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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795.

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Oder sie speis't auch zu Hause auf ihrem
Zimmer; oder sie giebt auch ein großes Mit-
tagsessen. Jm letztern Falle schießen die Wa-
gen in ihren Pallast herein, wie der ihrige in
andre hineinzuschießen pflegt; die Fenster des
großen Saales und der große Balkon sind of-
fen, und vor demselben stehen bunte Gruppen
von Herren und Damen, und bilden eine glän-
zende und reitzende Gallerie, die in den Au-
genblick durch den Jnhalt des neuangekomme-
nen Wagens vermehrt wird.

Während dieß alles in den Wohnungen
des Herrn und der Frau vorgegangen ist, sind
die Kinder nicht müßig gewesen. Jn den Zim-
mern der Tochter waren Sprach- Tanz- Kla-
vier- und Zeichenmeister beschäftigt, oder wur-
den auch sämmtlich weggeschickt, weil die Prin-
zessin heute Kopfweh, oder auch nur zum
Sticken Luft hatte; aus den Zimmern der
Söhne erschollen schneidende Geigen- oder zi-
schende Flötentöne, vermengt mit dem Geklirr
der Rappiere, oder dem Gescharre der Polo-

Oder ſie ſpeiſ't auch zu Hauſe auf ihrem
Zimmer; oder ſie giebt auch ein großes Mit-
tagseſſen. Jm letztern Falle ſchießen die Wa-
gen in ihren Pallaſt herein, wie der ihrige in
andre hineinzuſchießen pflegt; die Fenſter des
großen Saales und der große Balkon ſind of-
fen, und vor demſelben ſtehen bunte Gruppen
von Herren und Damen, und bilden eine glaͤn-
zende und reitzende Gallerie, die in den Au-
genblick durch den Jnhalt des neuangekomme-
nen Wagens vermehrt wird.

Waͤhrend dieß alles in den Wohnungen
des Herrn und der Frau vorgegangen iſt, ſind
die Kinder nicht muͤßig geweſen. Jn den Zim-
mern der Tochter waren Sprach- Tanz- Kla-
vier- und Zeichenmeiſter beſchaͤftigt, oder wur-
den auch ſaͤmmtlich weggeſchickt, weil die Prin-
zeſſin heute Kopfweh, oder auch nur zum
Sticken Luft hatte; aus den Zimmern der
Soͤhne erſchollen ſchneidende Geigen- oder zi-
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[134/0144] Oder ſie ſpeiſ't auch zu Hauſe auf ihrem Zimmer; oder ſie giebt auch ein großes Mit- tagseſſen. Jm letztern Falle ſchießen die Wa- gen in ihren Pallaſt herein, wie der ihrige in andre hineinzuſchießen pflegt; die Fenſter des großen Saales und der große Balkon ſind of- fen, und vor demſelben ſtehen bunte Gruppen von Herren und Damen, und bilden eine glaͤn- zende und reitzende Gallerie, die in den Au- genblick durch den Jnhalt des neuangekomme- nen Wagens vermehrt wird. Waͤhrend dieß alles in den Wohnungen des Herrn und der Frau vorgegangen iſt, ſind die Kinder nicht muͤßig geweſen. Jn den Zim- mern der Tochter waren Sprach- Tanz- Kla- vier- und Zeichenmeiſter beſchaͤftigt, oder wur- den auch ſaͤmmtlich weggeſchickt, weil die Prin- zeſſin heute Kopfweh, oder auch nur zum Sticken Luft hatte; aus den Zimmern der Soͤhne erſchollen ſchneidende Geigen- oder zi- ſchende Floͤtentoͤne, vermengt mit dem Geklirr der Rappiere, oder dem Geſcharre der Polo-

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0102_1795/144>, abgerufen am 20.05.2024.