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Schücking, Levin: Die Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 169–291. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Löwen? Gieb mir Rechenschaft. Weßhalb verwendet dieser Artois sich für dich und meine Freiheit? He? Antwort!

Joseph war immer blässer geworden: er konnte sich nicht länger bezähmen -- weßhalb auch? -- er war ja ganz, ganz entlarvt, umsonst hätte er versucht, seiner Frau noch irgend etwas zu verhehlen. So warf er jede Rücksicht ab.

Vater, schrie er wie im furchtbarsten Zorne -- Ihr verlangt Rechenschaft, von mir Rechenschaft, den Ihr elend gemacht habt? -- Ihr fragt nach Eurer Tochter, die das Opfer Eurer ungeheuern --

Der Alte erhob sich, begrub beide Hände in den Seitentaschen seiner Beinkleider, intonirte mit lauter Stimme den unsterblichen Gesang:

Allons, enfans de la patrie, Le jour de gloire est arrive --

und verließ das Zimmer, um sich in Küche und Vorrathskammer jetzt selbst nach einer Erquickung umzusehen. Er fand auch bald, was einen hungrigen Wanderer befriedigen konnte. Ueber den Anrichtetisch in der Küche gebeugt, auf dem ein kalter Rehziemer alle seine Aufmerksamkeit in Anspruch nahm, schien er Sorge und Müdigkeit vergessen zu haben. Plötzlich hörte er hinter sich einen lauten Schrei ausstoßen. Er wandte sich um -- Gertrude stand da, zu Tode erschrocken über seinen Anblick, aber gerötheten Gesichts, be-

Löwen? Gieb mir Rechenschaft. Weßhalb verwendet dieser Artois sich für dich und meine Freiheit? He? Antwort!

Joseph war immer blässer geworden: er konnte sich nicht länger bezähmen — weßhalb auch? — er war ja ganz, ganz entlarvt, umsonst hätte er versucht, seiner Frau noch irgend etwas zu verhehlen. So warf er jede Rücksicht ab.

Vater, schrie er wie im furchtbarsten Zorne — Ihr verlangt Rechenschaft, von mir Rechenschaft, den Ihr elend gemacht habt? — Ihr fragt nach Eurer Tochter, die das Opfer Eurer ungeheuern —

Der Alte erhob sich, begrub beide Hände in den Seitentaschen seiner Beinkleider, intonirte mit lauter Stimme den unsterblichen Gesang:

Allons, enfans de la patrie, Le jour de gloire est arrivé —

und verließ das Zimmer, um sich in Küche und Vorrathskammer jetzt selbst nach einer Erquickung umzusehen. Er fand auch bald, was einen hungrigen Wanderer befriedigen konnte. Ueber den Anrichtetisch in der Küche gebeugt, auf dem ein kalter Rehziemer alle seine Aufmerksamkeit in Anspruch nahm, schien er Sorge und Müdigkeit vergessen zu haben. Plötzlich hörte er hinter sich einen lauten Schrei ausstoßen. Er wandte sich um — Gertrude stand da, zu Tode erschrocken über seinen Anblick, aber gerötheten Gesichts, be-

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[0108] Löwen? Gieb mir Rechenschaft. Weßhalb verwendet dieser Artois sich für dich und meine Freiheit? He? Antwort! Joseph war immer blässer geworden: er konnte sich nicht länger bezähmen — weßhalb auch? — er war ja ganz, ganz entlarvt, umsonst hätte er versucht, seiner Frau noch irgend etwas zu verhehlen. So warf er jede Rücksicht ab. Vater, schrie er wie im furchtbarsten Zorne — Ihr verlangt Rechenschaft, von mir Rechenschaft, den Ihr elend gemacht habt? — Ihr fragt nach Eurer Tochter, die das Opfer Eurer ungeheuern — Der Alte erhob sich, begrub beide Hände in den Seitentaschen seiner Beinkleider, intonirte mit lauter Stimme den unsterblichen Gesang: Allons, enfans de la patrie, Le jour de gloire est arrivé — und verließ das Zimmer, um sich in Küche und Vorrathskammer jetzt selbst nach einer Erquickung umzusehen. Er fand auch bald, was einen hungrigen Wanderer befriedigen konnte. Ueber den Anrichtetisch in der Küche gebeugt, auf dem ein kalter Rehziemer alle seine Aufmerksamkeit in Anspruch nahm, schien er Sorge und Müdigkeit vergessen zu haben. Plötzlich hörte er hinter sich einen lauten Schrei ausstoßen. Er wandte sich um — Gertrude stand da, zu Tode erschrocken über seinen Anblick, aber gerötheten Gesichts, be-

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T11:53:40Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T11:53:40Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Schücking, Levin: Die Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 169–291. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schuecking_schwester_1910/108>, abgerufen am 27.11.2024.