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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

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Konstitution den 3ten May 1792, an welchem
man diese, für beyde sehr beleidigende, gemei-
ne Hetze gab, auf welcher nicht einmal ein
elender dürrer Wolf zerrissen wurde. Jn Wien
feyert man solche Tage ganz anders, erzählte
uns der junge Mann mit Feuer: dort hatte
er an einem Annentage gesehen, daß zehn
Hunde einen eilften zerrissen; daß die Löwin
einen, rund herum mit Katzen behängten, Esel
auf Einen Schlag mit der Tatze das Kreutz
zerbrochen, so daß Hinter- und Vordertheil,
nur noch mittelst der Haut zusammenhangend,
einander entgegengefallen wären; daß der Raub-
bär ein Böckchen aus heiler Haut, trotz
Schwärmern und Granaten, weggegessen; und
daß wenigstens ein paar Dutzend Stier- und
Bären-Ohren im Amphitheater, wie gesäet,
herum gelegen hätten. -- Wir hörten seiner
Erzählung mit möglichster Theilnehmung zu,
und unsre Bewunderung der Wiener Hetze fiel
als tiefe Verachtung auf die Warschauer zu-
rück. B. R. W.

Konſtitution den 3ten May 1792, an welchem
man dieſe, fuͤr beyde ſehr beleidigende, gemei-
ne Hetze gab, auf welcher nicht einmal ein
elender duͤrrer Wolf zerriſſen wurde. Jn Wien
feyert man ſolche Tage ganz anders, erzaͤhlte
uns der junge Mann mit Feuer: dort hatte
er an einem Annentage geſehen, daß zehn
Hunde einen eilften zerriſſen; daß die Loͤwin
einen, rund herum mit Katzen behaͤngten, Eſel
auf Einen Schlag mit der Tatze das Kreutz
zerbrochen, ſo daß Hinter- und Vordertheil,
nur noch mittelſt der Haut zuſammenhangend,
einander entgegengefallen waͤren; daß der Raub-
baͤr ein Boͤckchen aus heiler Haut, trotz
Schwaͤrmern und Granaten, weggegeſſen; und
daß wenigſtens ein paar Dutzend Stier- und
Baͤren-Ohren im Amphitheater, wie geſaͤet,
herum gelegen haͤtten. — Wir hoͤrten ſeiner
Erzaͤhlung mit moͤglichſter Theilnehmung zu,
und unſre Bewunderung der Wiener Hetze fiel
als tiefe Verachtung auf die Warſchauer zu-
ruͤck. B. R. W.

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[37/0047] Konſtitution den 3ten May 1792, an welchem man dieſe, fuͤr beyde ſehr beleidigende, gemei- ne Hetze gab, auf welcher nicht einmal ein elender duͤrrer Wolf zerriſſen wurde. Jn Wien feyert man ſolche Tage ganz anders, erzaͤhlte uns der junge Mann mit Feuer: dort hatte er an einem Annentage geſehen, daß zehn Hunde einen eilften zerriſſen; daß die Loͤwin einen, rund herum mit Katzen behaͤngten, Eſel auf Einen Schlag mit der Tatze das Kreutz zerbrochen, ſo daß Hinter- und Vordertheil, nur noch mittelſt der Haut zuſammenhangend, einander entgegengefallen waͤren; daß der Raub- baͤr ein Boͤckchen aus heiler Haut, trotz Schwaͤrmern und Granaten, weggegeſſen; und daß wenigſtens ein paar Dutzend Stier- und Baͤren-Ohren im Amphitheater, wie geſaͤet, herum gelegen haͤtten. — Wir hoͤrten ſeiner Erzaͤhlung mit moͤglichſter Theilnehmung zu, und unſre Bewunderung der Wiener Hetze fiel als tiefe Verachtung auf die Warſchauer zu- ruͤck. B. R. W.

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/47>, abgerufen am 23.11.2024.