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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795.

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so weiten Anfuhr angeschlagen, kömmt es ihm
kaum so hoch, als es in den verschließfähigen
Provinzen gewöhnlich zu stehen kömmt, ehe
sie sich durch ungemessene Ausfuhr entblößt
haben. Er bestimmt also nach Gutdünken den
Preis, und man muß es ihm noch danken,
daß er überhaupt Getreide angeschaft hat.
Oft genug müssen selbst leichtsinnige oder be-
dürftige Güterbesitzer ihr Saatkorn von diesen
Leuten kaufen.

Die Aernte der Bäcker *) und anderer Ge-
werbe, die Getreide verarbeiten, z. B. die
Bierbrauer und Brandweinbrenner, ist die
Theurung. Unter dem Vorwande derselben
entgehen sie der strengern Aufsicht der Poli-
zey und dem Mißvergnügen der Einwohner;
und ungestraft machen sie das Brot noch
schlechter, als es nöthig wäre, um das ihrige
daran zu gewinnen; oft sogar geben sie das
Brot noch klein, wenn schon kein Mangel an
Getreide mehr ist. Allerdings haben die Bäcker

*) Vergl. Berl. Mon. Schr. J. c. S. 596.

ſo weiten Anfuhr angeſchlagen, koͤmmt es ihm
kaum ſo hoch, als es in den verſchließfaͤhigen
Provinzen gewoͤhnlich zu ſtehen koͤmmt, ehe
ſie ſich durch ungemeſſene Ausfuhr entbloͤßt
haben. Er beſtimmt alſo nach Gutduͤnken den
Preis, und man muß es ihm noch danken,
daß er uͤberhaupt Getreide angeſchaft hat.
Oft genug muͤſſen ſelbſt leichtſinnige oder be-
duͤrftige Guͤterbeſitzer ihr Saatkorn von dieſen
Leuten kaufen.

Die Aernte der Baͤcker *) und anderer Ge-
werbe, die Getreide verarbeiten, z. B. die
Bierbrauer und Brandweinbrenner, iſt die
Theurung. Unter dem Vorwande derſelben
entgehen ſie der ſtrengern Aufſicht der Poli-
zey und dem Mißvergnuͤgen der Einwohner;
und ungeſtraft machen ſie das Brot noch
ſchlechter, als es noͤthig waͤre, um das ihrige
daran zu gewinnen; oft ſogar geben ſie das
Brot noch klein, wenn ſchon kein Mangel an
Getreide mehr iſt. Allerdings haben die Baͤcker

*) Vergl. Berl. Mon. Schr. J. c. S. 596.
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[137/0155] ſo weiten Anfuhr angeſchlagen, koͤmmt es ihm kaum ſo hoch, als es in den verſchließfaͤhigen Provinzen gewoͤhnlich zu ſtehen koͤmmt, ehe ſie ſich durch ungemeſſene Ausfuhr entbloͤßt haben. Er beſtimmt alſo nach Gutduͤnken den Preis, und man muß es ihm noch danken, daß er uͤberhaupt Getreide angeſchaft hat. Oft genug muͤſſen ſelbſt leichtſinnige oder be- duͤrftige Guͤterbeſitzer ihr Saatkorn von dieſen Leuten kaufen. Die Aernte der Baͤcker *) und anderer Ge- werbe, die Getreide verarbeiten, z. B. die Bierbrauer und Brandweinbrenner, iſt die Theurung. Unter dem Vorwande derſelben entgehen ſie der ſtrengern Aufſicht der Poli- zey und dem Mißvergnuͤgen der Einwohner; und ungeſtraft machen ſie das Brot noch ſchlechter, als es noͤthig waͤre, um das ihrige daran zu gewinnen; oft ſogar geben ſie das Brot noch klein, wenn ſchon kein Mangel an Getreide mehr iſt. Allerdings haben die Baͤcker *) Vergl. Berl. Mon. Schr. J. c. S. 596.

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0101_1795/155>, abgerufen am 21.11.2024.