerichtet hat?" Der Vicomte, dem die Tonart, in welcher der alte Cyniker seiner Geliebten erwähnt, nicht zusagt, macht ein ablehnend ernstes Gesicht und, das letzte Briefchen Julie's recht tief unter seinem Kopfkissen verbergend, erwidert er: "Reden wir von anderen Dingen, Marechal." öffnet und unangemeldet mit der Vertraulichkeit eines sehr alten Bekannten ein schlanker, beweglicher Greis mit stechenden, schwarzen Augen und unter scharf geschnittener Nase recht nichtsnutzig hervorlächelndem Mund hereintritt – der alte Maréchal von Richelieu. Er trägt einen mit Gold gestickten schwarzen Sammetrock, Spitzenmanschetten bis an die Finger und in der Hand einen Rohrstock mit goldnem Knopf. „Nun, wie geht’s, petit vaurien, störe ich Dich nicht?“ ruft er heiter. Er kennt Lancelot seit dessen Knabenzeit, weshalb er der Gewohnheit treu geblieben, ihn zu dutzen. „Hm! Siehst schlecht aus, mein armer Junge; hat Dich hart angepackt, dieser Ugeon. Und was sagt denn Deine Schöne in der Abtei drüben dazu, daß man ihr den Geliebten so arg zugerichtet hat?“ Der Vicomte, dem die Tonart, in welcher der alte Cyniker seiner Geliebten erwähnt, nicht zusagt, macht ein ablehnend ernstes Gesicht und, das letzte Briefchen Julie’s recht tief unter seinem Kopfkissen verbergend, erwidert er: „Reden wir von anderen Dingen, Maréchal.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0042" n="42"/> öffnet und unangemeldet mit der Vertraulichkeit eines sehr alten Bekannten ein schlanker, beweglicher Greis mit stechenden, schwarzen Augen und unter scharf geschnittener Nase recht nichtsnutzig hervorlächelndem Mund hereintritt – der alte Maréchal von Richelieu. Er trägt einen mit Gold gestickten schwarzen Sammetrock, Spitzenmanschetten bis an die Finger und in der Hand einen Rohrstock mit goldnem Knopf.</p> <p>„Nun, wie geht’s, <hi rendition="#aq">petit vaurien</hi>, störe ich Dich nicht?“ ruft er heiter. Er kennt Lancelot seit dessen Knabenzeit, weshalb er der Gewohnheit treu geblieben, ihn zu dutzen. „Hm! Siehst schlecht aus, mein armer Junge; hat Dich hart angepackt, dieser Ugeon. Und was sagt denn Deine Schöne in der Abtei drüben dazu, daß man ihr den Geliebten so arg zugerichtet hat?“</p> <p>Der Vicomte, dem die Tonart, in welcher der alte Cyniker seiner Geliebten erwähnt, nicht zusagt, macht ein ablehnend ernstes Gesicht und, das letzte Briefchen Julie’s recht tief unter seinem Kopfkissen verbergend, erwidert er: „Reden wir von anderen Dingen, Maréchal.“</p> </div> </body> </text> </TEI> [42/0042]
öffnet und unangemeldet mit der Vertraulichkeit eines sehr alten Bekannten ein schlanker, beweglicher Greis mit stechenden, schwarzen Augen und unter scharf geschnittener Nase recht nichtsnutzig hervorlächelndem Mund hereintritt – der alte Maréchal von Richelieu. Er trägt einen mit Gold gestickten schwarzen Sammetrock, Spitzenmanschetten bis an die Finger und in der Hand einen Rohrstock mit goldnem Knopf.
„Nun, wie geht’s, petit vaurien, störe ich Dich nicht?“ ruft er heiter. Er kennt Lancelot seit dessen Knabenzeit, weshalb er der Gewohnheit treu geblieben, ihn zu dutzen. „Hm! Siehst schlecht aus, mein armer Junge; hat Dich hart angepackt, dieser Ugeon. Und was sagt denn Deine Schöne in der Abtei drüben dazu, daß man ihr den Geliebten so arg zugerichtet hat?“
Der Vicomte, dem die Tonart, in welcher der alte Cyniker seiner Geliebten erwähnt, nicht zusagt, macht ein ablehnend ernstes Gesicht und, das letzte Briefchen Julie’s recht tief unter seinem Kopfkissen verbergend, erwidert er: „Reden wir von anderen Dingen, Maréchal.“
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