Etwas Neues aufzubringen, ist über- haupt sehr schwer, ist, wenn man es ge- nau nach dem Worte nimmt, unmöglich. Die Elemente der natürlichen und morali- schen Dinge, die wir mit unsern Augen se- hen, sind einfach und bekannt; und was im Ganzen neu scheint, ist alt, wenn man es in seine Bestandtheile zerlegt. Jm Grun- de gelten uns auch bekannte Dinge, die man von neuem und auf eine neue Art an- sieht, auffaßt, mischt und vorträgt, und die, in dieser Gestalt, eine andere Wirkung thun, oder einen andern Ausfall geben, als bisher, gewöhnlich schon für neu. Dieses Neue, oder vielmehr dieses Andere, können wir immer noch an einem Gegen- stande finden, den Tausende vor uns an- gesehen und beschrieben haben. Der eigen- thümliche Geist des Schriftstellers, der den Bindestoff zu dieser neuen Mischung her-
Etwas Neues aufzubringen, iſt uͤber- haupt ſehr ſchwer, iſt, wenn man es ge- nau nach dem Worte nimmt, unmoͤglich. Die Elemente der natuͤrlichen und morali- ſchen Dinge, die wir mit unſern Augen ſe- hen, ſind einfach und bekannt; und was im Ganzen neu ſcheint, iſt alt, wenn man es in ſeine Beſtandtheile zerlegt. Jm Grun- de gelten uns auch bekannte Dinge, die man von neuem und auf eine neue Art an- ſieht, auffaßt, miſcht und vortraͤgt, und die, in dieſer Geſtalt, eine andere Wirkung thun, oder einen andern Ausfall geben, als bisher, gewoͤhnlich ſchon fuͤr neu. Dieſes Neue, oder vielmehr dieſes Andere, koͤnnen wir immer noch an einem Gegen- ſtande finden, den Tauſende vor uns an- geſehen und beſchrieben haben. Der eigen- thuͤmliche Geiſt des Schriftſtellers, der den Bindeſtoff zu dieſer neuen Miſchung her-
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Etwas Neues aufzubringen, iſt uͤber-
haupt ſehr ſchwer, iſt, wenn man es ge-
nau nach dem Worte nimmt, unmoͤglich.
Die Elemente der natuͤrlichen und morali-
ſchen Dinge, die wir mit unſern Augen ſe-
hen, ſind einfach und bekannt; und was
im Ganzen neu ſcheint, iſt alt, wenn man
es in ſeine Beſtandtheile zerlegt. Jm Grun-
de gelten uns auch bekannte Dinge, die
man von neuem und auf eine neue Art an-
ſieht, auffaßt, miſcht und vortraͤgt, und
die, in dieſer Geſtalt, eine andere Wirkung
thun, oder einen andern Ausfall geben,
als bisher, gewoͤhnlich ſchon fuͤr neu.
Dieſes Neue, oder vielmehr dieſes Andere,
koͤnnen wir immer noch an einem Gegen-
ſtande finden, den Tauſende vor uns an-
geſehen und beſchrieben haben. Der eigen-
thuͤmliche Geiſt des Schriftſtellers, der den
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Neue Reise durch Italien" ist auch erschiene… [mehr]
Die "Neue Reise durch Italien" ist auch erschienen als 7. Heft der "Reise eines Livländers von Riga nach Warschau, durch Südpreußen, über Breslau [...] nach Bozen in Tyrol".
Schulz, Friedrich: Neue Reise durch Italien. Bd. 1, H. 1. Berlin, 1797, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_italien_1797/14>, abgerufen am 21.11.2024.
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