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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

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sichern Auskommens für sie beyde. Durch ih-
ren Einfluß auf den jungen Mann brachte sie
es so weit, daß er das gewonnene Kapital
auf Zinsen anlegte und seine häusliche Ein-
richtung so traf, daß er mit dem Ertrage der-
selben auskam, nicht mehr spielte und mit ihr,
zwar einsam, aber sehr glücklich lebte und noch
lebt. Als kluges und reizendes Mädchen ver-
stand sie die Kunst, ihn zu fesseln, und ihn
sich, trotz allen Nachstellungen, zu erhalten;
denn (man wird es kaum glauben, aber es
ist nur zu wahr und ein sehr beschreibender
Zug für die Grundsätze vieler Weiber aus der
hiesigen großen Welt) denn manches schöne
Weib suchte, aus bloßem Kitzel der Eigen-
liebe, ihn zu erobern, damit die Jtalienerin
nicht den Ruhm behalten sollte, einen jungen,
wohlgebildeten und angenehmen Mann dem
gesellschaftlichen Verkehr entzogen zu haben.
Auf der andern Seite setzte man junge Män-
ner in Bewegung, das Mädchen ungetreu zu
machen, aber diesen gelang ihr Plan eben so

ſichern Auskommens fuͤr ſie beyde. Durch ih-
ren Einfluß auf den jungen Mann brachte ſie
es ſo weit, daß er das gewonnene Kapital
auf Zinſen anlegte und ſeine haͤusliche Ein-
richtung ſo traf, daß er mit dem Ertrage der-
ſelben auskam, nicht mehr ſpielte und mit ihr,
zwar einſam, aber ſehr gluͤcklich lebte und noch
lebt. Als kluges und reizendes Maͤdchen ver-
ſtand ſie die Kunſt, ihn zu feſſeln, und ihn
ſich, trotz allen Nachſtellungen, zu erhalten;
denn (man wird es kaum glauben, aber es
iſt nur zu wahr und ein ſehr beſchreibender
Zug fuͤr die Grundſaͤtze vieler Weiber aus der
hieſigen großen Welt) denn manches ſchoͤne
Weib ſuchte, aus bloßem Kitzel der Eigen-
liebe, ihn zu erobern, damit die Jtalienerin
nicht den Ruhm behalten ſollte, einen jungen,
wohlgebildeten und angenehmen Mann dem
geſellſchaftlichen Verkehr entzogen zu haben.
Auf der andern Seite ſetzte man junge Maͤn-
ner in Bewegung, das Maͤdchen ungetreu zu
machen, aber dieſen gelang ihr Plan eben ſo

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[55/0065] ſichern Auskommens fuͤr ſie beyde. Durch ih- ren Einfluß auf den jungen Mann brachte ſie es ſo weit, daß er das gewonnene Kapital auf Zinſen anlegte und ſeine haͤusliche Ein- richtung ſo traf, daß er mit dem Ertrage der- ſelben auskam, nicht mehr ſpielte und mit ihr, zwar einſam, aber ſehr gluͤcklich lebte und noch lebt. Als kluges und reizendes Maͤdchen ver- ſtand ſie die Kunſt, ihn zu feſſeln, und ihn ſich, trotz allen Nachſtellungen, zu erhalten; denn (man wird es kaum glauben, aber es iſt nur zu wahr und ein ſehr beſchreibender Zug fuͤr die Grundſaͤtze vieler Weiber aus der hieſigen großen Welt) denn manches ſchoͤne Weib ſuchte, aus bloßem Kitzel der Eigen- liebe, ihn zu erobern, damit die Jtalienerin nicht den Ruhm behalten ſollte, einen jungen, wohlgebildeten und angenehmen Mann dem geſellſchaftlichen Verkehr entzogen zu haben. Auf der andern Seite ſetzte man junge Maͤn- ner in Bewegung, das Maͤdchen ungetreu zu machen, aber dieſen gelang ihr Plan eben ſo

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/65>, abgerufen am 21.11.2024.