Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubin, Ossip: Etiquette. Eine Rococo-Arabeske. Berlin, 1887.

Bild:
<< vorherige Seite

das Recht haben mögest, an meiner Liebe zu zweifeln," flüstert sie, und ihre Stimme klingt so leise, wie das Seufzen und Lispeln des Nachtwindes in den Blättern.

Der schwarze Mantel ist von ihren Schultern niedergeglitten, sie steht vor dem jungen Mann in ihrem hellen Kleide, mit ihren durchsichtigen schwarzen Halbhandschuhen, aus denen ihre weißen Ellenbogen und feinen schlanken Finger hervorschauen; steht da, das gepuderte Köpfchen etwas gesenkt, die Arme an den Seiten niederhängend, traurig, schüchtern, über ihr schreckliches Wagniß entsetzt und doch vom Scheitel bis zur Fußsohle von unsagbarer Seligkeit bebend.

"Wie konntest Du mich nur zwingen, etwas so Unrechtes zu thun!" seufzt sie vorwurfsvoll.

Um seinen Mund zuckt es gutmüthig, mitleidig und doch wieder siegesfroh. "Wie konnt' ich?" flüsterte er ... "wie konnt' ich? ... Es war recht abscheulich und rücksichtslos von mir, ich gesteh's ja ein - aber Du verlangst doch nicht, ich möge sagen, daß ich's bereue! ... Bereust Du's?"

das Recht haben mögest, an meiner Liebe zu zweifeln,“ flüstert sie, und ihre Stimme klingt so leise, wie das Seufzen und Lispeln des Nachtwindes in den Blättern.

Der schwarze Mantel ist von ihren Schultern niedergeglitten, sie steht vor dem jungen Mann in ihrem hellen Kleide, mit ihren durchsichtigen schwarzen Halbhandschuhen, aus denen ihre weißen Ellenbogen und feinen schlanken Finger hervorschauen; steht da, das gepuderte Köpfchen etwas gesenkt, die Arme an den Seiten niederhängend, traurig, schüchtern, über ihr schreckliches Wagniß entsetzt und doch vom Scheitel bis zur Fußsohle von unsagbarer Seligkeit bebend.

„Wie konntest Du mich nur zwingen, etwas so Unrechtes zu thun!“ seufzt sie vorwurfsvoll.

Um seinen Mund zuckt es gutmüthig, mitleidig und doch wieder siegesfroh. „Wie konnt’ ich?“ flüsterte er … „wie konnt’ ich? … Es war recht abscheulich und rücksichtslos von mir, ich gesteh’s ja ein – aber Du verlangst doch nicht, ich möge sagen, daß ich’s bereue! … Bereust Du’s?“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0090" n="90"/>
das Recht haben mögest, an meiner Liebe zu zweifeln,&#x201C; flüstert sie, und ihre Stimme klingt so leise, wie das Seufzen und Lispeln des Nachtwindes in den Blättern.</p>
        <p>Der schwarze Mantel ist von ihren Schultern niedergeglitten, sie steht vor dem jungen Mann in ihrem hellen Kleide, mit ihren durchsichtigen schwarzen Halbhandschuhen, aus denen ihre weißen Ellenbogen und feinen schlanken Finger hervorschauen; steht da, das gepuderte Köpfchen etwas gesenkt, die Arme an den Seiten niederhängend, traurig, schüchtern, über ihr schreckliches Wagniß entsetzt und doch vom Scheitel bis zur Fußsohle von unsagbarer Seligkeit bebend.</p>
        <p>&#x201E;Wie konntest Du mich nur zwingen, etwas so Unrechtes zu thun!&#x201C; seufzt sie vorwurfsvoll.</p>
        <p>Um seinen Mund zuckt es gutmüthig, mitleidig und doch wieder siegesfroh. &#x201E;Wie konnt&#x2019; ich?&#x201C; flüsterte er &#x2026; &#x201E;wie konnt&#x2019; ich? &#x2026; Es war recht abscheulich und rücksichtslos von mir, ich gesteh&#x2019;s ja ein &#x2013; aber Du verlangst doch nicht, ich möge sagen, daß ich&#x2019;s bereue! &#x2026; Bereust Du&#x2019;s?&#x201C;</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0090] das Recht haben mögest, an meiner Liebe zu zweifeln,“ flüstert sie, und ihre Stimme klingt so leise, wie das Seufzen und Lispeln des Nachtwindes in den Blättern. Der schwarze Mantel ist von ihren Schultern niedergeglitten, sie steht vor dem jungen Mann in ihrem hellen Kleide, mit ihren durchsichtigen schwarzen Halbhandschuhen, aus denen ihre weißen Ellenbogen und feinen schlanken Finger hervorschauen; steht da, das gepuderte Köpfchen etwas gesenkt, die Arme an den Seiten niederhängend, traurig, schüchtern, über ihr schreckliches Wagniß entsetzt und doch vom Scheitel bis zur Fußsohle von unsagbarer Seligkeit bebend. „Wie konntest Du mich nur zwingen, etwas so Unrechtes zu thun!“ seufzt sie vorwurfsvoll. Um seinen Mund zuckt es gutmüthig, mitleidig und doch wieder siegesfroh. „Wie konnt’ ich?“ flüsterte er … „wie konnt’ ich? … Es war recht abscheulich und rücksichtslos von mir, ich gesteh’s ja ein – aber Du verlangst doch nicht, ich möge sagen, daß ich’s bereue! … Bereust Du’s?“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Die großen Umlaute ”Ue“ der Vorlage wurden der heutigen Schreibweise ”Ü“ angepasst.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_etiquette_1887
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_etiquette_1887/90
Zitationshilfe: Schubin, Ossip: Etiquette. Eine Rococo-Arabeske. Berlin, 1887, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_etiquette_1887/90>, abgerufen am 21.11.2024.