Schubin, Ossip: Etiquette. Eine Rococo-Arabeske. Berlin, 1887.noch möglich, zurück zu treten. Aber, wenn er sich wirklich verletzt fühlen, wirklich wähnen könnte, sie denke zu gering von ihm ... Oh, das hält sie nicht aus! Zwölf Uhr! ... Eine hübsche Gavotte voll träumerischer Lieblichkeit tönt durch das Zimmer, verstummt, und nur das emsige Tick-tack, Tick-tack, wie der gleichgültige Pulsschlag der Zeit, durchklingt das feierliche Nachtschweigen. Wie schwül es ist! Sie reißt das Fenster auf. Wie eine der berühmten Marquisen jener Zeit ist auch sie stolz auf ihre Unabhängigkeit, - darauf, daß sie es vermag, eine Thür zu schließen oder ein Fenster zu öffnen, ohne nach einem Kammerdiener zu schellen. Die frische Nachtluft streicht herein. Der Frühling schaltet und waltet draußen, arbeitet sachte an irgend einem neuen Wunder, mit dem er morgen früh die Sonne überraschen wird, und der Mond schaut ihm zu; blaß und schwermüthig, steht er am Himmel, als fühle er sich vereinsamt zwischen den Sternen. Büsche und Bäume werfen kurze dunkle noch möglich, zurück zu treten. Aber, wenn er sich wirklich verletzt fühlen, wirklich wähnen könnte, sie denke zu gering von ihm … Oh, das hält sie nicht aus! Zwölf Uhr! … Eine hübsche Gavotte voll träumerischer Lieblichkeit tönt durch das Zimmer, verstummt, und nur das emsige Tick-tack, Tick-tack, wie der gleichgültige Pulsschlag der Zeit, durchklingt das feierliche Nachtschweigen. Wie schwül es ist! Sie reißt das Fenster auf. Wie eine der berühmten Marquisen jener Zeit ist auch sie stolz auf ihre Unabhängigkeit, – darauf, daß sie es vermag, eine Thür zu schließen oder ein Fenster zu öffnen, ohne nach einem Kammerdiener zu schellen. Die frische Nachtluft streicht herein. Der Frühling schaltet und waltet draußen, arbeitet sachte an irgend einem neuen Wunder, mit dem er morgen früh die Sonne überraschen wird, und der Mond schaut ihm zu; blaß und schwermüthig, steht er am Himmel, als fühle er sich vereinsamt zwischen den Sternen. Büsche und Bäume werfen kurze dunkle <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0084" n="84"/> noch möglich, zurück zu treten. Aber, wenn er sich wirklich verletzt fühlen, wirklich wähnen könnte, sie denke zu gering von ihm … Oh, das hält sie nicht aus!</p> <p>Zwölf Uhr! … Eine hübsche Gavotte voll träumerischer Lieblichkeit tönt durch das Zimmer, verstummt, und nur das emsige Tick-tack, Tick-tack, wie der gleichgültige Pulsschlag der Zeit, durchklingt das feierliche Nachtschweigen.</p> <p>Wie schwül es ist! Sie reißt das Fenster auf. Wie eine der berühmten Marquisen jener Zeit ist auch sie stolz auf ihre Unabhängigkeit, – darauf, daß sie es vermag, eine Thür zu schließen oder ein Fenster zu öffnen, ohne nach einem Kammerdiener zu schellen.</p> <p>Die frische Nachtluft streicht herein. Der Frühling schaltet und waltet draußen, arbeitet sachte an irgend einem neuen Wunder, mit dem er morgen früh die Sonne überraschen wird, und der Mond schaut ihm zu; blaß und schwermüthig, steht er am Himmel, als fühle er sich vereinsamt zwischen den Sternen.</p> <p>Büsche und Bäume werfen kurze dunkle </p> </div> </body> </text> </TEI> [84/0084]
noch möglich, zurück zu treten. Aber, wenn er sich wirklich verletzt fühlen, wirklich wähnen könnte, sie denke zu gering von ihm … Oh, das hält sie nicht aus!
Zwölf Uhr! … Eine hübsche Gavotte voll träumerischer Lieblichkeit tönt durch das Zimmer, verstummt, und nur das emsige Tick-tack, Tick-tack, wie der gleichgültige Pulsschlag der Zeit, durchklingt das feierliche Nachtschweigen.
Wie schwül es ist! Sie reißt das Fenster auf. Wie eine der berühmten Marquisen jener Zeit ist auch sie stolz auf ihre Unabhängigkeit, – darauf, daß sie es vermag, eine Thür zu schließen oder ein Fenster zu öffnen, ohne nach einem Kammerdiener zu schellen.
Die frische Nachtluft streicht herein. Der Frühling schaltet und waltet draußen, arbeitet sachte an irgend einem neuen Wunder, mit dem er morgen früh die Sonne überraschen wird, und der Mond schaut ihm zu; blaß und schwermüthig, steht er am Himmel, als fühle er sich vereinsamt zwischen den Sternen.
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Zitationshilfe: | Schubin, Ossip: Etiquette. Eine Rococo-Arabeske. Berlin, 1887, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_etiquette_1887/84>, abgerufen am 16.07.2024. |