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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795.

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Jahren, viel Glück, und war ein furchtbarer
Nebenbuhler Marinelli's; aber sein unwirth-
schaftliches Benehmen setzte ihn bald zurück,
und seine Bühne ist bis jetzt in einem schwan-
kenden Zustande geblieben. Auch er giebt meist
Singspiele, und nebenher Possen und Ritter-
stücke. Mit der Zauberflöte, die Er schrieb
und Mozart setzte, hat er großes Glück ge-
macht. Sie wurde im ersten Jahre hundert
mal
, bey fast immer vollem Hause, aufgeführt.
Das Sonnenfest der Braminen, ein
neueres Machwerk, hat er ebenfalls sehr oft
gegeben. Merkwürdig in seiner Art ist ein
Trauerspiel, das Schwert der Gerechtig-
keit
betitelt, das gewöhnlich in der Woche
nach aller Seelen gespielt wird. Man
kömmt während der Handlung gar nicht vom
Kirchhofe weg, und die Gespenster gehen ganz
zahm und ohne Schüchternheit, wie rechtliche
Leute, auf demselben herum. Das meiste,
was auf diesem Theater gespielt wird, ist von
Schickaneders eigener Hand, und zuweilen

Jahren, viel Gluͤck, und war ein furchtbarer
Nebenbuhler Marinelli's; aber ſein unwirth-
ſchaftliches Benehmen ſetzte ihn bald zuruͤck,
und ſeine Buͤhne iſt bis jetzt in einem ſchwan-
kenden Zuſtande geblieben. Auch er giebt meiſt
Singſpiele, und nebenher Poſſen und Ritter-
ſtuͤcke. Mit der Zauberfloͤte, die Er ſchrieb
und Mozart ſetzte, hat er großes Gluͤck ge-
macht. Sie wurde im erſten Jahre hundert
mal
, bey faſt immer vollem Hauſe, aufgefuͤhrt.
Das Sonnenfeſt der Braminen, ein
neueres Machwerk, hat er ebenfalls ſehr oft
gegeben. Merkwuͤrdig in ſeiner Art iſt ein
Trauerſpiel, das Schwert der Gerechtig-
keit
betitelt, das gewoͤhnlich in der Woche
nach aller Seelen geſpielt wird. Man
koͤmmt waͤhrend der Handlung gar nicht vom
Kirchhofe weg, und die Geſpenſter gehen ganz
zahm und ohne Schuͤchternheit, wie rechtliche
Leute, auf demſelben herum. Das meiſte,
was auf dieſem Theater geſpielt wird, iſt von
Schickaneders eigener Hand, und zuweilen

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[213/0485] Jahren, viel Gluͤck, und war ein furchtbarer Nebenbuhler Marinelli's; aber ſein unwirth- ſchaftliches Benehmen ſetzte ihn bald zuruͤck, und ſeine Buͤhne iſt bis jetzt in einem ſchwan- kenden Zuſtande geblieben. Auch er giebt meiſt Singſpiele, und nebenher Poſſen und Ritter- ſtuͤcke. Mit der Zauberfloͤte, die Er ſchrieb und Mozart ſetzte, hat er großes Gluͤck ge- macht. Sie wurde im erſten Jahre hundert mal, bey faſt immer vollem Hauſe, aufgefuͤhrt. Das Sonnenfeſt der Braminen, ein neueres Machwerk, hat er ebenfalls ſehr oft gegeben. Merkwuͤrdig in ſeiner Art iſt ein Trauerſpiel, das Schwert der Gerechtig- keit betitelt, das gewoͤhnlich in der Woche nach aller Seelen geſpielt wird. Man koͤmmt waͤhrend der Handlung gar nicht vom Kirchhofe weg, und die Geſpenſter gehen ganz zahm und ohne Schuͤchternheit, wie rechtliche Leute, auf demſelben herum. Das meiſte, was auf dieſem Theater geſpielt wird, iſt von Schickaneders eigener Hand, und zuweilen

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/485>, abgerufen am 22.11.2024.