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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

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gen sollte? Man drang sehr ernsthaft auf
die Nationaltracht und füllte eine ganze Reichs-
tagssitzung, unter großem Geräusch, damit
aus. Der Primas, als Zwischenkönig, verlor
endlich die Geduld, und erklärte, man würde
sich vor ganz Europa lächerlich machen, wenn
man diese gehaltlose Frage noch länger behan-
delte. -- "Mit nichten!" rief ein Reichsbo-
te von Podolien: "Man erlaube mir, die
großen Vortheile darzuthun, welche die weise,
von unsern Vätern gebilligte und aufrecht er-
haltene Tracht mit sich führt! Die Geschich-
te aller Zeiten lehrt uns, daß die Gebräuche
und die Kleidung des Auslandes zugleich dessen
Verderbniß und Sittenlosigkeit mitbrachten.
Die Summen, die man für prächtige Kleider
in fremde Länder schickt, sind ungeheuer, die
reichsten unsrer Landsleute erschöpfen sich da-
durch, und was haben sie dafür? Eine Tracht,
die den Wuchs des schönsten Mannes entstellt!
Wir machen Schulden, um diese Thorheit zu
befriedigen, und bringen uns überall um un-

sern

gen ſollte? Man drang ſehr ernſthaft auf
die Nationaltracht und fuͤllte eine ganze Reichs-
tagsſitzung, unter großem Geraͤuſch, damit
aus. Der Primas, als Zwiſchenkoͤnig, verlor
endlich die Geduld, und erklaͤrte, man wuͤrde
ſich vor ganz Europa laͤcherlich machen, wenn
man dieſe gehaltloſe Frage noch laͤnger behan-
delte. — „Mit nichten!“ rief ein Reichsbo-
te von Podolien: „Man erlaube mir, die
großen Vortheile darzuthun, welche die weiſe,
von unſern Vaͤtern gebilligte und aufrecht er-
haltene Tracht mit ſich fuͤhrt! Die Geſchich-
te aller Zeiten lehrt uns, daß die Gebraͤuche
und die Kleidung des Auslandes zugleich deſſen
Verderbniß und Sittenloſigkeit mitbrachten.
Die Summen, die man fuͤr praͤchtige Kleider
in fremde Laͤnder ſchickt, ſind ungeheuer, die
reichſten unſrer Landsleute erſchoͤpfen ſich da-
durch, und was haben ſie dafuͤr? Eine Tracht,
die den Wuchs des ſchoͤnſten Mannes entſtellt!
Wir machen Schulden, um dieſe Thorheit zu
befriedigen, und bringen uns uͤberall um un-

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[144/0154] gen ſollte? Man drang ſehr ernſthaft auf die Nationaltracht und fuͤllte eine ganze Reichs- tagsſitzung, unter großem Geraͤuſch, damit aus. Der Primas, als Zwiſchenkoͤnig, verlor endlich die Geduld, und erklaͤrte, man wuͤrde ſich vor ganz Europa laͤcherlich machen, wenn man dieſe gehaltloſe Frage noch laͤnger behan- delte. — „Mit nichten!“ rief ein Reichsbo- te von Podolien: „Man erlaube mir, die großen Vortheile darzuthun, welche die weiſe, von unſern Vaͤtern gebilligte und aufrecht er- haltene Tracht mit ſich fuͤhrt! Die Geſchich- te aller Zeiten lehrt uns, daß die Gebraͤuche und die Kleidung des Auslandes zugleich deſſen Verderbniß und Sittenloſigkeit mitbrachten. Die Summen, die man fuͤr praͤchtige Kleider in fremde Laͤnder ſchickt, ſind ungeheuer, die reichſten unſrer Landsleute erſchoͤpfen ſich da- durch, und was haben ſie dafuͤr? Eine Tracht, die den Wuchs des ſchoͤnſten Mannes entſtellt! Wir machen Schulden, um dieſe Thorheit zu befriedigen, und bringen uns uͤberall um un- ſern

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/154>, abgerufen am 09.11.2024.