Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubin, Ossip: Vollmondzauber. In: Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek (Fünfzehnter Jahrgang. Band 18). 2. Bd. Stuttgart, 1899.

Bild:
<< vorherige Seite

in den dummen Buben, den Zdenko, vergafft haben, wie sich alle Weiber in ihn verliebten? Ach nein, das war ausgeschlossen. Sie hatten sich ja beide immer nur verwandtschaftlich geneckt und gern gehabt wie Bruder und Schwester.

Aber immerhin, Herr Gott! Das auch noch! Der Verdacht war ihm plötzlich gekommen, ganz plötzlich, und nun er gekommen war, ließ er sich nicht mehr abweisen. Jedenfalls durfte er sich seiner Frau gegenüber nichts anmerken lassen, entschied der alte Herr eilig. Wenn die etwas von der Sache merkte, wäre sie im stande, die Kleine nach Tirol zurückzuschicken, und ohne seinen Sonnenstrahl konnte es der arme melancholische alte Graf in dem Eulennest nicht aushalten.

Zwei große graulila Tauben mit metallisch glänzendem Kropf spazierten gravitätisch, die zarten rosa Füßchen zierlich vor sich setzend, über die grauen Quadern der Terrasse und tauchten ihre Schnäbel in die seichten Pfützen. Mit krächzender Stimme und ungeschicktem Flügelschlag flog ein wundervoller Pfau herbei, und seinen schillernden Schweif ausbreitend hockte er zu Füßen eines der Sandsteingnomen auf dem Rand der Balustrade nieder. Zwei kleine Pfauen trippelten hinter ihm drein.

Aus dem Park unten trug der feuchte, frische Wind ein paar rote Blätter über den Wallgraben

in den dummen Buben, den Zdenko, vergafft haben, wie sich alle Weiber in ihn verliebten? Ach nein, das war ausgeschlossen. Sie hatten sich ja beide immer nur verwandtschaftlich geneckt und gern gehabt wie Bruder und Schwester.

Aber immerhin, Herr Gott! Das auch noch! Der Verdacht war ihm plötzlich gekommen, ganz plötzlich, und nun er gekommen war, ließ er sich nicht mehr abweisen. Jedenfalls durfte er sich seiner Frau gegenüber nichts anmerken lassen, entschied der alte Herr eilig. Wenn die etwas von der Sache merkte, wäre sie im stande, die Kleine nach Tirol zurückzuschicken, und ohne seinen Sonnenstrahl konnte es der arme melancholische alte Graf in dem Eulennest nicht aushalten.

Zwei große graulila Tauben mit metallisch glänzendem Kropf spazierten gravitätisch, die zarten rosa Füßchen zierlich vor sich setzend, über die grauen Quadern der Terrasse und tauchten ihre Schnäbel in die seichten Pfützen. Mit krächzender Stimme und ungeschicktem Flügelschlag flog ein wundervoller Pfau herbei, und seinen schillernden Schweif ausbreitend hockte er zu Füßen eines der Sandsteingnomen auf dem Rand der Balustrade nieder. Zwei kleine Pfauen trippelten hinter ihm drein.

Aus dem Park unten trug der feuchte, frische Wind ein paar rote Blätter über den Wallgraben

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0082" n="82"/>
in den dummen Buben, den Zdenko, vergafft haben, wie sich alle Weiber in ihn verliebten? Ach nein, das war ausgeschlossen. Sie hatten sich ja beide immer nur verwandtschaftlich geneckt und gern gehabt wie Bruder und Schwester.</p>
        <p>Aber immerhin, Herr Gott! Das auch noch! Der Verdacht war ihm plötzlich gekommen, ganz plötzlich, und nun er gekommen war, ließ er sich nicht mehr abweisen. Jedenfalls durfte er sich seiner Frau gegenüber nichts anmerken lassen, entschied der alte Herr eilig. Wenn die etwas von der Sache merkte, wäre sie im stande, die Kleine nach Tirol zurückzuschicken, und ohne seinen Sonnenstrahl konnte es der arme melancholische alte Graf in dem Eulennest nicht aushalten.</p>
        <p>Zwei große graulila Tauben mit metallisch glänzendem Kropf spazierten gravitätisch, die zarten rosa Füßchen zierlich vor sich setzend, über die grauen Quadern der Terrasse und tauchten ihre Schnäbel in die seichten Pfützen. Mit krächzender Stimme und ungeschicktem Flügelschlag flog ein wundervoller Pfau herbei, und seinen schillernden Schweif ausbreitend hockte er zu Füßen eines der Sandsteingnomen auf dem Rand der Balustrade nieder. Zwei kleine Pfauen trippelten hinter ihm drein.</p>
        <p>Aus dem Park unten trug der feuchte, frische Wind ein paar rote Blätter über den Wallgraben
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[82/0082] in den dummen Buben, den Zdenko, vergafft haben, wie sich alle Weiber in ihn verliebten? Ach nein, das war ausgeschlossen. Sie hatten sich ja beide immer nur verwandtschaftlich geneckt und gern gehabt wie Bruder und Schwester. Aber immerhin, Herr Gott! Das auch noch! Der Verdacht war ihm plötzlich gekommen, ganz plötzlich, und nun er gekommen war, ließ er sich nicht mehr abweisen. Jedenfalls durfte er sich seiner Frau gegenüber nichts anmerken lassen, entschied der alte Herr eilig. Wenn die etwas von der Sache merkte, wäre sie im stande, die Kleine nach Tirol zurückzuschicken, und ohne seinen Sonnenstrahl konnte es der arme melancholische alte Graf in dem Eulennest nicht aushalten. Zwei große graulila Tauben mit metallisch glänzendem Kropf spazierten gravitätisch, die zarten rosa Füßchen zierlich vor sich setzend, über die grauen Quadern der Terrasse und tauchten ihre Schnäbel in die seichten Pfützen. Mit krächzender Stimme und ungeschicktem Flügelschlag flog ein wundervoller Pfau herbei, und seinen schillernden Schweif ausbreitend hockte er zu Füßen eines der Sandsteingnomen auf dem Rand der Balustrade nieder. Zwei kleine Pfauen trippelten hinter ihm drein. Aus dem Park unten trug der feuchte, frische Wind ein paar rote Blätter über den Wallgraben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Geviertstriche „—“ werden als normale Gedankenstriche „–“ wiedergegeben.
  • Die Majuskelschreibweise Ae, Oe, Ue wird als Ä, Ö, Ü wiedergegeben.
  • Worttrennungen am Zeilenende werden ignoriert. Das Wort wird noch auf der gleichen Seite vervollständigt.
  • Die Transkription folgt im Übrigen dem Original.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_vollmondzauber02_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_vollmondzauber02_1899/82
Zitationshilfe: Schubin, Ossip: Vollmondzauber. In: Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek (Fünfzehnter Jahrgang. Band 18). 2. Bd. Stuttgart, 1899, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_vollmondzauber02_1899/82>, abgerufen am 23.11.2024.