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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Hiob.
gesegnet/ und sein Gut hat sich außgebreitet im Land.
Aber recke deine Hand auß/ und taste an alles/ was er hat/
was gilts/ er wird dich ins Angesicht segnen! Der HErr
sprach zu Satan: Sihe/ alles/ was er hat/ sey in deiner
Hand/ ohn allein an ihn selbst lege deine Hand nicht.

Als der Teuffel das hörte/ da dacht er/ nun hab er gewonnen Spiel.
Erweckte demnach seine liebe Getreuen/ daß sie ihm wieder den
Hiob streiten hülffen. Und es begab sich/ da alles im Hause Hiob
wol auff war/ da seine Söhne und Töchter assen und truncken mit-
einander/ waren lustig/ frölich und guter Ding/ da es wol war mit
Vater und Mutter/ da man in Hiobs Hauß unter Knechten und
Mägden/ unter Menschen und Vieh/ von keinem Unglück wuste;
Da jederman den Hiob hielt für den glückseligsten Mann im Land
Utz/ ja im gantzen Morgenland; Da alles/ was sein Finger an-
rührte/ gesegnet war: Sihe/ da kam plötzlich und unversehens ein
Bot und sagte/ die Kinder pflügeten/ die Eselin giengen an
der Weide/ da kamen die auß Reich Arabien/ und nahmen
sie weg/ und schlugen die Knaben mit der Schärffe des
Schwerds/ und ich bin allein entrunnen/ daß ich dirs
ansagte.
Wann dem Hiob nur 500. Joch Rinder und 500. Ese-
lin weren genommen worden/ so hätte er leicht Raht finden/ und
dieses Unglück verschmertzen können. Dann da hätte sich leicht einer
gefunden/ der ihm Credit geben/ und so lang etwas von Rindern
und Eselin gelehnt hätte/ biß er wieder etzliche aufferzogen hätte.
Aber daß die Knaben mit der Schärffe des Schwerds geschlagen
waren/ das gab dem Hiob einen harten Stoß ans Hertz. Man kan
wol einen Ochsen oder Esel wieder bekommen/ aber man kan ei-
nem Menschen das Leben nicht wiedergeben. Es ist zu muthmassen/
daß bey den 500. Joch Rindern/ die gepflügt haben/ seyen auch
500. Knecht/ und also allzeit zum wenigsten bey einem Pflug ein
Knecht gewesen/ der ihn geführet. Ach wie wird dem Hiob zu Her-
tzen gangen seyn das Blut dieser erschlagenen Knecht!

Jn dem er aber noch darüber seufftzte/ sihe/ da kam ein ander
Bot und sagte: Das Feuer Gottes fiel vom Himmel/ und
verzehrte Schaaf und Knaben/ und ich bin allein entrun-
nen/ daß ich dirs ansagte.
Dieses Unglück war mit dem vori-
gen nicht zu vergleichen. Wann die Araber auch die 7000. Schaaf
hätten geraubt/ were es zwar Unglück genug gewesen. Allein der
Bot sagt/ das Feuer GOttes fiel vom Himmel/ und ver-
brant Schaaf und Knaben/ und verzehrte sie. Und ich bin
allein entrunnen/ daß ich dirs ansagte.
Es meinen etzliche
Patres, daß dieser Bot der Teuffel selbst gewesen/ und dem Hiob in
menschlicher Gestalt erschtenen sey/ damit er ihm auffeinmal das
gantze Gemüt perturbire/ und ihn auff die Gedancken bringe: Si-

he/

Hiob.
geſegnet/ und ſein Gut hat ſich außgebreitet im Land.
Aber recke deine Hand auß/ uñ taſte an alles/ was er hat/
was gilts/ er wird dich ins Angeſicht ſegnen! Der HErꝛ
ſprach zu Satan: Sihe/ alles/ was er hat/ ſey in deiner
Hand/ ohn allein an ihn ſelbſt lege deine Hand nicht.

