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Schulz, Friedrich: Neue Reise durch Italien. Bd. 1, H. 1. Berlin, 1797.

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seine Erfindung kalt blieb; da aber diese Ei-
telkeit, so auffallend stark sie auch bey dem
gemeinen Mann in Jtalien ist, doch der
Habsucht untergeordnet bleibt, so ärgerte ihn
der Umstand besonders, daß ich nicht wenig-
stens drey Arietten angehört, weil er dann
drey Arietten -- bezahlt bekommen hätte.
Hier schloß er von seinen Landsleuten auf
mich. Wenn kein Jtaliener etwas umsonst
erhält, so giebt er auch nie etwas für nichts.
Je mehr er Dienste verlangt, je mehr er an-
nimmt, desto mehr, weiß er schon, muß er
bezahlen; aber er giebt keinen Soldo aus
Großmuth, so wie seine Landsleute keinen
Finger für ihn aus Großmuth ausstrecken.
Wir Deutschen stehen gegen einander noch
nicht in dieser kargen Abrechnung. Wir geben
noch oft für Nichts Geschenke, und für wirk-
liche Dienste, Nichts. Jch war Willens,
meinem Thürmer seine einzige Ariette so gut
zu bezahlen, als ob er mir zehn gespielt hätte,
weil ich glaubte, ihm ein Pflaster auf seine

ſeine Erfindung kalt blieb; da aber dieſe Ei-
telkeit, ſo auffallend ſtark ſie auch bey dem
gemeinen Mann in Jtalien iſt, doch der
Habſucht untergeordnet bleibt, ſo aͤrgerte ihn
der Umſtand beſonders, daß ich nicht wenig-
ſtens drey Arietten angehoͤrt, weil er dann
drey Arietten — bezahlt bekommen haͤtte.
Hier ſchloß er von ſeinen Landsleuten auf
mich. Wenn kein Jtaliener etwas umſonſt
erhaͤlt, ſo giebt er auch nie etwas fuͤr nichts.
Je mehr er Dienſte verlangt, je mehr er an-
nimmt, deſto mehr, weiß er ſchon, muß er
bezahlen; aber er giebt keinen Soldo aus
Großmuth, ſo wie ſeine Landsleute keinen
Finger fuͤr ihn aus Großmuth ausſtrecken.
Wir Deutſchen ſtehen gegen einander noch
nicht in dieſer kargen Abrechnung. Wir geben
noch oft fuͤr Nichts Geſchenke, und fuͤr wirk-
liche Dienſte, Nichts. Jch war Willens,
meinem Thuͤrmer ſeine einzige Ariette ſo gut
zu bezahlen, als ob er mir zehn geſpielt haͤtte,
weil ich glaubte, ihm ein Pflaſter auf ſeine

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[248/0256] ſeine Erfindung kalt blieb; da aber dieſe Ei- telkeit, ſo auffallend ſtark ſie auch bey dem gemeinen Mann in Jtalien iſt, doch der Habſucht untergeordnet bleibt, ſo aͤrgerte ihn der Umſtand beſonders, daß ich nicht wenig- ſtens drey Arietten angehoͤrt, weil er dann drey Arietten — bezahlt bekommen haͤtte. Hier ſchloß er von ſeinen Landsleuten auf mich. Wenn kein Jtaliener etwas umſonſt erhaͤlt, ſo giebt er auch nie etwas fuͤr nichts. Je mehr er Dienſte verlangt, je mehr er an- nimmt, deſto mehr, weiß er ſchon, muß er bezahlen; aber er giebt keinen Soldo aus Großmuth, ſo wie ſeine Landsleute keinen Finger fuͤr ihn aus Großmuth ausſtrecken. Wir Deutſchen ſtehen gegen einander noch nicht in dieſer kargen Abrechnung. Wir geben noch oft fuͤr Nichts Geſchenke, und fuͤr wirk- liche Dienſte, Nichts. Jch war Willens, meinem Thuͤrmer ſeine einzige Ariette ſo gut zu bezahlen, als ob er mir zehn geſpielt haͤtte, weil ich glaubte, ihm ein Pflaſter auf ſeine

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Neue Reise durch Italien. Bd. 1, H. 1. Berlin, 1797, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_italien_1797/256>, abgerufen am 21.11.2024.