Schücking, Levin: Die Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 169–291. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.zu werfen, um Holz- und Wildfrevel zu verhüten. Wenn Ihnen dies jedoch unangenehm -- Ach so -- das ändert die Sache -- weßhalb sagtest du mir das nicht, Leonore? Leonore antwortete nicht. Sie sah mit einem feuchten Blicke voller Dankbarkeit den Förster an. Ich bin Ihnen verbunden für die Mühe, der Sie sich unterziehen, Herr Förster, fuhr Joseph fort. Es wird mir angenehm sein, wenn Sie mich bald besuchen wollen. Der Förster verbeugte sich und ging. Als Leonore mit ihrem Bruder ins Haus zurückgekehrt war, zupfte Gertrude sie am Aermel. Der komische Mensch ist wieder da gewesen, sagte die Zofe, und hat eine Menge Wildpret abgeliefert. Die Haushälterin des Pfarrers behauptet, es sei der alte Bertram, des Försters von Wallscheidt Jagdgehülfe. Diesmal hatte eine solche Nachricht für Leonoren nichts Unangenehmes und Demüthigendes mehr, wie das erste Mal. Der Stolz in ihr, der sich des Bewußtseins, Jemandem dankbar sein zu müssen, hätte erwehren mögen, war nun einmal von Philibert soeben für immer überwunden; Leonore fühlte sich dem jungen Manne so tief verpflichtet, daß es ihr jetzt nur eine Genugthuung sein konnte, wenn er die Pflicht der Dankbarkeit immer größer machte. Jede Wohlthat war eine Rechtfertigung ihres Gefühls mehr; und da sie doch einmal gesehen, wie vollständig er das Ge- zu werfen, um Holz- und Wildfrevel zu verhüten. Wenn Ihnen dies jedoch unangenehm — Ach so — das ändert die Sache — weßhalb sagtest du mir das nicht, Leonore? Leonore antwortete nicht. Sie sah mit einem feuchten Blicke voller Dankbarkeit den Förster an. Ich bin Ihnen verbunden für die Mühe, der Sie sich unterziehen, Herr Förster, fuhr Joseph fort. Es wird mir angenehm sein, wenn Sie mich bald besuchen wollen. Der Förster verbeugte sich und ging. Als Leonore mit ihrem Bruder ins Haus zurückgekehrt war, zupfte Gertrude sie am Aermel. Der komische Mensch ist wieder da gewesen, sagte die Zofe, und hat eine Menge Wildpret abgeliefert. Die Haushälterin des Pfarrers behauptet, es sei der alte Bertram, des Försters von Wallscheidt Jagdgehülfe. Diesmal hatte eine solche Nachricht für Leonoren nichts Unangenehmes und Demüthigendes mehr, wie das erste Mal. Der Stolz in ihr, der sich des Bewußtseins, Jemandem dankbar sein zu müssen, hätte erwehren mögen, war nun einmal von Philibert soeben für immer überwunden; Leonore fühlte sich dem jungen Manne so tief verpflichtet, daß es ihr jetzt nur eine Genugthuung sein konnte, wenn er die Pflicht der Dankbarkeit immer größer machte. Jede Wohlthat war eine Rechtfertigung ihres Gefühls mehr; und da sie doch einmal gesehen, wie vollständig er das Ge- <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="5"> <p><pb facs="#f0063"/> zu werfen, um Holz- und Wildfrevel zu verhüten. Wenn Ihnen dies jedoch unangenehm —</p><lb/> <p>Ach so — das ändert die Sache — weßhalb sagtest du mir das nicht, Leonore?</p><lb/> <p>Leonore antwortete nicht. Sie sah mit einem feuchten Blicke voller Dankbarkeit den Förster an.</p><lb/> <p>Ich bin Ihnen verbunden für die Mühe, der Sie sich unterziehen, Herr Förster, fuhr Joseph fort. Es wird mir angenehm sein, wenn Sie mich bald besuchen wollen.</p><lb/> <p>Der Förster verbeugte sich und ging.</p><lb/> <p>Als Leonore mit ihrem Bruder ins Haus zurückgekehrt war, zupfte Gertrude sie am Aermel.</p><lb/> <p>Der komische Mensch ist wieder da gewesen, sagte die Zofe, und hat eine Menge Wildpret abgeliefert. Die Haushälterin des Pfarrers behauptet, es sei der alte Bertram, des Försters von Wallscheidt Jagdgehülfe.</p><lb/> <p>Diesmal hatte eine solche Nachricht für Leonoren nichts Unangenehmes und Demüthigendes mehr, wie das erste Mal. Der Stolz in ihr, der sich des Bewußtseins, Jemandem dankbar sein zu müssen, hätte erwehren mögen, war nun einmal von Philibert soeben für immer überwunden; Leonore fühlte sich dem jungen Manne so tief verpflichtet, daß es ihr jetzt nur eine Genugthuung sein konnte, wenn er die Pflicht der Dankbarkeit immer größer machte. Jede Wohlthat war eine Rechtfertigung ihres Gefühls mehr; und da sie doch einmal gesehen, wie vollständig er das Ge-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0063]
zu werfen, um Holz- und Wildfrevel zu verhüten. Wenn Ihnen dies jedoch unangenehm —
Ach so — das ändert die Sache — weßhalb sagtest du mir das nicht, Leonore?
Leonore antwortete nicht. Sie sah mit einem feuchten Blicke voller Dankbarkeit den Förster an.
Ich bin Ihnen verbunden für die Mühe, der Sie sich unterziehen, Herr Förster, fuhr Joseph fort. Es wird mir angenehm sein, wenn Sie mich bald besuchen wollen.
Der Förster verbeugte sich und ging.
Als Leonore mit ihrem Bruder ins Haus zurückgekehrt war, zupfte Gertrude sie am Aermel.
Der komische Mensch ist wieder da gewesen, sagte die Zofe, und hat eine Menge Wildpret abgeliefert. Die Haushälterin des Pfarrers behauptet, es sei der alte Bertram, des Försters von Wallscheidt Jagdgehülfe.
Diesmal hatte eine solche Nachricht für Leonoren nichts Unangenehmes und Demüthigendes mehr, wie das erste Mal. Der Stolz in ihr, der sich des Bewußtseins, Jemandem dankbar sein zu müssen, hätte erwehren mögen, war nun einmal von Philibert soeben für immer überwunden; Leonore fühlte sich dem jungen Manne so tief verpflichtet, daß es ihr jetzt nur eine Genugthuung sein konnte, wenn er die Pflicht der Dankbarkeit immer größer machte. Jede Wohlthat war eine Rechtfertigung ihres Gefühls mehr; und da sie doch einmal gesehen, wie vollständig er das Ge-
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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-16T11:53:40Z)
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Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
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