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Schücking, Levin: Die Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 169–291. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Stephan Heribert somit Baron von Windschrot und unumschränkter Herr seines Allodialguts geworden, so hatte ein Leben auf dem einsamen Schlosse begonnen, in welches eine stille, strenge erzogene Frau nicht paßte. Baron Windschrot beschloß nämlich, sobald er unabhängig geworden, sich das Landleben durch die Freuden der Geselligkeit zu versüßen und in seinem Hause den Grundsatz unbedingter Gastlichkeit einzuführen. Aber, weiß der Himmel, wie es kam, die nächsten Gutsnachbarn, solide Leute von Ehre und Reputation, zeigten sich alle insgesammt als höchst sauertöpfische Gesellen, und von der Gastlichkeit des Hauses Windschrot machten nur eine Horde curioser Bursche, die sich weither zusammenfanden, Gebrauch: alte Fuchsjäger, die all ihr Pulver verschossen hatten und unverschämt lügen konnten; außer Dienst gekommene Hofcavaliere, welche den alten Spruch: ora et labora, mit: "spiele und fluche" übersetzten -- ein cassirter Husarenrittmeister, der beachtenswerthe Kenntniß in der natürlichen Magie besaß, und ein alter ruinirter Krautjunker, der sich seinen Lebensabend durch außerordentliche Thätigkeit im Ausstopfen aller möglichen Arten von Eulen und Habichten versüßte -- das waren die Stammgäste des Barons, der einen theuern Eidschwur darauf ablegte, daß es unmöglich sei, eine Tafelrunde von ergötzlicheren alten Narren zusammenzubringen.

Herr von Windschrot lebte mehrere Jahre lang mit seinen heiteren Freunden in Fülle und Freudigkeit,

Stephan Heribert somit Baron von Windschrot und unumschränkter Herr seines Allodialguts geworden, so hatte ein Leben auf dem einsamen Schlosse begonnen, in welches eine stille, strenge erzogene Frau nicht paßte. Baron Windschrot beschloß nämlich, sobald er unabhängig geworden, sich das Landleben durch die Freuden der Geselligkeit zu versüßen und in seinem Hause den Grundsatz unbedingter Gastlichkeit einzuführen. Aber, weiß der Himmel, wie es kam, die nächsten Gutsnachbarn, solide Leute von Ehre und Reputation, zeigten sich alle insgesammt als höchst sauertöpfische Gesellen, und von der Gastlichkeit des Hauses Windschrot machten nur eine Horde curioser Bursche, die sich weither zusammenfanden, Gebrauch: alte Fuchsjäger, die all ihr Pulver verschossen hatten und unverschämt lügen konnten; außer Dienst gekommene Hofcavaliere, welche den alten Spruch: ora et labora, mit: „spiele und fluche“ übersetzten — ein cassirter Husarenrittmeister, der beachtenswerthe Kenntniß in der natürlichen Magie besaß, und ein alter ruinirter Krautjunker, der sich seinen Lebensabend durch außerordentliche Thätigkeit im Ausstopfen aller möglichen Arten von Eulen und Habichten versüßte — das waren die Stammgäste des Barons, der einen theuern Eidschwur darauf ablegte, daß es unmöglich sei, eine Tafelrunde von ergötzlicheren alten Narren zusammenzubringen.

Herr von Windschrot lebte mehrere Jahre lang mit seinen heiteren Freunden in Fülle und Freudigkeit,

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[0023] Stephan Heribert somit Baron von Windschrot und unumschränkter Herr seines Allodialguts geworden, so hatte ein Leben auf dem einsamen Schlosse begonnen, in welches eine stille, strenge erzogene Frau nicht paßte. Baron Windschrot beschloß nämlich, sobald er unabhängig geworden, sich das Landleben durch die Freuden der Geselligkeit zu versüßen und in seinem Hause den Grundsatz unbedingter Gastlichkeit einzuführen. Aber, weiß der Himmel, wie es kam, die nächsten Gutsnachbarn, solide Leute von Ehre und Reputation, zeigten sich alle insgesammt als höchst sauertöpfische Gesellen, und von der Gastlichkeit des Hauses Windschrot machten nur eine Horde curioser Bursche, die sich weither zusammenfanden, Gebrauch: alte Fuchsjäger, die all ihr Pulver verschossen hatten und unverschämt lügen konnten; außer Dienst gekommene Hofcavaliere, welche den alten Spruch: ora et labora, mit: „spiele und fluche“ übersetzten — ein cassirter Husarenrittmeister, der beachtenswerthe Kenntniß in der natürlichen Magie besaß, und ein alter ruinirter Krautjunker, der sich seinen Lebensabend durch außerordentliche Thätigkeit im Ausstopfen aller möglichen Arten von Eulen und Habichten versüßte — das waren die Stammgäste des Barons, der einen theuern Eidschwur darauf ablegte, daß es unmöglich sei, eine Tafelrunde von ergötzlicheren alten Narren zusammenzubringen. Herr von Windschrot lebte mehrere Jahre lang mit seinen heiteren Freunden in Fülle und Freudigkeit,

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T11:53:40Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T11:53:40Z)

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Zitationshilfe: Schücking, Levin: Die Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 169–291. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schuecking_schwester_1910/23>, abgerufen am 03.12.2024.