Man fährt nun in einem Thale fort, das eine einzige zusammenhangende blumigte Wiese bildet, die von dem Gränzbache durchschlungen wird. Der Weg führte links am Abhange hin und war stellenweise gefährlich. Es ward schon dunkel, als ich vor Niederwiesen- thal ankam. Der Weg war allmählig berg- an gestiegen. Das Thal hatte sich verengert und erschien jetzt mehr mit Bäumen besetzt. Unter diesen standen Schmelzhütten herum, aus denen von Zeit zu Zeit Flammen hervor- schossen, welche die Dunkelheit des schwarzen Waldes vermehrten. Der Weg führte dazwi- schen hindurch nach Oberwiesenthal. Auf beyden Seiten nichts als schwarze Häuser und schwarze Menschen, glühende Essen, umher- sprühende Funken und das Gerassel und Po- chen der Hammerwerke. Endlich kam ich nach Oberwiesenthal, das, in einer beträchtlichen Länge, theils im Thale, theils am Abhange der Anhöhen liegt, schwarz, ungepflastert, und mit schwarzen, lärmenden Einwohnern besetzt
Man faͤhrt nun in einem Thale fort, das eine einzige zuſammenhangende blumigte Wieſe bildet, die von dem Graͤnzbache durchſchlungen wird. Der Weg fuͤhrte links am Abhange hin und war ſtellenweiſe gefaͤhrlich. Es ward ſchon dunkel, als ich vor Niederwieſen- thal ankam. Der Weg war allmaͤhlig berg- an geſtiegen. Das Thal hatte ſich verengert und erſchien jetzt mehr mit Baͤumen beſetzt. Unter dieſen ſtanden Schmelzhuͤtten herum, aus denen von Zeit zu Zeit Flammen hervor- ſchoſſen, welche die Dunkelheit des ſchwarzen Waldes vermehrten. Der Weg fuͤhrte dazwi- ſchen hindurch nach Oberwieſenthal. Auf beyden Seiten nichts als ſchwarze Haͤuſer und ſchwarze Menſchen, gluͤhende Eſſen, umher- ſpruͤhende Funken und das Geraſſel und Po- chen der Hammerwerke. Endlich kam ich nach Oberwieſenthal, das, in einer betraͤchtlichen Laͤnge, theils im Thale, theils am Abhange der Anhoͤhen liegt, ſchwarz, ungepflaſtert, und mit ſchwarzen, laͤrmenden Einwohnern beſetzt
<TEI><text><body><div><floatingText><body><divn="1"><pbfacs="#f0055"n="47"/><p>Man faͤhrt nun in einem Thale fort, das<lb/>
eine einzige zuſammenhangende blumigte Wieſe<lb/>
bildet, die von dem Graͤnzbache durchſchlungen<lb/>
wird. Der Weg fuͤhrte links am Abhange<lb/>
hin und war ſtellenweiſe gefaͤhrlich. Es ward<lb/>ſchon dunkel, als ich vor <hirendition="#g">Niederwieſen-<lb/>
thal</hi> ankam. Der Weg war allmaͤhlig berg-<lb/>
an geſtiegen. Das Thal hatte ſich verengert<lb/>
und erſchien jetzt mehr mit Baͤumen beſetzt.<lb/>
Unter dieſen ſtanden Schmelzhuͤtten herum,<lb/>
aus denen von Zeit zu Zeit Flammen hervor-<lb/>ſchoſſen, welche die Dunkelheit des ſchwarzen<lb/>
Waldes vermehrten. Der Weg fuͤhrte dazwi-<lb/>ſchen hindurch nach <hirendition="#g">Oberwieſenthal</hi>. Auf<lb/>
beyden Seiten nichts als ſchwarze Haͤuſer und<lb/>ſchwarze Menſchen, gluͤhende Eſſen, umher-<lb/>ſpruͤhende Funken und das Geraſſel und Po-<lb/>
chen der Hammerwerke. Endlich kam ich nach<lb/>
Oberwieſenthal, das, in einer betraͤchtlichen<lb/>
Laͤnge, theils im Thale, theils am Abhange<lb/>
der Anhoͤhen liegt, ſchwarz, ungepflaſtert, und<lb/>
mit ſchwarzen, laͤrmenden Einwohnern beſetzt<lb/></p></div></body></floatingText></div></body></text></TEI>
[47/0055]
Man faͤhrt nun in einem Thale fort, das
eine einzige zuſammenhangende blumigte Wieſe
bildet, die von dem Graͤnzbache durchſchlungen
wird. Der Weg fuͤhrte links am Abhange
hin und war ſtellenweiſe gefaͤhrlich. Es ward
ſchon dunkel, als ich vor Niederwieſen-
thal ankam. Der Weg war allmaͤhlig berg-
an geſtiegen. Das Thal hatte ſich verengert
und erſchien jetzt mehr mit Baͤumen beſetzt.
Unter dieſen ſtanden Schmelzhuͤtten herum,
aus denen von Zeit zu Zeit Flammen hervor-
ſchoſſen, welche die Dunkelheit des ſchwarzen
Waldes vermehrten. Der Weg fuͤhrte dazwi-
ſchen hindurch nach Oberwieſenthal. Auf
beyden Seiten nichts als ſchwarze Haͤuſer und
ſchwarze Menſchen, gluͤhende Eſſen, umher-
ſpruͤhende Funken und das Geraſſel und Po-
chen der Hammerwerke. Endlich kam ich nach
Oberwieſenthal, das, in einer betraͤchtlichen
Laͤnge, theils im Thale, theils am Abhange
der Anhoͤhen liegt, ſchwarz, ungepflaſtert, und
mit ſchwarzen, laͤrmenden Einwohnern beſetzt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/55>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.