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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

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ein langer Mann trat hinein, der gar keinen
polnischen Schnitt hatte, wie es ein großer
dreyeckiger Hut und ein gerader, langer Sä-
bel, der ein paar ungeheure Stulpenstiefeln
klopfte, sehr deutlich auswiesen. Jch folgte
ihm, trat in eine schwarze Stube, und sah
dort mehrere preußische Dragoner um eine
dampfende Lampe her sitzen und in der Karte
spielen. Jch fragte: ob kein Stallknecht,
kein Postknecht hier sey? Die Spieler hörten
mich nicht, und der erwähnte lange Mensch,
der wohl eigentlich als Schildwache draußen
hätte stehen sollen, stellte sich patzig vor mich
und sagte: "Ey was Hausknecht und
Postknecht, was soll das Krobzeug
hier? die Stube wird kalt
." -- Und
so drückte er mir die Thür vor der Nase zu.
Mir geschah ganz recht! Warum suchte ich
auch polnische Post- und Hausknechte unter
preußischen Dragonern. Zum Glück war un-
terdeß mein entwichener Postknecht mit einer
Leuchte angekommen und nun brachte er mich

ein langer Mann trat hinein, der gar keinen
polniſchen Schnitt hatte, wie es ein großer
dreyeckiger Hut und ein gerader, langer Saͤ-
bel, der ein paar ungeheure Stulpenſtiefeln
klopfte, ſehr deutlich auswieſen. Jch folgte
ihm, trat in eine ſchwarze Stube, und ſah
dort mehrere preußiſche Dragoner um eine
dampfende Lampe her ſitzen und in der Karte
ſpielen. Jch fragte: ob kein Stallknecht,
kein Poſtknecht hier ſey? Die Spieler hoͤrten
mich nicht, und der erwaͤhnte lange Menſch,
der wohl eigentlich als Schildwache draußen
haͤtte ſtehen ſollen, ſtellte ſich patzig vor mich
und ſagte: „Ey was Hausknecht und
Poſtknecht, was ſoll das Krobzeug
hier? die Stube wird kalt
.“ — Und
ſo druͤckte er mir die Thuͤr vor der Naſe zu.
Mir geſchah ganz recht! Warum ſuchte ich
auch polniſche Poſt- und Hausknechte unter
preußiſchen Dragonern. Zum Gluͤck war un-
terdeß mein entwichener Poſtknecht mit einer
Leuchte angekommen und nun brachte er mich

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[205/0215] ein langer Mann trat hinein, der gar keinen polniſchen Schnitt hatte, wie es ein großer dreyeckiger Hut und ein gerader, langer Saͤ- bel, der ein paar ungeheure Stulpenſtiefeln klopfte, ſehr deutlich auswieſen. Jch folgte ihm, trat in eine ſchwarze Stube, und ſah dort mehrere preußiſche Dragoner um eine dampfende Lampe her ſitzen und in der Karte ſpielen. Jch fragte: ob kein Stallknecht, kein Poſtknecht hier ſey? Die Spieler hoͤrten mich nicht, und der erwaͤhnte lange Menſch, der wohl eigentlich als Schildwache draußen haͤtte ſtehen ſollen, ſtellte ſich patzig vor mich und ſagte: „Ey was Hausknecht und Poſtknecht, was ſoll das Krobzeug hier? die Stube wird kalt.“ — Und ſo druͤckte er mir die Thuͤr vor der Naſe zu. Mir geſchah ganz recht! Warum ſuchte ich auch polniſche Poſt- und Hausknechte unter preußiſchen Dragonern. Zum Gluͤck war un- terdeß mein entwichener Poſtknecht mit einer Leuchte angekommen und nun brachte er mich

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/215>, abgerufen am 22.12.2024.