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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795.

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Begriffe dieser Art, unter Joseph, von man-
chen Predigern selbst waren unterhalten wor-
den, so hat man diese von den Kanzeln weg-
genommen, um so sorgfältiger, da sie von
dem Volke für geschickte, denkende und rüh-
rende Redner gehalten wurden. Die Früchte
ihrer Lehren, so wie der freyen Leserey über-
haupt, zeigten sich aber dennoch bald nachher,
als ein großer feyerlicher Bittgang anbefohlen
wurde, wo auch der ganze Magistrat der Stadt
erschien, von der Bürgerschaft aber nur ein
aussrordentlich kleiner Theil sich einfand.

Der Umtrieb der Wissenschaften ist nicht
mehr so lebhaft, als unter Joseph und noch
unter Leopold. Unter ersterem hatte die Presse
und das Katheder die möglichste Freyheit. Die
Büchlschreiber verbreiteten sich damals
über jeden Gegenstand, die Lehrer der hohen
Schule sprachen freymüthig aus ihren Fächern,
die Buchhändler brachten Bücher aller Art
nach Wien, die Nachdrucker druckten jedes
Buch nach und setzten es dadurch mehr in

Begriffe dieſer Art, unter Joſeph, von man-
chen Predigern ſelbſt waren unterhalten wor-
den, ſo hat man dieſe von den Kanzeln weg-
genommen, um ſo ſorgfaͤltiger, da ſie von
dem Volke fuͤr geſchickte, denkende und ruͤh-
rende Redner gehalten wurden. Die Fruͤchte
ihrer Lehren, ſo wie der freyen Leſerey uͤber-
haupt, zeigten ſich aber dennoch bald nachher,
als ein großer feyerlicher Bittgang anbefohlen
wurde, wo auch der ganze Magiſtrat der Stadt
erſchien, von der Buͤrgerſchaft aber nur ein
auſſrordentlich kleiner Theil ſich einfand.

Der Umtrieb der Wiſſenſchaften iſt nicht
mehr ſo lebhaft, als unter Joſeph und noch
unter Leopold. Unter erſterem hatte die Preſſe
und das Katheder die moͤglichſte Freyheit. Die
Buͤchlſchreiber verbreiteten ſich damals
uͤber jeden Gegenſtand, die Lehrer der hohen
Schule ſprachen freymuͤthig aus ihren Faͤchern,
die Buchhaͤndler brachten Buͤcher aller Art
nach Wien, die Nachdrucker druckten jedes
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[235/0507] Begriffe dieſer Art, unter Joſeph, von man- chen Predigern ſelbſt waren unterhalten wor- den, ſo hat man dieſe von den Kanzeln weg- genommen, um ſo ſorgfaͤltiger, da ſie von dem Volke fuͤr geſchickte, denkende und ruͤh- rende Redner gehalten wurden. Die Fruͤchte ihrer Lehren, ſo wie der freyen Leſerey uͤber- haupt, zeigten ſich aber dennoch bald nachher, als ein großer feyerlicher Bittgang anbefohlen wurde, wo auch der ganze Magiſtrat der Stadt erſchien, von der Buͤrgerſchaft aber nur ein auſſrordentlich kleiner Theil ſich einfand. Der Umtrieb der Wiſſenſchaften iſt nicht mehr ſo lebhaft, als unter Joſeph und noch unter Leopold. Unter erſterem hatte die Preſſe und das Katheder die moͤglichſte Freyheit. Die Buͤchlſchreiber verbreiteten ſich damals uͤber jeden Gegenſtand, die Lehrer der hohen Schule ſprachen freymuͤthig aus ihren Faͤchern, die Buchhaͤndler brachten Buͤcher aller Art nach Wien, die Nachdrucker druckten jedes Buch nach und ſetzten es dadurch mehr in

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/507>, abgerufen am 22.11.2024.