Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Regenten-Spiegel. Music, O süsse Melodey/ Eben um die Zeit da wir die allergrösteWolthaten betrachten solten/ welche dem Menschlichen Geschlecht begegnet sind/ ist der Zahlungs-Termin in der Franckfurter Meß. Da laufft Judas mit seinem Spieß durch alle Strassen Franckfurt/ da redet man nur von dreyssig Silberlingen/ da läufft mancher nach dem Römer zu/ und begehret da Arrest bald auff diesen/ bald uff jenen. Da heist es: O cives cives, quaerenda pecunia primum, virtus post nummos. Were es Wunder/ daß Gott der HErr einmahl mit Donner und Blitz unter solche get auffte Juden schlüge/ oder daß er eine Peitsche mach- te/ und sie tractirte/ wie die Käuffer in dem Tempel zu Jerusalem? Al- lein/ Er braucht die Leutseligkeit bey ihnen/ wie er bey dem Verrähter Juda brauchte/ welcher dreyssig Silberling höher achtete als seinen Erlöser und Seligmacher. Zu diesem Geitzhaltz sagte der Sohn Got- tes/ als er im Garten am Oelberg zu Jhm kam/ und nichts guts im Sinn hatte: Freund warumb bistu zu mir kommen? O wunderbare Gedult und grosse Barmhertzigkeit des HERRN! Er siehet diesen Verrähter und Bösewicht kommen/ und zürnet nicht über ihn/ Er drohet ihm auch nicht/ sondern Er redet ihn mit freundlichen Worten an/ und nennet ihn einen Freund. Freund/ sagt Er/ warumb bist du kommen? Hab ich das umb dich verdienet? Was hab ich dir zu Leid gethan? Hab ich dich damit offendirt, daß ich mich für dir gebücket/ und dir die Füß gewaschen und getrucknet habe? Oder hab ich dich damit offendirt, daß ich dir meinen Leib zur Speiß gegeben/ und dich mit meinem Blut geträncket hab? O Juda! wie hast du mich so ver- ächtlich gehalten/ daß du mich umb kahle dreissig Silberling meinen Feinden verkauffet hast? Welches Pferd/ welcher Ochs wird im Jü- dischen Land verkauffet umb dreyssig Silberling? O daß doch die Kauf- leut zu Franckfurt umb diese Zeit recht betrachten wolten/ daß die dreyssig Silberling dem Juda endlich nichts nutz gewesen seyn/ daß er es selbst für ein Blut geld gehalten hab/ daß er endlich gehangen hab zwischen Himmel und Erden! den Himmel hatte er verlohren/ des Jrrdischen konte er auch nicht geniessen. Mich dunckt/ der Sohn Gottes/ der zur Rechten seines himmlischen Vaters sitzt/ habe noch heutiges Tages von solchen Kauffleuten solche Gedancken/ und den- cke: Mein Freund/ warumm bist du kommen? Warumb bistu von Ham- burg/ von Leipzig/ von Straßburg/ von Nürnberg nach Franckfurth kommen/ und treibest deine Schacherey/ deinen Jüdischen Wucher eben zu der Zeit/ da du betrachten soltest die Allerhöchste Wolthaten/ die ich dir und dem gantzen Menschlichen Geschlecht erwiesen habe/ die gröste Schmach/ die mir von den Jüden umb deinet willen be- gegnet ist? Da du betrachten soltest/ wie ich deinetwegen sey gepeit- schet worden biß auffs Blut/ wie ich umb deinet willen hab eine Dor- nen E
