Von einer kleinen Anhöhe herab gelangte ich, auf einem schmalen Wege, durch einige grünende Niederungen und frische Wäldchen, zwischen denen eine Meyerey mit ihren länd- lichen Gebäuden hervorsah; und bestieg dann wiederum eine andere Anhöhe, die dicht mit schattigten Bäumen besetzt war und eine höchst anmuthige Aussicht in das am Fuße des Ber- ges ausgebreitete Thal darbot. Die unterge- hende Sonne durchglühte mit einzelnen Strah- len das dunkle Grün der Bäume, eine Ge- sellschaft von Personen beyderley Geschlechts hatte um einen Tisch Platz genommen und überließ sich einer lauten Heiterkeit; eine Harfe und ein paar Geigen gaben aus der Ferne ei- nige Mozart'sche Weisen an; und die Kellner aus dem nahgelegenen Marketender- Schlößchen trugen so angenehm duftende Schüsseln, und einige so hochglühende Wein- flaschen hin und wieder, daß ich mich nicht enthalten konnte, zu thun, wozu sie mich ein- zuladen schienen: nämlich, nach meiner heuti-
Von einer kleinen Anhoͤhe herab gelangte ich, auf einem ſchmalen Wege, durch einige gruͤnende Niederungen und friſche Waͤldchen, zwiſchen denen eine Meyerey mit ihren laͤnd- lichen Gebaͤuden hervorſah; und beſtieg dann wiederum eine andere Anhoͤhe, die dicht mit ſchattigten Baͤumen beſetzt war und eine hoͤchſt anmuthige Ausſicht in das am Fuße des Ber- ges ausgebreitete Thal darbot. Die unterge- hende Sonne durchgluͤhte mit einzelnen Strah- len das dunkle Gruͤn der Baͤume, eine Ge- ſellſchaft von Perſonen beyderley Geſchlechts hatte um einen Tiſch Platz genommen und uͤberließ ſich einer lauten Heiterkeit; eine Harfe und ein paar Geigen gaben aus der Ferne ei- nige Mozart'ſche Weiſen an; und die Kellner aus dem nahgelegenen Marketender- Schloͤßchen trugen ſo angenehm duftende Schuͤſſeln, und einige ſo hochgluͤhende Wein- flaſchen hin und wieder, daß ich mich nicht enthalten konnte, zu thun, wozu ſie mich ein- zuladen ſchienen: naͤmlich, nach meiner heuti-
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Von einer kleinen Anhoͤhe herab gelangte
ich, auf einem ſchmalen Wege, durch einige
gruͤnende Niederungen und friſche Waͤldchen,
zwiſchen denen eine Meyerey mit ihren laͤnd-
lichen Gebaͤuden hervorſah; und beſtieg dann
wiederum eine andere Anhoͤhe, die dicht mit
ſchattigten Baͤumen beſetzt war und eine hoͤchſt
anmuthige Ausſicht in das am Fuße des Ber-
ges ausgebreitete Thal darbot. Die unterge-
hende Sonne durchgluͤhte mit einzelnen Strah-
len das dunkle Gruͤn der Baͤume, eine Ge-
ſellſchaft von Perſonen beyderley Geſchlechts
hatte um einen Tiſch Platz genommen und
uͤberließ ſich einer lauten Heiterkeit; eine Harfe
und ein paar Geigen gaben aus der Ferne ei-
nige Mozart'ſche Weiſen an; und die Kellner
aus dem nahgelegenen Marketender-
Schloͤßchen trugen ſo angenehm duftende
Schuͤſſeln, und einige ſo hochgluͤhende Wein-
flaſchen hin und wieder, daß ich mich nicht
enthalten konnte, zu thun, wozu ſie mich ein-
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/290>, abgerufen am 21.11.2024.
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