befriedigt die Eßlust. Leute von geringern Klassen erscheinen auf den Straßen in ewigem Käuen. Es ist kein Spatziergang, in dessen Nähe nicht Erfrischungen in Fülle verkauft würden. Unter der großen Galerie im Hof- garten sind Kaffeehäuser, wo man alles haben kann, sitzen Weiber an Weiber, die ganze Körbe mit Leckereyen feil bieten. Unter den Lauben am großen Platze findet man beständig Ananas, Melonen, Orangen, und andre Gat- tungen des schönsten Obstes, in großen Hau- fen aufgethürmt. Weinkränze prangen auf allen Straßen; vor den Thoren ist Bierhaus an Bierhaus, und die nächstgelegenen Gärten und Dörfer wimmeln an schönen Tagen von den Einwohnern der Stadt, die sich in Wein, oder Bier, oder Meth, bei Musik und Tanz, eine Güte thun. Alle diese Oerter findet man um so öfterer besetzt, da in München der Tage so viele sind, an welchen man sich für die Mühe des Betens Vormittags, am Nachmit- tage erholen zu müssen glaubt. Bei schlechtem
Fünftes Heft. Q
befriedigt die Eßluſt. Leute von geringern Klaſſen erſcheinen auf den Straßen in ewigem Kaͤuen. Es iſt kein Spatziergang, in deſſen Naͤhe nicht Erfriſchungen in Fuͤlle verkauft wuͤrden. Unter der großen Galerie im Hof- garten ſind Kaffeehaͤuſer, wo man alles haben kann, ſitzen Weiber an Weiber, die ganze Koͤrbe mit Leckereyen feil bieten. Unter den Lauben am großen Platze findet man beſtaͤndig Ananas, Melonen, Orangen, und andre Gat- tungen des ſchoͤnſten Obſtes, in großen Hau- fen aufgethuͤrmt. Weinkraͤnze prangen auf allen Straßen; vor den Thoren iſt Bierhaus an Bierhaus, und die naͤchſtgelegenen Gaͤrten und Doͤrfer wimmeln an ſchoͤnen Tagen von den Einwohnern der Stadt, die ſich in Wein, oder Bier, oder Meth, bei Muſik und Tanz, eine Guͤte thun. Alle dieſe Oerter findet man um ſo oͤfterer beſetzt, da in Muͤnchen der Tage ſo viele ſind, an welchen man ſich fuͤr die Muͤhe des Betens Vormittags, am Nachmit- tage erholen zu muͤſſen glaubt. Bei ſchlechtem
Fuͤnftes Heft. Q
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befriedigt die Eßluſt. Leute von geringern
Klaſſen erſcheinen auf den Straßen in ewigem
Kaͤuen. Es iſt kein Spatziergang, in deſſen
Naͤhe nicht Erfriſchungen in Fuͤlle verkauft
wuͤrden. Unter der großen Galerie im Hof-
garten ſind Kaffeehaͤuſer, wo man alles haben
kann, ſitzen Weiber an Weiber, die ganze
Koͤrbe mit Leckereyen feil bieten. Unter den
Lauben am großen Platze findet man beſtaͤndig
Ananas, Melonen, Orangen, und andre Gat-
tungen des ſchoͤnſten Obſtes, in großen Hau-
fen aufgethuͤrmt. Weinkraͤnze prangen auf
allen Straßen; vor den Thoren iſt Bierhaus
an Bierhaus, und die naͤchſtgelegenen Gaͤrten
und Doͤrfer wimmeln an ſchoͤnen Tagen von
den Einwohnern der Stadt, die ſich in Wein,
oder Bier, oder Meth, bei Muſik und Tanz,
eine Guͤte thun. Alle dieſe Oerter findet man
um ſo oͤfterer beſetzt, da in Muͤnchen der Tage
ſo viele ſind, an welchen man ſich fuͤr die
Muͤhe des Betens Vormittags, am Nachmit-
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/249>, abgerufen am 22.11.2024.
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