Regenten-Spiegel. Muſic, O ſuͤſſe Melodey/ Eben um die Zeit da wir die allergroͤſteWolthaten betrachten ſolten/ welche dem Menſchlichen Geſchlecht begegnet ſind/ iſt der Zahlungs-Termin in der Franckfurter Meß. Da laufft Judas mit ſeinem Spieß durch alle Straſſen Franckfurt/ da redet man nur von dreyſſig Silberlingen/ da laͤufft mancher nach dem Roͤmer zu/ und begehret da Arreſt bald auff dieſen/ bald uff jenen. Da heiſt es: O cives cives, quærenda pecunia primùm, virtus poſt nummos. Were es Wunder/ daß Gott der HErr einmahl mit Donner und Blitz unter ſolche get auffte Juden ſchluͤge/ oder daß er eine Peitſche mach- te/ und ſie tractirte/ wie die Kaͤuffer in dem Tempel zu Jeruſalem? Al- lein/ Er braucht die Leutſeligkeit bey ihnen/ wie er bey dem Verraͤhter Juda brauchte/ welcher dreyſſig Silberling hoͤher achtete als ſeinen Erloͤſer und Seligmacher. Zu dieſem Geitzhaltz ſagte der Sohn Got- tes/ als er im Garten am Oelberg zu Jhm kam/ und nichts guts im Sinn hatte: Freund warumb biſtu zu mir kommen? O wunderbare Gedult und groſſe Barmhertzigkeit des HERRN! Er ſiehet dieſen Verraͤhter und Boͤſewicht kommen/ und zuͤrnet nicht uͤber ihn/ Er drohet ihm auch nicht/ ſondern Er redet ihn mit freundlichen Worten an/ und nennet ihn einen Freund. Freund/ ſagt Er/ warumb biſt du kommen? Hab ich das umb dich verdienet? Was hab ich dir zu Leid gethan? Hab ich dich damit offendirt, daß ich mich fuͤr dir gebuͤcket/ und dir die Fuͤß gewaſchen und getrucknet habe? Oder hab ich dich damit offendirt, daß ich dir meinen Leib zur Speiß gegeben/ und dich mit meinem Blut getraͤncket hab? O Juda! wie haſt du mich ſo ver- aͤchtlich gehalten/ daß du mich umb kahle dreiſſig Silberling meinen Feinden verkauffet haſt? Welches Pferd/ welcher Ochs wird im Juͤ- diſchen Land verkauffet umb dreyſſig Silberling? O daß doch die Kauf- leut zu Franckfurt umb dieſe Zeit recht betrachten wolten/ daß die dreyſſig Silberling dem Juda endlich nichts nutz geweſen ſeyn/ daß er es ſelbſt fuͤr ein Blut geld gehalten hab/ daß er endlich gehangen hab zwiſchen Himmel und Erden! den Himmel hatte er verlohren/ des Jrrdiſchen konte er auch nicht genieſſen. Mich dunckt/ der Sohn Gottes/ der zur Rechten ſeines himmliſchen Vaters ſitzt/ habe noch heutiges Tages von ſolchen Kauffleuten ſolche Gedancken/ und den- cke: Mein Freund/ warum̃ biſt du kommen? Warumb biſtu von Ham- burg/ von Leipzig/ von Straßburg/ von Nuͤrnberg nach Franckfurth kommen/ und treibeſt deine Schacherey/ deinen Juͤdiſchen Wucher eben zu der Zeit/ da du betrachten ſolteſt die Allerhoͤchſte Wolthaten/ die ich dir und dem gantzen Menſchlichen Geſchlecht erwieſen habe/ die groͤſte Schmach/ die mir von den Juͤden umb deinet willen be- gegnet iſt? Da du betrachten ſolteſt/ wie ich deinetwegen ſey gepeit- ſchet worden biß auffs Blut/ wie ich umb deinet willen hab eine Dor- nen E
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0107" n="65"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Regenten-Spiegel.</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Muſic,</hi></hi> O ſuͤſſe Melodey/ Eben um die Zeit da wir die allergroͤſte<lb/> Wolthaten betrachten ſolten/ welche dem Menſchlichen Geſchlecht<lb/> begegnet ſind/ iſt der Zahlungs-Termin in der Franckfurter Meß. Da<lb/> laufft Judas mit ſeinem Spieß durch alle Straſſen Franckfurt/ da<lb/> redet man nur von dreyſſig Silberlingen/ da laͤufft mancher nach dem<lb/> Roͤmer zu/ und begehret da Arreſt bald auff dieſen/ bald uff jenen. Da<lb/> heiſt es: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">O cives cives, quærenda pecunia primùm, virtus poſt nummos.