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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

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so verringert dieß ihre Theilnahme noch mehr,
und höchstens kann sie eine reichliche Abgabe
von dem, was die Partey, Vaterland genant,
durch die Erreichung ihrer Absichten zu gewin-
nen gedenkt, etwas mehr in Thätigkeit setzen.
Doch auch in diesem Falle quälen sie sich we-
der mit Nachdenken noch mit Arbeiten, weil
ihre Stimme am Reichstage hinlänglich ist,
um das durchsetzen zu helfen, was die Partey-
führer wollen; und sie überlassen es diesen, die
Vorbereitungen dazu, die Geist und Arbeit
erfordern, selbst zu treffen, oder durch unter-
geordnete Handlanger treffen zu lassen.

Nimmt man alle diese Umstände zusam-
men, so wird es erklärlich, wie die Weiber in
Polen solch einen siegenden Einfluß auf die
Geschäfte haben können. Gründlichkeit, Kennt-
nisse, Arbeitsamkeit sind überall nicht die vor-
züglichsten Gaben des andern Geschlechts, und
sind es am wenigsten bey dem hiesigen; aber
sie bedürfen auch deren, bey dem einmal ein-
geführten Geschäftsgange, so wenig, daß sie

ihren

ſo verringert dieß ihre Theilnahme noch mehr,
und hoͤchſtenſ kann ſie eine reichliche Abgabe
von dem, waſ die Partey, Vaterland genant,
durch die Erreichung ihrer Abſichten zu gewin-
nen gedenkt, etwaſ mehr in Thaͤtigkeit ſetzen.
Doch auch in dieſem Falle quaͤlen ſie ſich we-
der mit Nachdenken noch mit Arbeiten, weil
ihre Stimme am Reichſtage hinlaͤnglich iſt,
um daſ durchſetzen zu helfen, waſ die Partey-
fuͤhrer wollen; und ſie uͤberlaſſen eſ dieſen, die
Vorbereitungen dazu, die Geiſt und Arbeit
erfordern, ſelbſt zu treffen, oder durch unter-
geordnete Handlanger treffen zu laſſen.

Nimmt man alle dieſe Umſtaͤnde zuſam-
men, ſo wird eſ erklaͤrlich, wie die Weiber in
Polen ſolch einen ſiegenden Einfluß auf die
Geſchaͤfte haben koͤnnen. Gruͤndlichkeit, Kennt-
niſſe, Arbeitſamkeit ſind uͤberall nicht die vor-
zuͤglichſten Gaben deſ andern Geſchlechtſ, und
ſind eſ am wenigſten bey dem hieſigen; aber
ſie beduͤrfen auch deren, bey dem einmal ein-
gefuͤhrten Geſchaͤftſgange, ſo wenig, daß ſie

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[160/0170] ſo verringert dieß ihre Theilnahme noch mehr, und hoͤchſtenſ kann ſie eine reichliche Abgabe von dem, waſ die Partey, Vaterland genant, durch die Erreichung ihrer Abſichten zu gewin- nen gedenkt, etwaſ mehr in Thaͤtigkeit ſetzen. Doch auch in dieſem Falle quaͤlen ſie ſich we- der mit Nachdenken noch mit Arbeiten, weil ihre Stimme am Reichſtage hinlaͤnglich iſt, um daſ durchſetzen zu helfen, waſ die Partey- fuͤhrer wollen; und ſie uͤberlaſſen eſ dieſen, die Vorbereitungen dazu, die Geiſt und Arbeit erfordern, ſelbſt zu treffen, oder durch unter- geordnete Handlanger treffen zu laſſen. Nimmt man alle dieſe Umſtaͤnde zuſam- men, ſo wird eſ erklaͤrlich, wie die Weiber in Polen ſolch einen ſiegenden Einfluß auf die Geſchaͤfte haben koͤnnen. Gruͤndlichkeit, Kennt- niſſe, Arbeitſamkeit ſind uͤberall nicht die vor- zuͤglichſten Gaben deſ andern Geſchlechtſ, und ſind eſ am wenigſten bey dem hieſigen; aber ſie beduͤrfen auch deren, bey dem einmal ein- gefuͤhrten Geſchaͤftſgange, ſo wenig, daß ſie ihren

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/170>, abgerufen am 24.11.2024.