So kam das Jahr 1788, in welchem der gewöhnliche Reichstag gehalten werden mußte, herzu und mit demselben die politische Ver- wickelung zwischen den vier Nachbarn Polens, zwischen Rußland, Preußen, Oesterreich und der Türkey. Nun ward es auf einmal kund, daß die alten Grundsätze, der alte Charakter der Polen eine unvermuthete Veränderung er- litten hatten. Seit dem Ausbruche des Krie- ges zwischen Rußland und der Türkey, waren an allen Enden Polens einzelne Stimmen laut worden, die sich über das bisherige Benehmen der Gränznachbarn Polens, besonders Ruß- lands, beklagten. Bey Berufung der Landta- ge verwandelten sich diese Klagen in heftige Bitterkeiten. Die meisten dieser Landtage hat- ten junge Feuerköpfe an ihrer Spitze, die ihre eben so jungen, aufbrausenden Mitdeputirten hinrissen, die ältern überstimmten, und die Vorschriften der gewählten Reichsboten mit Aufträgen füllten, die den jugendlichen Auf- wallungen entsprachen, welche sie in die Feder
So kam das Jahr 1788, in welchem der gewoͤhnliche Reichstag gehalten werden mußte, herzu und mit demſelben die politiſche Ver- wickelung zwiſchen den vier Nachbarn Polens, zwiſchen Rußland, Preußen, Oeſterreich und der Tuͤrkey. Nun ward es auf einmal kund, daß die alten Grundſaͤtze, der alte Charakter der Polen eine unvermuthete Veraͤnderung er- litten hatten. Seit dem Ausbruche des Krie- ges zwiſchen Rußland und der Tuͤrkey, waren an allen Enden Polens einzelne Stimmen laut worden, die ſich uͤber das bisherige Benehmen der Graͤnznachbarn Polens, beſonders Ruß- lands, beklagten. Bey Berufung der Landta- ge verwandelten ſich dieſe Klagen in heftige Bitterkeiten. Die meiſten dieſer Landtage hat- ten junge Feuerkoͤpfe an ihrer Spitze, die ihre eben ſo jungen, aufbrauſenden Mitdeputirten hinriſſen, die aͤltern uͤberſtimmten, und die Vorſchriften der gewaͤhlten Reichsboten mit Auftraͤgen fuͤllten, die den jugendlichen Auf- wallungen entſprachen, welche ſie in die Feder
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0168"n="158"/><p>So kam das Jahr 1788, in welchem der<lb/>
gewoͤhnliche Reichstag gehalten werden mußte,<lb/>
herzu und mit demſelben die politiſche Ver-<lb/>
wickelung zwiſchen den vier Nachbarn Polens,<lb/>
zwiſchen Rußland, Preußen, Oeſterreich und<lb/>
der Tuͤrkey. Nun ward es auf einmal kund,<lb/>
daß die alten Grundſaͤtze, der alte Charakter<lb/>
der Polen eine unvermuthete Veraͤnderung er-<lb/>
litten hatten. Seit dem Ausbruche des Krie-<lb/>
ges zwiſchen Rußland und der Tuͤrkey, waren<lb/>
an allen Enden Polens einzelne Stimmen laut<lb/>
worden, die ſich uͤber das bisherige Benehmen<lb/>
der Graͤnznachbarn Polens, beſonders Ruß-<lb/>
lands, beklagten. Bey Berufung der Landta-<lb/>
ge verwandelten ſich dieſe Klagen in heftige<lb/>
Bitterkeiten. Die meiſten dieſer Landtage hat-<lb/>
ten junge Feuerkoͤpfe an ihrer Spitze, die ihre<lb/>
eben ſo jungen, aufbrauſenden Mitdeputirten<lb/>
hinriſſen, die aͤltern uͤberſtimmten, und die<lb/>
Vorſchriften der gewaͤhlten Reichsboten mit<lb/>
Auftraͤgen fuͤllten, die den jugendlichen Auf-<lb/>
wallungen entſprachen, welche ſie in die Feder<lb/></p></div></body></text></TEI>
[158/0168]
So kam das Jahr 1788, in welchem der
gewoͤhnliche Reichstag gehalten werden mußte,
herzu und mit demſelben die politiſche Ver-
wickelung zwiſchen den vier Nachbarn Polens,
zwiſchen Rußland, Preußen, Oeſterreich und
der Tuͤrkey. Nun ward es auf einmal kund,
daß die alten Grundſaͤtze, der alte Charakter
der Polen eine unvermuthete Veraͤnderung er-
litten hatten. Seit dem Ausbruche des Krie-
ges zwiſchen Rußland und der Tuͤrkey, waren
an allen Enden Polens einzelne Stimmen laut
worden, die ſich uͤber das bisherige Benehmen
der Graͤnznachbarn Polens, beſonders Ruß-
lands, beklagten. Bey Berufung der Landta-
ge verwandelten ſich dieſe Klagen in heftige
Bitterkeiten. Die meiſten dieſer Landtage hat-
ten junge Feuerkoͤpfe an ihrer Spitze, die ihre
eben ſo jungen, aufbrauſenden Mitdeputirten
hinriſſen, die aͤltern uͤberſtimmten, und die
Vorſchriften der gewaͤhlten Reichsboten mit
Auftraͤgen fuͤllten, die den jugendlichen Auf-
wallungen entſprachen, welche ſie in die Feder
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/168>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.