Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

der letztern Stadt kleiden sich die ältern Hof-
bedienten, Hofbeamten, Sekretarien und an-
dere niedrige Mitglieder der Landeskollegien,
die sich durch eine sorgfältige, steife Frisur,
durch einen abgenutzten kurzen Degen, durch
verblaßte Kleider, kleine Schuhschnallen und
einen zergriffenen Platthuth unterscheiden.
Ihre Ehehälften erscheinen noch in sogenann-
ten "Karkassen," von "Schmelz" durch-
glänzt, in "Roberonden" und "Andrien-
nen
" von großgeblümten "Moire," mit
"Falbala" und breiten Besätzen verziert, und
mit schwarzen Sammtbändern um den dürren,
gelben Hals. Die jüngern Glieder dieser Gat-
tung beyderley Geschlechts fallen aber mehr in
den französischen Geschmack, wie er vor der
Staatsveränderung war, als in den neuesten
englischen. Die Tracht der höheren Stände
beyderley Geschlechts ist in München wie
überall.

Man kann die Zahl der Einwohner zwi-
schen 40 und 45,000 annehmen. Bey weitem

der letztern Stadt kleiden ſich die aͤltern Hof-
bedienten, Hofbeamten, Sekretarien und an-
dere niedrige Mitglieder der Landeskollegien,
die ſich durch eine ſorgfaͤltige, ſteife Friſur,
durch einen abgenutzten kurzen Degen, durch
verblaßte Kleider, kleine Schuhſchnallen und
einen zergriffenen Platthuth unterſcheiden.
Ihre Ehehaͤlften erſcheinen noch in ſogenann-
ten „Karkaſſen,“ von „Schmelz“ durch-
glaͤnzt, in „Roberonden“ und „Andrien-
nen
“ von großgebluͤmten „Moire,“ mit
Falbala“ und breiten Beſaͤtzen verziert, und
mit ſchwarzen Sammtbaͤndern um den duͤrren,
gelben Hals. Die juͤngern Glieder dieſer Gat-
tung beyderley Geſchlechts fallen aber mehr in
den franzoͤſiſchen Geſchmack, wie er vor der
Staatsveraͤnderung war, als in den neueſten
engliſchen. Die Tracht der hoͤheren Staͤnde
beyderley Geſchlechts iſt in Muͤnchen wie
uͤberall.

Man kann die Zahl der Einwohner zwi-
ſchen 40 und 45,000 annehmen. Bey weitem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <floatingText>
          <body>
            <div n="1">
              <p><pb facs="#f0244" n="236"/>
der letztern Stadt kleiden &#x017F;ich die a&#x0364;ltern Hof-<lb/>
bedienten, Hofbeamten, Sekretarien und an-<lb/>
dere niedrige Mitglieder der Landeskollegien,<lb/>
die &#x017F;ich durch eine &#x017F;orgfa&#x0364;ltige, &#x017F;teife Fri&#x017F;ur,<lb/>
durch einen abgenutzten kurzen Degen, durch<lb/>
verblaßte Kleider, kleine Schuh&#x017F;chnallen und<lb/>
einen zergriffenen Platthuth unter&#x017F;cheiden.<lb/>
Ihre Eheha&#x0364;lften er&#x017F;cheinen noch in &#x017F;ogenann-<lb/>
ten &#x201E;<hi rendition="#g">Karka&#x017F;&#x017F;en</hi>,&#x201C; von &#x201E;<hi rendition="#g">Schmelz</hi>&#x201C; durch-<lb/>
gla&#x0364;nzt, in &#x201E;<hi rendition="#g">Roberonden</hi>&#x201C; und &#x201E;<hi rendition="#g">Andrien-<lb/>
nen</hi>&#x201C; von großgeblu&#x0364;mten &#x201E;<hi rendition="#g">Moire</hi>,&#x201C; mit<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#g">Falbala</hi>&#x201C; und breiten Be&#x017F;a&#x0364;tzen verziert, und<lb/>
mit &#x017F;chwarzen Sammtba&#x0364;ndern um den du&#x0364;rren,<lb/>
gelben Hals. Die ju&#x0364;ngern Glieder die&#x017F;er Gat-<lb/>
tung beyderley Ge&#x017F;chlechts fallen aber mehr in<lb/>
den franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Ge&#x017F;chmack, wie er vor der<lb/>
Staatsvera&#x0364;nderung war, als in den neue&#x017F;ten<lb/>
engli&#x017F;chen. Die Tracht der ho&#x0364;heren Sta&#x0364;nde<lb/>
beyderley Ge&#x017F;chlechts i&#x017F;t in Mu&#x0364;nchen wie<lb/>
u&#x0364;berall.</p><lb/>
              <p>Man kann die Zahl der Einwohner zwi-<lb/>
&#x017F;chen 40 und 45,000 annehmen. Bey weitem<lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[236/0244] der letztern Stadt kleiden ſich die aͤltern Hof- bedienten, Hofbeamten, Sekretarien und an- dere niedrige Mitglieder der Landeskollegien, die ſich durch eine ſorgfaͤltige, ſteife Friſur, durch einen abgenutzten kurzen Degen, durch verblaßte Kleider, kleine Schuhſchnallen und einen zergriffenen Platthuth unterſcheiden. Ihre Ehehaͤlften erſcheinen noch in ſogenann- ten „Karkaſſen,“ von „Schmelz“ durch- glaͤnzt, in „Roberonden“ und „Andrien- nen“ von großgebluͤmten „Moire,“ mit „Falbala“ und breiten Beſaͤtzen verziert, und mit ſchwarzen Sammtbaͤndern um den duͤrren, gelben Hals. Die juͤngern Glieder dieſer Gat- tung beyderley Geſchlechts fallen aber mehr in den franzoͤſiſchen Geſchmack, wie er vor der Staatsveraͤnderung war, als in den neueſten engliſchen. Die Tracht der hoͤheren Staͤnde beyderley Geſchlechts iſt in Muͤnchen wie uͤberall. Man kann die Zahl der Einwohner zwi- ſchen 40 und 45,000 annehmen. Bey weitem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/244
Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/244>, abgerufen am 23.11.2024.