</hi></hi><lb/> Were es Wunder/ daß Gott der HErr einmahl mit Donner und Blitz<lb/> unter ſolche get auffte Juden ſchluͤge/ oder daß er eine Peitſche mach-<lb/> te/ und ſie tractirte/ wie die Kaͤuffer in dem Tempel zu Jeruſalem? Al-<lb/> lein/ Er braucht die Leutſeligkeit bey ihnen/ wie er bey dem Verraͤhter<lb/> Juda brauchte/ welcher dreyſſig Silberling hoͤher achtete als ſeinen<lb/> Erloͤſer und Seligmacher. Zu dieſem Geitzhaltz ſagte der Sohn Got-<lb/> tes/ als er im Garten am Oelberg zu Jhm kam/ und nichts guts im<lb/> Sinn hatte: Freund warumb biſtu zu mir kommen? O wunderbare<lb/> Gedult und groſſe Barmhertzigkeit des HERRN! Er ſiehet dieſen<lb/> Verraͤhter und Boͤſewicht kommen/ und zuͤrnet nicht uͤber ihn/ Er<lb/> drohet ihm auch nicht/ ſondern Er redet ihn mit freundlichen Worten<lb/> an/ und nennet ihn einen Freund. Freund/ ſagt Er/ warumb biſt du<lb/> kommen? Hab ich das umb dich verdienet? Was hab ich dir zu Leid<lb/> gethan? Hab ich dich damit <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">offendirt,</hi></hi> daß ich mich fuͤr dir gebuͤcket/<lb/> und dir die Fuͤß gewaſchen und getrucknet habe? Oder hab ich dich<lb/> damit <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">offendirt,</hi></hi> daß ich dir meinen Leib zur Speiß gegeben/ und dich<lb/> mit meinem Blut getraͤncket hab? O Juda! wie haſt du mich ſo ver-<lb/> aͤchtlich gehalten/ daß du mich umb kahle dreiſſig Silberling meinen<lb/> Feinden verkauffet haſt? Welches Pferd/ welcher Ochs wird im Juͤ-<lb/> diſchen Land verkauffet umb dreyſſig Silberling? O daß doch die Kauf-<lb/> leut zu Franckfurt umb dieſe Zeit recht betrachten wolten/ daß die<lb/> dreyſſig Silberling dem Juda endlich nichts nutz geweſen ſeyn/ daß<lb/> er es ſelbſt fuͤr ein Blut geld gehalten hab/ daß er endlich gehangen<lb/> hab zwiſchen Himmel und Erden! den Himmel hatte er verlohren/<lb/> des Jrrdiſchen konte er auch nicht genieſſen. Mich dunckt/ der Sohn<lb/> Gottes/ der zur Rechten ſeines himmliſchen Vaters ſitzt/ habe noch<lb/> heutiges Tages von ſolchen Kauffleuten ſolche Gedancken/ und den-<lb/> cke: Mein Freund/ warum̃ biſt du kommen? Warumb biſtu von Ham-<lb/> burg/ von Leipzig/ von Straßburg/ von Nuͤrnberg nach Franckfurth<lb/> kommen/ und treibeſt deine Schacherey/ deinen Juͤdiſchen Wucher<lb/> eben zu der Zeit/ da du betrachten ſolteſt die Allerhoͤchſte Wolthaten/<lb/> die ich dir und dem gantzen Menſchlichen Geſchlecht erwieſen habe/<lb/> die groͤſte Schmach/ die mir von den Juͤden umb deinet willen be-<lb/> gegnet iſt? Da du betrachten ſolteſt/ wie ich deinetwegen ſey gepeit-<lb/> ſchet worden biß auffs Blut/ wie ich umb deinet willen hab eine Dor-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">E</fw><fw place="bottom" type="catch">nen</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [65/0107]
Regenten-Spiegel.
