Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

ne und Töchter findet, die ihre Sprach- Tanz-
Musik- und Zeichenmeister haben, oft auch,
statt alles Vermögens und aller Aussteuer,
nichts mit bekommen, als die auf diesem Wege
erworbenen angenehmen Kenntnisse. Da diese
in den Mittelklassen in Polen überhaupt noch
ziemlich selten sind, so bedürfen sehr oft Per-
sonen beyderley Geschlechts nichts weiter, um
vortheilhafte Heirathen zu machen. Aus die-
sem Grunde wenden oft Eltern, was sie er-
übrigen können, zu diesem Behufe auf.

Die Polen von der Mittelklasse, wenn man
den geringern Edelmann, den Advokaten und
Dikasterianten dahin rechnet, lesen wenig oder
gar nicht, oder höchstens Französisch; und
dann sind es auch nur ihre Kinder oder Wei-
ber, welche die Pfaffische Lesebibliothek benuz-
zen. Die Polen der erstern Klasse bedürfen
ihrer gar nicht, weil sie theils über die Bücher
hinaus sind, die sie ihnen anbietet, theils weil
sie selbst kleinere und größere Handbibliothe-
ken besitzen, die sie jährlich mit den neuesten

ne und Toͤchter findet, die ihre Sprach- Tanz-
Muſik- und Zeichenmeiſter haben, oft auch,
ſtatt alles Vermoͤgens und aller Ausſteuer,
nichts mit bekommen, als die auf dieſem Wege
erworbenen angenehmen Kenntniſſe. Da dieſe
in den Mittelklaſſen in Polen uͤberhaupt noch
ziemlich ſelten ſind, ſo beduͤrfen ſehr oft Per-
ſonen beyderley Geſchlechts nichts weiter, um
vortheilhafte Heirathen zu machen. Aus die-
ſem Grunde wenden oft Eltern, was ſie er-
uͤbrigen koͤnnen, zu dieſem Behufe auf.

Die Polen von der Mittelklaſſe, wenn man
den geringern Edelmann, den Advokaten und
Dikaſterianten dahin rechnet, leſen wenig oder
gar nicht, oder hoͤchſtens Franzoͤſiſch; und
dann ſind es auch nur ihre Kinder oder Wei-
ber, welche die Pfaffiſche Leſebibliothek benuz-
zen. Die Polen der erſtern Klaſſe beduͤrfen
ihrer gar nicht, weil ſie theils uͤber die Buͤcher
hinaus ſind, die ſie ihnen anbietet, theils weil
ſie ſelbſt kleinere und groͤßere Handbibliothe-
ken beſitzen, die ſie jaͤhrlich mit den neueſten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0050" n="40"/>
ne und To&#x0364;chter findet, die ihre Sprach- Tanz-<lb/>
Mu&#x017F;ik- und Zeichenmei&#x017F;ter haben, oft auch,<lb/>
&#x017F;tatt alles Vermo&#x0364;gens und aller Aus&#x017F;teuer,<lb/>
nichts mit bekommen, als die auf die&#x017F;em Wege<lb/>
erworbenen angenehmen Kenntni&#x017F;&#x017F;e. Da die&#x017F;e<lb/>
in den Mittelkla&#x017F;&#x017F;en in Polen u&#x0364;berhaupt noch<lb/>
ziemlich &#x017F;elten &#x017F;ind, &#x017F;o bedu&#x0364;rfen &#x017F;ehr oft Per-<lb/>
&#x017F;onen beyderley Ge&#x017F;chlechts nichts weiter, um<lb/>
vortheilhafte Heirathen zu machen. Aus die-<lb/>
&#x017F;em Grunde wenden oft Eltern, was &#x017F;ie er-<lb/>
u&#x0364;brigen ko&#x0364;nnen, zu die&#x017F;em Behufe auf.</p><lb/>
        <p>Die Polen von der Mittelkla&#x017F;&#x017F;e, wenn man<lb/>
den geringern Edelmann, den Advokaten und<lb/>
Dika&#x017F;terianten dahin rechnet, le&#x017F;en wenig oder<lb/>
gar nicht, oder ho&#x0364;ch&#x017F;tens Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;ch; und<lb/>
dann &#x017F;ind es auch nur ihre Kinder oder Wei-<lb/>
ber, welche die Pfaffi&#x017F;che Le&#x017F;ebibliothek benuz-<lb/>
zen. Die Polen der er&#x017F;tern Kla&#x017F;&#x017F;e bedu&#x0364;rfen<lb/>
ihrer gar nicht, weil &#x017F;ie theils u&#x0364;ber die Bu&#x0364;cher<lb/>
hinaus &#x017F;ind, die &#x017F;ie ihnen anbietet, theils weil<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t kleinere und gro&#x0364;ßere Handbibliothe-<lb/>
ken be&#x017F;itzen, die &#x017F;ie ja&#x0364;hrlich mit den neue&#x017F;ten<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[40/0050] ne und Toͤchter findet, die ihre Sprach- Tanz- Muſik- und Zeichenmeiſter haben, oft auch, ſtatt alles Vermoͤgens und aller Ausſteuer, nichts mit bekommen, als die auf dieſem Wege erworbenen angenehmen Kenntniſſe. Da dieſe in den Mittelklaſſen in Polen uͤberhaupt noch ziemlich ſelten ſind, ſo beduͤrfen ſehr oft Per- ſonen beyderley Geſchlechts nichts weiter, um vortheilhafte Heirathen zu machen. Aus die- ſem Grunde wenden oft Eltern, was ſie er- uͤbrigen koͤnnen, zu dieſem Behufe auf. Die Polen von der Mittelklaſſe, wenn man den geringern Edelmann, den Advokaten und Dikaſterianten dahin rechnet, leſen wenig oder gar nicht, oder hoͤchſtens Franzoͤſiſch; und dann ſind es auch nur ihre Kinder oder Wei- ber, welche die Pfaffiſche Leſebibliothek benuz- zen. Die Polen der erſtern Klaſſe beduͤrfen ihrer gar nicht, weil ſie theils uͤber die Buͤcher hinaus ſind, die ſie ihnen anbietet, theils weil ſie ſelbſt kleinere und groͤßere Handbibliothe- ken beſitzen, die ſie jaͤhrlich mit den neueſten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/50
Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/50>, abgerufen am 22.12.2024.