Schubin, Ossip: Vollmondzauber. In: Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek (Fünfzehnter Jahrgang. Band 17). 1. Bd. Stuttgart, 1899."Meine Herrschaften, Sie werden vermißt. Ich glaube, es ist Zeit, sich zum Souper herzurichten," rief jetzt unzufrieden, fast mürrisch der Oberst, der unbemerkt hinzugetreten war. "Ja, es ist Zeit," wiederholte Gina, und ihre Stimme klang plötzlich rauh, hölzern, trotzig und gelangweilt, eine Stimme, der kein Mensch mehr Talent zu sinnbethörenden Liebesliedern zugemutet hätte. Sie rieb sich die Augen, wie um sich aus einer großen Schläfrigkeit wachzurütteln, reichte Swoyschin, der an sie herantrat, die Guitarre und ging, gleichgültig von alltäglichen Dingen redend, an der Seite des Obersten auf das Gasthaus zu, in dem für die Damen Zimmer vorbereitet worden waren, damit sie sich für das Souper und den darauf folgen sollenden Tanz entsprechend umkleiden könnten. Der Oberst fing an, sich zu fragen, ob sie mit dem letzten Lied wirklich ein Stück ihres innersten Empfindens rücksichtslos preisgegeben oder ob sie ihre Zuhörer einfach zum besten gehabt habe. * * * Die Damen erschienen vollzählig beim Souper: die, die sich aus der Nachbarschaft eingefunden hatten, und die Damen des Regiments. Eine nach der andern fanden sie sich ein, in dem langen, offenbar aus zwei Zimmern zusammengestückelten Raum, in dem ein „Meine Herrschaften, Sie werden vermißt. Ich glaube, es ist Zeit, sich zum Souper herzurichten,“ rief jetzt unzufrieden, fast mürrisch der Oberst, der unbemerkt hinzugetreten war. „Ja, es ist Zeit,“ wiederholte Gina, und ihre Stimme klang plötzlich rauh, hölzern, trotzig und gelangweilt, eine Stimme, der kein Mensch mehr Talent zu sinnbethörenden Liebesliedern zugemutet hätte. Sie rieb sich die Augen, wie um sich aus einer großen Schläfrigkeit wachzurütteln, reichte Swoyschin, der an sie herantrat, die Guitarre und ging, gleichgültig von alltäglichen Dingen redend, an der Seite des Obersten auf das Gasthaus zu, in dem für die Damen Zimmer vorbereitet worden waren, damit sie sich für das Souper und den darauf folgen sollenden Tanz entsprechend umkleiden könnten. Der Oberst fing an, sich zu fragen, ob sie mit dem letzten Lied wirklich ein Stück ihres innersten Empfindens rücksichtslos preisgegeben oder ob sie ihre Zuhörer einfach zum besten gehabt habe. * * * Die Damen erschienen vollzählig beim Souper: die, die sich aus der Nachbarschaft eingefunden hatten, und die Damen des Regiments. Eine nach der andern fanden sie sich ein, in dem langen, offenbar aus zwei Zimmern zusammengestückelten Raum, in dem ein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0152" n="151"/> <p>„Meine Herrschaften, Sie werden vermißt. Ich glaube, es ist Zeit, sich zum Souper herzurichten,“ rief jetzt unzufrieden, fast mürrisch der Oberst, der unbemerkt hinzugetreten war.</p> <p>„Ja, es ist Zeit,“ wiederholte Gina, und ihre Stimme klang plötzlich rauh, hölzern, trotzig und gelangweilt, eine Stimme, der kein Mensch mehr Talent zu sinnbethörenden Liebesliedern zugemutet hätte. Sie rieb sich die Augen, wie um sich aus einer großen Schläfrigkeit wachzurütteln, reichte Swoyschin, der an sie herantrat, die Guitarre und ging, gleichgültig von alltäglichen Dingen redend, an der Seite des Obersten auf das Gasthaus zu, in dem für die Damen Zimmer vorbereitet worden waren, damit sie sich für das Souper und den darauf folgen sollenden Tanz entsprechend umkleiden könnten.</p> <p>Der Oberst fing an, sich zu fragen, ob sie mit dem letzten Lied wirklich ein Stück ihres innersten Empfindens rücksichtslos preisgegeben oder ob sie ihre Zuhörer einfach zum besten gehabt habe.</p> <p rendition="#c">* * *</p> <p>Die Damen erschienen vollzählig beim Souper: die, die sich aus der Nachbarschaft eingefunden hatten, und die Damen des Regiments. Eine nach der andern fanden sie sich ein, in dem langen, offenbar aus zwei Zimmern zusammengestückelten Raum, in dem ein </p> </div> </body> </text> </TEI> [151/0152]
„Meine Herrschaften, Sie werden vermißt. Ich glaube, es ist Zeit, sich zum Souper herzurichten,“ rief jetzt unzufrieden, fast mürrisch der Oberst, der unbemerkt hinzugetreten war.
„Ja, es ist Zeit,“ wiederholte Gina, und ihre Stimme klang plötzlich rauh, hölzern, trotzig und gelangweilt, eine Stimme, der kein Mensch mehr Talent zu sinnbethörenden Liebesliedern zugemutet hätte. Sie rieb sich die Augen, wie um sich aus einer großen Schläfrigkeit wachzurütteln, reichte Swoyschin, der an sie herantrat, die Guitarre und ging, gleichgültig von alltäglichen Dingen redend, an der Seite des Obersten auf das Gasthaus zu, in dem für die Damen Zimmer vorbereitet worden waren, damit sie sich für das Souper und den darauf folgen sollenden Tanz entsprechend umkleiden könnten.
Der Oberst fing an, sich zu fragen, ob sie mit dem letzten Lied wirklich ein Stück ihres innersten Empfindens rücksichtslos preisgegeben oder ob sie ihre Zuhörer einfach zum besten gehabt habe.
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Die Damen erschienen vollzählig beim Souper: die, die sich aus der Nachbarschaft eingefunden hatten, und die Damen des Regiments. Eine nach der andern fanden sie sich ein, in dem langen, offenbar aus zwei Zimmern zusammengestückelten Raum, in dem ein
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