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Schubin, Ossip: Etiquette. Eine Rococo-Arabeske. Berlin, 1887.

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"Opfer ...?"' Julie macht die Augen weit auf, schüttelt unschuldig ihr wunderhübsches Köpfchen. Sie weiß nichts von der Heuchelei weiblicher Leidenschaft, - weiß nichts von den die Situation beschönigenden Sophismen, mit denen eine gewisse Kategorie von Sünderinnen ihr Gewissen narkotisirt, ehe sie zur That schreitet, - ahnt nicht, wie lange die Frauen noch immer davon sprechen, ein Opfer zu bringen, wenn sie ganz einfach ihrer Schwäche nachgeben.

"Opfer!" sie faltet die Hände und lächelt traurig vor sich hin, "als ob es ein Opfer wäre, dem heißesten Wunsch meines Herzens zu folgen! Oh, Du kannst Dir's ja gar nicht ausdenken, wie ich mich danach sehne, ihn wieder zu haben, und sei's nur für einen einzigen kurzen Augenblick ... Ich lebte ja kaum in diesen schrecklichen sechs Wochen, besonders seit ich ihn krank wußte. Aber ..."

"Nun? ..."

"Es kommt mir so häßlich, so unrecht vor. Wir hofften Alles zu erreichen durch den König, der ihn lieb hatte und seine Sache vertreten hätte

„Opfer …?“’ Julie macht die Augen weit auf, schüttelt unschuldig ihr wunderhübsches Köpfchen. Sie weiß nichts von der Heuchelei weiblicher Leidenschaft, – weiß nichts von den die Situation beschönigenden Sophismen, mit denen eine gewisse Kategorie von Sünderinnen ihr Gewissen narkotisirt, ehe sie zur That schreitet, – ahnt nicht, wie lange die Frauen noch immer davon sprechen, ein Opfer zu bringen, wenn sie ganz einfach ihrer Schwäche nachgeben.

„Opfer!“ sie faltet die Hände und lächelt traurig vor sich hin, „als ob es ein Opfer wäre, dem heißesten Wunsch meines Herzens zu folgen! Oh, Du kannst Dir’s ja gar nicht ausdenken, wie ich mich danach sehne, ihn wieder zu haben, und sei’s nur für einen einzigen kurzen Augenblick … Ich lebte ja kaum in diesen schrecklichen sechs Wochen, besonders seit ich ihn krank wußte. Aber …“

„Nun? …“

„Es kommt mir so häßlich, so unrecht vor. Wir hofften Alles zu erreichen durch den König, der ihn lieb hatte und seine Sache vertreten hätte

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[78/0078] „Opfer …?“’ Julie macht die Augen weit auf, schüttelt unschuldig ihr wunderhübsches Köpfchen. Sie weiß nichts von der Heuchelei weiblicher Leidenschaft, – weiß nichts von den die Situation beschönigenden Sophismen, mit denen eine gewisse Kategorie von Sünderinnen ihr Gewissen narkotisirt, ehe sie zur That schreitet, – ahnt nicht, wie lange die Frauen noch immer davon sprechen, ein Opfer zu bringen, wenn sie ganz einfach ihrer Schwäche nachgeben. „Opfer!“ sie faltet die Hände und lächelt traurig vor sich hin, „als ob es ein Opfer wäre, dem heißesten Wunsch meines Herzens zu folgen! Oh, Du kannst Dir’s ja gar nicht ausdenken, wie ich mich danach sehne, ihn wieder zu haben, und sei’s nur für einen einzigen kurzen Augenblick … Ich lebte ja kaum in diesen schrecklichen sechs Wochen, besonders seit ich ihn krank wußte. Aber …“ „Nun? …“ „Es kommt mir so häßlich, so unrecht vor. Wir hofften Alles zu erreichen durch den König, der ihn lieb hatte und seine Sache vertreten hätte

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Zitationshilfe: Schubin, Ossip: Etiquette. Eine Rococo-Arabeske. Berlin, 1887, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_etiquette_1887/78>, abgerufen am 21.11.2024.