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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795.

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für heute zu verabreden und andre Dinge mit
ihr abzuthun haben; oder sie findet auf einem
Seitentisch ein artiges Briefchen von einem
alten Liebhaber, und ein paar Sendschreiben
von zwey neuen, die seit gestern Abend an ih-
rem Triumphwagen ziehen und ein Verzeich-
niß ihrer Gefühle und Wünsche mittheilen;
oder sie springt eiligst aus dem Bette, schlüpft
in einen reißenden Morgenanzug, bindet ein
blendend weißes indisches Tuch um den Kopf,
so daß kaum mehr als das blitzende Auge zu
sehen ist, um eine Bestellung im Sächsischen
Garten nicht zu verfehlen; oder die Thür des
Schlafkabinets öffnet sich leise, und der Be-
günstigte tritt auf den Zehen herein, setzt sich
auf das Bett, ihr zu -- Füßen, und erwar-
tet, daß die Schläferin erwache, die, zum Un-
glück, gerade in dem Augenblick, wo er her-
eintrat, erst recht tief eingeschlafen ist; oder
sie schellet um ihr Frühstück, und befiehlt, die
Leute herein zu lassen, die im Vorzimmer sind,
worauf denn Kaufleute aller Art, von beyden

J 2

fuͤr heute zu verabreden und andre Dinge mit
ihr abzuthun haben; oder ſie findet auf einem
Seitentiſch ein artiges Briefchen von einem
alten Liebhaber, und ein paar Sendſchreiben
von zwey neuen, die ſeit geſtern Abend an ih-
rem Triumphwagen ziehen und ein Verzeich-
niß ihrer Gefuͤhle und Wuͤnſche mittheilen;
oder ſie ſpringt eiligſt aus dem Bette, ſchluͤpft
in einen reißenden Morgenanzug, bindet ein
blendend weißes indiſches Tuch um den Kopf,
ſo daß kaum mehr als das blitzende Auge zu
ſehen iſt, um eine Beſtellung im Saͤchſiſchen
Garten nicht zu verfehlen; oder die Thuͤr des
Schlafkabinets oͤffnet ſich leiſe, und der Be-
guͤnſtigte tritt auf den Zehen herein, ſetzt ſich
auf das Bett, ihr zu — Fuͤßen, und erwar-
tet, daß die Schlaͤferin erwache, die, zum Un-
gluͤck, gerade in dem Augenblick, wo er her-
eintrat, erſt recht tief eingeſchlafen iſt; oder
ſie ſchellet um ihr Fruͤhſtuͤck, und befiehlt, die
Leute herein zu laſſen, die im Vorzimmer ſind,
worauf denn Kaufleute aller Art, von beyden

J 2
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[131/0141] fuͤr heute zu verabreden und andre Dinge mit ihr abzuthun haben; oder ſie findet auf einem Seitentiſch ein artiges Briefchen von einem alten Liebhaber, und ein paar Sendſchreiben von zwey neuen, die ſeit geſtern Abend an ih- rem Triumphwagen ziehen und ein Verzeich- niß ihrer Gefuͤhle und Wuͤnſche mittheilen; oder ſie ſpringt eiligſt aus dem Bette, ſchluͤpft in einen reißenden Morgenanzug, bindet ein blendend weißes indiſches Tuch um den Kopf, ſo daß kaum mehr als das blitzende Auge zu ſehen iſt, um eine Beſtellung im Saͤchſiſchen Garten nicht zu verfehlen; oder die Thuͤr des Schlafkabinets oͤffnet ſich leiſe, und der Be- guͤnſtigte tritt auf den Zehen herein, ſetzt ſich auf das Bett, ihr zu — Fuͤßen, und erwar- tet, daß die Schlaͤferin erwache, die, zum Un- gluͤck, gerade in dem Augenblick, wo er her- eintrat, erſt recht tief eingeſchlafen iſt; oder ſie ſchellet um ihr Fruͤhſtuͤck, und befiehlt, die Leute herein zu laſſen, die im Vorzimmer ſind, worauf denn Kaufleute aller Art, von beyden J 2

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0102_1795/141>, abgerufen am 20.05.2024.