Schubin, Ossip: Vollmondzauber. In: Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek (Fünfzehnter Jahrgang. Band 18). 2. Bd. Stuttgart, 1899.leises Knistern: das Knistern der Blätter, die von den Bäumen fielen. Mit rauhem, heiserem Geschrei flogen die Raben über die kahlen Felder hin, um schwarz und mißtönend anstatt der Singvögel zu herrschen. Es war ein Oktobernachmittag, einer von jenen Oktobernachmittagen, an denen man im Kamin Feuer anzündet und die Fenster dazu offen läßt. Es hatte den ganzen Tag geregnet; die Luft, die durch die hohen, eichengetäfelten Fensternischen in das Wohnzimmer drang, in dem sich die beiden Schwestern Ginori aufhielten, duftete süß, aber mit etwas Unheimlichem in der Süßigkeit darin, von dem jeder wußte, daß es Tod und Verderben bedeute. Gina saß in einem tiefen Lehnstuhl neben einem Kamin aus rotem Marmor, dessen Gesims mit altväterischen Kupfervasen besetzt war, aus denen rote, gelbe und braune Chrysanthemen herausstrebten und sich in dem Hintergrund eines alten, hohen Empirespiegels verdoppelten. Sie trug ein loses, weißes Hauskleid, das gelbliche Spitzen zierten, und sah wunderschön aus. Ihre dunklen Augen schimmerten durch die langsam sinkende Dämmerung. Neben ihr saß Zdenko Swoyschin und den beiden gegenüber Emma. Gina hatte ihr Möglichstes gethan, um durch finstere Blicke und stechende Worte die Schwester zu leises Knistern: das Knistern der Blätter, die von den Bäumen fielen. Mit rauhem, heiserem Geschrei flogen die Raben über die kahlen Felder hin, um schwarz und mißtönend anstatt der Singvögel zu herrschen. Es war ein Oktobernachmittag, einer von jenen Oktobernachmittagen, an denen man im Kamin Feuer anzündet und die Fenster dazu offen läßt. Es hatte den ganzen Tag geregnet; die Luft, die durch die hohen, eichengetäfelten Fensternischen in das Wohnzimmer drang, in dem sich die beiden Schwestern Ginori aufhielten, duftete süß, aber mit etwas Unheimlichem in der Süßigkeit darin, von dem jeder wußte, daß es Tod und Verderben bedeute. Gina saß in einem tiefen Lehnstuhl neben einem Kamin aus rotem Marmor, dessen Gesims mit altväterischen Kupfervasen besetzt war, aus denen rote, gelbe und braune Chrysanthemen herausstrebten und sich in dem Hintergrund eines alten, hohen Empirespiegels verdoppelten. Sie trug ein loses, weißes Hauskleid, das gelbliche Spitzen zierten, und sah wunderschön aus. Ihre dunklen Augen schimmerten durch die langsam sinkende Dämmerung. Neben ihr saß Zdenko Swoyschin und den beiden gegenüber Emma. Gina hatte ihr Möglichstes gethan, um durch finstere Blicke und stechende Worte die Schwester zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0094" n="94"/> leises Knistern: das Knistern der Blätter, die von den Bäumen fielen. Mit rauhem, heiserem Geschrei flogen die Raben über die kahlen Felder hin, um schwarz und mißtönend anstatt der Singvögel zu herrschen.</p> <p>Es war ein Oktobernachmittag, einer von jenen Oktobernachmittagen, an denen man im Kamin Feuer anzündet und die Fenster dazu offen läßt. Es hatte den ganzen Tag geregnet; die Luft, die durch die hohen, eichengetäfelten Fensternischen in das Wohnzimmer drang, in dem sich die beiden Schwestern Ginori aufhielten, duftete süß, aber mit etwas Unheimlichem in der Süßigkeit darin, von dem jeder wußte, daß es Tod und Verderben bedeute.</p> <p>Gina saß in einem tiefen Lehnstuhl neben einem Kamin aus rotem Marmor, dessen Gesims mit altväterischen Kupfervasen besetzt war, aus denen rote, gelbe und braune Chrysanthemen herausstrebten und sich in dem Hintergrund eines alten, hohen Empirespiegels verdoppelten. Sie trug ein loses, weißes Hauskleid, das gelbliche Spitzen zierten, und sah wunderschön aus. Ihre dunklen Augen schimmerten durch die langsam sinkende Dämmerung. Neben ihr saß Zdenko Swoyschin und den beiden gegenüber Emma.</p> <p>Gina hatte ihr Möglichstes gethan, um durch finstere Blicke und stechende Worte die Schwester zu </p> </div> </body> </text> </TEI> [94/0094]
leises Knistern: das Knistern der Blätter, die von den Bäumen fielen. Mit rauhem, heiserem Geschrei flogen die Raben über die kahlen Felder hin, um schwarz und mißtönend anstatt der Singvögel zu herrschen.
Es war ein Oktobernachmittag, einer von jenen Oktobernachmittagen, an denen man im Kamin Feuer anzündet und die Fenster dazu offen läßt. Es hatte den ganzen Tag geregnet; die Luft, die durch die hohen, eichengetäfelten Fensternischen in das Wohnzimmer drang, in dem sich die beiden Schwestern Ginori aufhielten, duftete süß, aber mit etwas Unheimlichem in der Süßigkeit darin, von dem jeder wußte, daß es Tod und Verderben bedeute.
Gina saß in einem tiefen Lehnstuhl neben einem Kamin aus rotem Marmor, dessen Gesims mit altväterischen Kupfervasen besetzt war, aus denen rote, gelbe und braune Chrysanthemen herausstrebten und sich in dem Hintergrund eines alten, hohen Empirespiegels verdoppelten. Sie trug ein loses, weißes Hauskleid, das gelbliche Spitzen zierten, und sah wunderschön aus. Ihre dunklen Augen schimmerten durch die langsam sinkende Dämmerung. Neben ihr saß Zdenko Swoyschin und den beiden gegenüber Emma.
Gina hatte ihr Möglichstes gethan, um durch finstere Blicke und stechende Worte die Schwester zu
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