Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubin, Ossip: Vollmondzauber. In: Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek (Fünfzehnter Jahrgang. Band 18). 2. Bd. Stuttgart, 1899.

Bild:
<< vorherige Seite

hohen Kerzen auf einem von grünen Pflanzen verdeckten Gestell ruhte.

Der Oberst von Stahl und der Arzt standen zu Häupten des Sarges, Emma Ginori kniete zu dessen Füßen. Der Arzt enthüllte die linke Brust der Toten und bezeichnete Swoyschin genau die Stelle, wo sich das Herz befand.

Mit wahnsinniger Überwindung stach Swoyschin los ... die Leiche schlug die Augen auf, nur einen Moment heftete sie dieselben auf den Bräutigam, dann - dann senkten sich die blauen Lider von neuem, die Leiche erstarrte.

Emma Ginori hatte sich aufgerichtet, jetzt fiel sie mit einem dumpfen Schlag wie leblos auf den schwarzen Fußboden hin.

Swoyschin war wie von Sinnen, und die Versicherung des Arztes, daß es sich hier um ein einfaches, lebloses Spiel der Muskeln gehandelt habe, vermochte nicht, ihn zu beruhigen.

Noch denselben Tag wurde Gina in die Erde gesenkt. Sechs Männer vom Forstpersonal trugen sie auf den kleinen Kirchhof zu Füßen des Parks. Sie hatte einmal den Wunsch geäußert, dort begraben zu werden.

Der zugleich dumpfe und schrille Klang der Posaunen, die den Trauermarsch vor dem kleinen Leichenzug herbliesen, rang sich durch einen feuchten und zugleich

hohen Kerzen auf einem von grünen Pflanzen verdeckten Gestell ruhte.

Der Oberst von Stahl und der Arzt standen zu Häupten des Sarges, Emma Ginori kniete zu dessen Füßen. Der Arzt enthüllte die linke Brust der Toten und bezeichnete Swoyschin genau die Stelle, wo sich das Herz befand.

Mit wahnsinniger Überwindung stach Swoyschin los … die Leiche schlug die Augen auf, nur einen Moment heftete sie dieselben auf den Bräutigam, dann – dann senkten sich die blauen Lider von neuem, die Leiche erstarrte.

Emma Ginori hatte sich aufgerichtet, jetzt fiel sie mit einem dumpfen Schlag wie leblos auf den schwarzen Fußboden hin.

Swoyschin war wie von Sinnen, und die Versicherung des Arztes, daß es sich hier um ein einfaches, lebloses Spiel der Muskeln gehandelt habe, vermochte nicht, ihn zu beruhigen.

Noch denselben Tag wurde Gina in die Erde gesenkt. Sechs Männer vom Forstpersonal trugen sie auf den kleinen Kirchhof zu Füßen des Parks. Sie hatte einmal den Wunsch geäußert, dort begraben zu werden.

Der zugleich dumpfe und schrille Klang der Posaunen, die den Trauermarsch vor dem kleinen Leichenzug herbliesen, rang sich durch einen feuchten und zugleich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0128" n="128"/>
hohen Kerzen auf einem von grünen Pflanzen verdeckten Gestell ruhte.</p>
        <p>Der Oberst von Stahl und der Arzt standen zu Häupten des Sarges, Emma Ginori kniete zu dessen Füßen. Der Arzt enthüllte die linke Brust der Toten und bezeichnete Swoyschin genau die Stelle, wo sich das Herz befand.</p>
        <p>Mit wahnsinniger Überwindung stach Swoyschin los &#x2026; die Leiche schlug die Augen auf, nur einen Moment heftete sie dieselben auf den Bräutigam, dann &#x2013; dann senkten sich die blauen Lider von neuem, die Leiche erstarrte.</p>
        <p>Emma Ginori hatte sich aufgerichtet, jetzt fiel sie mit einem dumpfen Schlag wie leblos auf den schwarzen Fußboden hin.</p>
        <p>Swoyschin war wie von Sinnen, und die Versicherung des Arztes, daß es sich hier um ein einfaches, lebloses Spiel der Muskeln gehandelt habe, vermochte nicht, ihn zu beruhigen.</p>
        <p>Noch denselben Tag wurde Gina in die Erde gesenkt. Sechs Männer vom Forstpersonal trugen sie auf den kleinen Kirchhof zu Füßen des Parks. Sie hatte einmal den Wunsch geäußert, dort begraben zu werden.</p>
        <p>Der zugleich dumpfe und schrille Klang der Posaunen, die den Trauermarsch vor dem kleinen Leichenzug herbliesen, rang sich durch einen feuchten und zugleich
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[128/0128] hohen Kerzen auf einem von grünen Pflanzen verdeckten Gestell ruhte. Der Oberst von Stahl und der Arzt standen zu Häupten des Sarges, Emma Ginori kniete zu dessen Füßen. Der Arzt enthüllte die linke Brust der Toten und bezeichnete Swoyschin genau die Stelle, wo sich das Herz befand. Mit wahnsinniger Überwindung stach Swoyschin los … die Leiche schlug die Augen auf, nur einen Moment heftete sie dieselben auf den Bräutigam, dann – dann senkten sich die blauen Lider von neuem, die Leiche erstarrte. Emma Ginori hatte sich aufgerichtet, jetzt fiel sie mit einem dumpfen Schlag wie leblos auf den schwarzen Fußboden hin. Swoyschin war wie von Sinnen, und die Versicherung des Arztes, daß es sich hier um ein einfaches, lebloses Spiel der Muskeln gehandelt habe, vermochte nicht, ihn zu beruhigen. Noch denselben Tag wurde Gina in die Erde gesenkt. Sechs Männer vom Forstpersonal trugen sie auf den kleinen Kirchhof zu Füßen des Parks. Sie hatte einmal den Wunsch geäußert, dort begraben zu werden. Der zugleich dumpfe und schrille Klang der Posaunen, die den Trauermarsch vor dem kleinen Leichenzug herbliesen, rang sich durch einen feuchten und zugleich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Geviertstriche „—“ werden als normale Gedankenstriche „–“ wiedergegeben.
  • Die Majuskelschreibweise Ae, Oe, Ue wird als Ä, Ö, Ü wiedergegeben.
  • Worttrennungen am Zeilenende werden ignoriert. Das Wort wird noch auf der gleichen Seite vervollständigt.
  • Die Transkription folgt im Übrigen dem Original.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_vollmondzauber02_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_vollmondzauber02_1899/128
Zitationshilfe: Schubin, Ossip: Vollmondzauber. In: Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek (Fünfzehnter Jahrgang. Band 18). 2. Bd. Stuttgart, 1899, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_vollmondzauber02_1899/128>, abgerufen am 23.11.2024.