Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

schaft, Freundschaft, Politik, Ehrfurcht, Dank-
barkeit, Galanterie, Liebe, -- nur eheliche
Treue und Anhänglichkeit sehr -- selten. Ue-
berdieß herrschte gerade damals unter den Wei-
bern der großen Welt die Mode, über dem
Herzen ein Bildniß zu tragen; da es aber
gegen die Decenz gewesen wäre, eben das Bild,
das man darin trug, auch darauf zu tragen,
so wählte man besonders Freundinnen, oder
politisch- ausgezeichnete Männer, am häufig-
sten aber das Bild des Königs dazu, der über-
haupt damals von dem Publikum angebetet
wurde, und dessen Bildniß, tausendmal ver-
vielfältigt, in jeder Größe, in jeder Güte, in
jeder Art zu malen, zu Warschau verfertigt
und in alle Theile von Polen versandt wurde.

Uebrigens hat der König erst vor einigen
Jahren eine Zeichnungsschule errichtet und ein
geräumiges Gebäude auf der neuen Welt da-
zu hergegeben. Es sind zwey geschickte Lehrer
dabey angestellt. Sie ist freylich erst im Wer-
den, aber einige polnische Schüler gaben

ſchaft, Freundſchaft, Politik, Ehrfurcht, Dank-
barkeit, Galanterie, Liebe, — nur eheliche
Treue und Anhaͤnglichkeit ſehr — ſelten. Ue-
berdieß herrſchte gerade damals unter den Wei-
bern der großen Welt die Mode, uͤber dem
Herzen ein Bildniß zu tragen; da es aber
gegen die Decenz geweſen waͤre, eben das Bild,
das man darin trug, auch darauf zu tragen,
ſo waͤhlte man beſonders Freundinnen, oder
politiſch- ausgezeichnete Maͤnner, am haͤufig-
ſten aber das Bild des Koͤnigs dazu, der uͤber-
haupt damals von dem Publikum angebetet
wurde, und deſſen Bildniß, tauſendmal ver-
vielfaͤltigt, in jeder Groͤße, in jeder Guͤte, in
jeder Art zu malen, zu Warſchau verfertigt
und in alle Theile von Polen verſandt wurde.

Uebrigens hat der Koͤnig erſt vor einigen
Jahren eine Zeichnungsſchule errichtet und ein
geraͤumiges Gebaͤude auf der neuen Welt da-
zu hergegeben. Es ſind zwey geſchickte Lehrer
dabey angeſtellt. Sie iſt freylich erſt im Wer-
den, aber einige polniſche Schuͤler gaben

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0068" n="58"/>
&#x017F;chaft, Freund&#x017F;chaft, Politik, Ehrfurcht, Dank-<lb/>
barkeit, Galanterie, Liebe, &#x2014; nur eheliche<lb/>
Treue und Anha&#x0364;nglichkeit &#x017F;ehr &#x2014; &#x017F;elten. Ue-<lb/>
berdieß herr&#x017F;chte gerade damals unter den Wei-<lb/>
bern der großen Welt die Mode, u&#x0364;ber dem<lb/>
Herzen ein Bildniß zu tragen; da es aber<lb/>
gegen die Decenz gewe&#x017F;en wa&#x0364;re, eben das Bild,<lb/>
das man darin trug, auch darauf zu tragen,<lb/>
&#x017F;o wa&#x0364;hlte man be&#x017F;onders Freundinnen, oder<lb/>
politi&#x017F;ch- ausgezeichnete Ma&#x0364;nner, am ha&#x0364;ufig-<lb/>
&#x017F;ten aber das Bild des Ko&#x0364;nigs dazu, der u&#x0364;ber-<lb/>
haupt damals von dem Publikum angebetet<lb/>
wurde, und de&#x017F;&#x017F;en Bildniß, tau&#x017F;endmal ver-<lb/>
vielfa&#x0364;ltigt, in jeder Gro&#x0364;ße, in jeder Gu&#x0364;te, in<lb/>
jeder Art zu malen, zu War&#x017F;chau verfertigt<lb/>
und in alle Theile von Polen ver&#x017F;andt wurde.</p><lb/>
        <p>Uebrigens hat der Ko&#x0364;nig er&#x017F;t vor einigen<lb/>
Jahren eine Zeichnungs&#x017F;chule errichtet und ein<lb/>
gera&#x0364;umiges Geba&#x0364;ude auf der neuen Welt da-<lb/>
zu hergegeben. Es &#x017F;ind zwey ge&#x017F;chickte Lehrer<lb/>
dabey ange&#x017F;tellt. Sie i&#x017F;t freylich er&#x017F;t im Wer-<lb/>
den, aber einige <hi rendition="#g">polni&#x017F;che</hi> Schu&#x0364;ler gaben<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0068] ſchaft, Freundſchaft, Politik, Ehrfurcht, Dank- barkeit, Galanterie, Liebe, — nur eheliche Treue und Anhaͤnglichkeit ſehr — ſelten. Ue- berdieß herrſchte gerade damals unter den Wei- bern der großen Welt die Mode, uͤber dem Herzen ein Bildniß zu tragen; da es aber gegen die Decenz geweſen waͤre, eben das Bild, das man darin trug, auch darauf zu tragen, ſo waͤhlte man beſonders Freundinnen, oder politiſch- ausgezeichnete Maͤnner, am haͤufig- ſten aber das Bild des Koͤnigs dazu, der uͤber- haupt damals von dem Publikum angebetet wurde, und deſſen Bildniß, tauſendmal ver- vielfaͤltigt, in jeder Groͤße, in jeder Guͤte, in jeder Art zu malen, zu Warſchau verfertigt und in alle Theile von Polen verſandt wurde. Uebrigens hat der Koͤnig erſt vor einigen Jahren eine Zeichnungsſchule errichtet und ein geraͤumiges Gebaͤude auf der neuen Welt da- zu hergegeben. Es ſind zwey geſchickte Lehrer dabey angeſtellt. Sie iſt freylich erſt im Wer- den, aber einige polniſche Schuͤler gaben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/68
Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/68>, abgerufen am 09.11.2024.