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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795.

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ohne alle unnütze Verzierung. Die Empor-
kirchen ruhen auf Säulen von guten Verhält-
nissen. Unten sind die Stühle amphitheatra-
lisch angebracht, so daß sie drey Theile des
Cirkels einnehmen und an beyden Seiten da
aufhören, wo der Altar den vierten Theil aus-
füllt. Ueber diesem befindet sich die Kanzel
und über dieser die Orgel. Diese drey Stücke
sind die einzigen in der Kirche, die eine mäßi-
ge Verzierung an Gold und Farben haben.
Die Wände sind weiß, die Stühle grau. Jn
den Nischen, oberhalb dem Amphitheater der
Sitze, sind drey oder vier besondere Betstüb-
chen für -- Vornehmere (in der Kirche!)
angebracht; sonst sitzt der Rest der Gemeine
jedes Standes und Alters unter einander ge-
mischt, in den untern Stühlen. Zum Lobe des
Baumeisters darf ich nicht vergessen, den Um-
stand anzuführen, daß einige alte, strenge Chri-
sten, als die Kirche fertig war, sie tadelten,
mürrisch den Kopf schüttelten und meynten:
das sey ein Theater, aber keine Kirche.

ohne alle unnuͤtze Verzierung. Die Empor-
kirchen ruhen auf Saͤulen von guten Verhaͤlt-
niſſen. Unten ſind die Stuͤhle amphitheatra-
liſch angebracht, ſo daß ſie drey Theile des
Cirkels einnehmen und an beyden Seiten da
aufhoͤren, wo der Altar den vierten Theil aus-
fuͤllt. Ueber dieſem befindet ſich die Kanzel
und uͤber dieſer die Orgel. Dieſe drey Stuͤcke
ſind die einzigen in der Kirche, die eine maͤßi-
ge Verzierung an Gold und Farben haben.
Die Waͤnde ſind weiß, die Stuͤhle grau. Jn
den Niſchen, oberhalb dem Amphitheater der
Sitze, ſind drey oder vier beſondere Betſtuͤb-
chen fuͤr — Vornehmere (in der Kirche!)
angebracht; ſonſt ſitzt der Reſt der Gemeine
jedes Standes und Alters unter einander ge-
miſcht, in den untern Stuͤhlen. Zum Lobe des
Baumeiſters darf ich nicht vergeſſen, den Um-
ſtand anzufuͤhren, daß einige alte, ſtrenge Chri-
ſten, als die Kirche fertig war, ſie tadelten,
muͤrriſch den Kopf ſchuͤttelten und meynten:
das ſey ein Theater, aber keine Kirche.

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[112/0130] ohne alle unnuͤtze Verzierung. Die Empor- kirchen ruhen auf Saͤulen von guten Verhaͤlt- niſſen. Unten ſind die Stuͤhle amphitheatra- liſch angebracht, ſo daß ſie drey Theile des Cirkels einnehmen und an beyden Seiten da aufhoͤren, wo der Altar den vierten Theil aus- fuͤllt. Ueber dieſem befindet ſich die Kanzel und uͤber dieſer die Orgel. Dieſe drey Stuͤcke ſind die einzigen in der Kirche, die eine maͤßi- ge Verzierung an Gold und Farben haben. Die Waͤnde ſind weiß, die Stuͤhle grau. Jn den Niſchen, oberhalb dem Amphitheater der Sitze, ſind drey oder vier beſondere Betſtuͤb- chen fuͤr — Vornehmere (in der Kirche!) angebracht; ſonſt ſitzt der Reſt der Gemeine jedes Standes und Alters unter einander ge- miſcht, in den untern Stuͤhlen. Zum Lobe des Baumeiſters darf ich nicht vergeſſen, den Um- ſtand anzufuͤhren, daß einige alte, ſtrenge Chri- ſten, als die Kirche fertig war, ſie tadelten, muͤrriſch den Kopf ſchuͤttelten und meynten: das ſey ein Theater, aber keine Kirche.

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0101_1795/130>, abgerufen am 04.12.2024.