Muſic, O ſuͤſſe Melodey/ Eben um die Zeit da wir die allergroͤſte
Wolthaten betrachten ſolten/ welche dem Menſchlichen Geſchlecht
begegnet ſind/ iſt der Zahlungs-Termin in der Franckfurter Meß. Da
laufft Judas mit ſeinem Spieß durch alle Straſſen Franckfurt/ da
redet man nur von dreyſſig Silberlingen/ da laͤufft mancher nach dem
Roͤmer zu/ und begehret da Arreſt bald auff dieſen/ bald uff jenen. Da
heiſt es: O cives cives, quærenda pecunia primùm, virtus poſt nummos.
Were es Wunder/ daß Gott der HErr einmahl mit Donner und Blitz
unter ſolche get auffte Juden ſchluͤge/ oder daß er eine Peitſche mach-
te/ und ſie tractirte/ wie die Kaͤuffer in dem Tempel zu Jeruſalem? Al-
lein/ Er braucht die Leutſeligkeit bey ihnen/ wie er bey dem Verraͤhter
Juda brauchte/ welcher dreyſſig Silberling hoͤher achtete als ſeinen
Erloͤſer und Seligmacher. Zu dieſem Geitzhaltz ſagte der Sohn Got-
tes/ als er im Garten am Oelberg zu Jhm kam/ und nichts guts im
Sinn hatte: Freund warumb biſtu zu mir kommen? O wunderbare
Gedult und groſſe Barmhertzigkeit des HERRN! Er ſiehet dieſen
Verraͤhter und Boͤſewicht kommen/ und zuͤrnet nicht uͤber ihn/ Er
drohet ihm auch nicht/ ſondern Er redet ihn mit freundlichen Worten
an/ und nennet ihn einen Freund. Freund/ ſagt Er/ warumb biſt du
kommen? Hab ich das umb dich verdienet? Was hab ich dir zu Leid
gethan? Hab ich dich damit offendirt, daß ich mich fuͤr dir gebuͤcket/
und dir die Fuͤß gewaſchen und getrucknet habe? Oder hab ich dich
damit offendirt, daß ich dir meinen Leib zur Speiß gegeben/ und dich
mit meinem Blut getraͤncket hab? O Juda! wie haſt du mich ſo ver-
aͤchtlich gehalten/ daß du mich umb kahle dreiſſig Silberling meinen
Feinden verkauffet haſt? Welches Pferd/ welcher Ochs wird im Juͤ-
diſchen Land verkauffet umb dreyſſig Silberling? O daß doch die Kauf-
leut zu Franckfurt umb dieſe Zeit recht betrachten wolten/ daß die
dreyſſig Silberling dem Juda endlich nichts nutz geweſen ſeyn/ daß
er es ſelbſt fuͤr ein Blut geld gehalten hab/ daß er endlich gehangen
hab zwiſchen Himmel und Erden! den Himmel hatte er verlohren/
des Jrrdiſchen konte er auch nicht genieſſen. Mich dunckt/ der Sohn
Gottes/ der zur Rechten ſeines himmliſchen Vaters ſitzt/ habe noch
heutiges Tages von ſolchen Kauffleuten ſolche Gedancken/ und den-
cke: Mein Freund/ warum̃ biſt du kommen? Warumb biſtu von Ham-
burg/ von Leipzig/ von Straßburg/ von Nuͤrnberg nach Franckfurth
kommen/ und treibeſt deine Schacherey/ deinen Juͤdiſchen Wucher
eben zu der Zeit/ da du betrachten ſolteſt die Allerhoͤchſte Wolthaten/
die ich dir und dem gantzen Menſchlichen Geſchlecht erwieſen habe/
die groͤſte Schmach/ die mir von den Juͤden umb deinet willen be-
gegnet iſt? Da du betrachten ſolteſt/ wie ich deinetwegen ſey gepeit-
ſchet worden biß auffs Blut/ wie ich umb deinet willen hab eine Dor-
nen
E
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |