Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

Blättchens Papier, auf welchem er die Haupt-
punkte derselben verzeichnete. Die Worte, die
dieß Gerippe beseelten, strömten ihm von selbst
zu. Jm geselligen Leben floß er, so lange der
Wein sich seiner nicht ganz bemächtigt hatte,
von Witz und Geist über. Man sieht, daß er,
unter diesen Umständen, ein sehr brauchbarer
Mann für die Patrioten war. Außer dem
Einfluß, den er durch seine Würde als Reichs-
tagsmarschall, durch seine Stelle als General
der Artillerie, durch seine Geburt, durch sein
Vermögen (das freylich sehr zerrüttet war,
aber durch Schuldscheine vertreten wurde)
durch die Liebe und das Vertrauen, das er
unter den Lithauern besaß, nutzten sie an ihm
noch den liebenswürdigen Gesellschafter, den
witzigen Kopf und den galanten Mann, um
ihren Grundsätzen bey dem Publikum mehr
Umlauf und Eingang zu verschaffen. Wichti-
ge Dinge aber waren sie vorsichtig genug, ihm
zu verbergen, damit sie ihm nicht etwa, wenn
er sich in irgend einem Zustande der Zerstreu-

Blaͤttchens Papier, auf welchem er die Haupt-
punkte derſelben verzeichnete. Die Worte, die
dieß Gerippe beſeelten, ſtroͤmten ihm von ſelbſt
zu. Jm geſelligen Leben floß er, ſo lange der
Wein ſich ſeiner nicht ganz bemaͤchtigt hatte,
von Witz und Geiſt uͤber. Man ſieht, daß er,
unter dieſen Umſtaͤnden, ein ſehr brauchbarer
Mann fuͤr die Patrioten war. Außer dem
Einfluß, den er durch ſeine Wuͤrde als Reichs-
tagsmarſchall, durch ſeine Stelle als General
der Artillerie, durch ſeine Geburt, durch ſein
Vermoͤgen (das freylich ſehr zerruͤttet war,
aber durch Schuldſcheine vertreten wurde)
durch die Liebe und das Vertrauen, das er
unter den Lithauern beſaß, nutzten ſie an ihm
noch den liebenswuͤrdigen Geſellſchafter, den
witzigen Kopf und den galanten Mann, um
ihren Grundſaͤtzen bey dem Publikum mehr
Umlauf und Eingang zu verſchaffen. Wichti-
ge Dinge aber waren ſie vorſichtig genug, ihm
zu verbergen, damit ſie ihm nicht etwa, wenn
er ſich in irgend einem Zuſtande der Zerſtreu-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0193" n="183"/>
Bla&#x0364;ttchens Papier, auf welchem er die Haupt-<lb/>
punkte der&#x017F;elben verzeichnete. Die Worte, die<lb/>
dieß Gerippe be&#x017F;eelten, &#x017F;tro&#x0364;mten ihm von &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
zu. Jm ge&#x017F;elligen Leben floß er, &#x017F;o lange der<lb/>
Wein &#x017F;ich &#x017F;einer nicht ganz bema&#x0364;chtigt hatte,<lb/>
von Witz und Gei&#x017F;t u&#x0364;ber. Man &#x017F;ieht, daß er,<lb/>
unter die&#x017F;en Um&#x017F;ta&#x0364;nden, ein &#x017F;ehr brauchbarer<lb/>
Mann fu&#x0364;r die Patrioten war. Außer dem<lb/>
Einfluß, den er durch &#x017F;eine Wu&#x0364;rde als Reichs-<lb/>
tagsmar&#x017F;chall, durch &#x017F;eine Stelle als General<lb/>
der Artillerie, durch &#x017F;eine Geburt, durch &#x017F;ein<lb/>
Vermo&#x0364;gen (das freylich &#x017F;ehr zerru&#x0364;ttet war,<lb/>
aber durch Schuld&#x017F;cheine vertreten wurde)<lb/>
durch die Liebe und das Vertrauen, das er<lb/>
unter den Lithauern be&#x017F;aß, nutzten &#x017F;ie an ihm<lb/>
noch den liebenswu&#x0364;rdigen Ge&#x017F;ell&#x017F;chafter, den<lb/>
witzigen Kopf und den galanten Mann, um<lb/>
ihren Grund&#x017F;a&#x0364;tzen bey dem Publikum mehr<lb/>
Umlauf und Eingang zu ver&#x017F;chaffen. Wichti-<lb/>
ge Dinge aber waren &#x017F;ie vor&#x017F;ichtig genug, ihm<lb/>
zu verbergen, damit &#x017F;ie ihm nicht etwa, wenn<lb/>
er &#x017F;ich in irgend einem Zu&#x017F;tande der Zer&#x017F;treu-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[183/0193] Blaͤttchens Papier, auf welchem er die Haupt- punkte derſelben verzeichnete. Die Worte, die dieß Gerippe beſeelten, ſtroͤmten ihm von ſelbſt zu. Jm geſelligen Leben floß er, ſo lange der Wein ſich ſeiner nicht ganz bemaͤchtigt hatte, von Witz und Geiſt uͤber. Man ſieht, daß er, unter dieſen Umſtaͤnden, ein ſehr brauchbarer Mann fuͤr die Patrioten war. Außer dem Einfluß, den er durch ſeine Wuͤrde als Reichs- tagsmarſchall, durch ſeine Stelle als General der Artillerie, durch ſeine Geburt, durch ſein Vermoͤgen (das freylich ſehr zerruͤttet war, aber durch Schuldſcheine vertreten wurde) durch die Liebe und das Vertrauen, das er unter den Lithauern beſaß, nutzten ſie an ihm noch den liebenswuͤrdigen Geſellſchafter, den witzigen Kopf und den galanten Mann, um ihren Grundſaͤtzen bey dem Publikum mehr Umlauf und Eingang zu verſchaffen. Wichti- ge Dinge aber waren ſie vorſichtig genug, ihm zu verbergen, damit ſie ihm nicht etwa, wenn er ſich in irgend einem Zuſtande der Zerſtreu-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/193
Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/193>, abgerufen am 22.12.2024.