Als der Teuffel das hoͤrte/ da dacht er/ nun hab er gewonnen Spiel.
Erweckte demnach ſeine liebe Getreuen/ daß ſie ihm wieder den
Hiob ſtreiten huͤlffen. Und es begab ſich/ da alles im Hauſe Hiob
wol auff war/ da ſeine Soͤhne und Toͤchter aſſen und truncken mit-
einander/ waren luſtig/ froͤlich und guter Ding/ da es wol war mit
Vater und Mutter/ da man in Hiobs Hauß unter Knechten und
Maͤgden/ unter Menſchen und Vieh/ von keinem Ungluͤck wuſte;
Da jederman den Hiob hielt fuͤr den gluͤckſeligſten Mann im Land
Utz/ ja im gantzen Morgenland; Da alles/ was ſein Finger an-
ruͤhrte/ geſegnet war: Sihe/ da kam ploͤtzlich und unverſehens ein
Bot und ſagte/ die Kinder pfluͤgeten/ die Eſelin giengen an
der Weide/ da kamen die auß Reich Arabien/ und nahmen
ſie weg/ und ſchlugen die Knaben mit der Schaͤrffe des
Schwerds/ und ich bin allein entrunnen/ daß ich dirs
anſagte.
Wann dem Hiob nur 500. Joch Rinder und 500. Eſe-
lin weren genommen worden/ ſo haͤtte er leicht Raht finden/ und
dieſes Ungluͤck verſchmertzen koͤnnen. Dann da haͤtte ſich leicht einer
gefunden/ der ihm Credit geben/ und ſo lang etwas von Rindern
und Eſelin gelehnt haͤtte/ biß er wieder etzliche aufferzogen haͤtte.
Aber daß die Knaben mit der Schaͤrffe des Schwerds geſchlagen
waren/ das gab dem Hiob einen harten Stoß ans Hertz. Man kan
wol einen Ochſen oder Eſel wieder bekommen/ aber man kan ei-
nem Menſchen das Leben nicht wiedergeben. Es iſt zu muthmaſſen/
daß bey den 500. Joch Rindern/ die gepfluͤgt haben/ ſeyen auch
500. Knecht/ und alſo allzeit zum wenigſten bey einem Pflug ein
Knecht geweſen/ der ihn gefuͤhret. Ach wie wird dem Hiob zu Her-
tzen gangen ſeyn das Blut dieſer erſchlagenen Knecht!

Jn dem er aber noch daruͤber ſeufftzte/ ſihe/ da kam ein ander
Bot und ſagte: Das Feuer Gottes fiel vom Himmel/ und
verzehrte Schaaf und Knaben/ und ich bin allein entrun-
nen/ daß ich dirs anſagte.
Dieſes Ungluͤck war mit dem vori-
gen nicht zu vergleichen. Wann die Araber auch die 7000. Schaaf
haͤtten geraubt/ were es zwar Ungluͤck genug geweſen. Allein der
Bot ſagt/ das Feuer GOttes fiel vom Himmel/ und ver-
brant Schaaf und Knaben/ und verzehrte ſie. Und ich bin
allein entrunnen/ daß ich dirs anſagte.
Es meinen etzliche
Patres, daß dieſer Bot der Teuffel ſelbſt geweſen/ und dem Hiob in
menſchlicher Geſtalt erſchtenen ſey/ damit er ihm auffeinmal das
gantze Gemuͤt perturbire/ und ihn auff die Gedancken bringe: Si-

he/
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[157/0199] Hiob. geſegnet/ und ſein Gut hat ſich außgebreitet im Land. Aber recke deine Hand auß/ uñ taſte an alles/ was er hat/ was gilts/ er wird dich ins Angeſicht ſegnen! Der HErꝛ ſprach zu Satan: Sihe/ alles/ was er hat/ ſey in deiner Hand/ ohn allein an ihn ſelbſt lege deine Hand nicht. Als der Teuffel das hoͤrte/ da dacht er/ nun hab er gewonnen Spiel. Erweckte demnach ſeine liebe Getreuen/ daß ſie ihm wieder den Hiob ſtreiten huͤlffen. Und es begab ſich/ da alles im Hauſe Hiob wol auff war/ da ſeine Soͤhne und Toͤchter aſſen und truncken mit- einander/ waren luſtig/ froͤlich und guter Ding/ da es wol war mit Vater und Mutter/ da man in Hiobs Hauß unter Knechten und Maͤgden/ unter Menſchen und Vieh/ von keinem Ungluͤck wuſte; Da jederman den Hiob hielt fuͤr den gluͤckſeligſten Mann im Land Utz/ ja im gantzen Morgenland; Da alles/ was ſein Finger an- ruͤhrte/ geſegnet war: Sihe/ da kam ploͤtzlich und unverſehens ein Bot und ſagte/ die Kinder pfluͤgeten/ die Eſelin giengen an der Weide/ da kamen die auß Reich Arabien/ und nahmen ſie weg/ und ſchlugen die Knaben mit der Schaͤrffe des Schwerds/ und ich bin allein entrunnen/ daß ich dirs anſagte. Wann dem Hiob nur 500. Joch Rinder und 500. Eſe- lin weren genommen worden/ ſo haͤtte er leicht Raht finden/ und dieſes Ungluͤck verſchmertzen koͤnnen. Dann da haͤtte ſich leicht einer gefunden/ der ihm Credit geben/ und ſo lang etwas von Rindern und Eſelin gelehnt haͤtte/ biß er wieder etzliche aufferzogen haͤtte. Aber daß die Knaben mit der Schaͤrffe des Schwerds geſchlagen waren/ das gab dem Hiob einen harten Stoß ans Hertz. Man kan wol einen Ochſen oder Eſel wieder bekommen/ aber man kan ei- nem Menſchen das Leben nicht wiedergeben. Es iſt zu muthmaſſen/ daß bey den 500. Joch Rindern/ die gepfluͤgt haben/ ſeyen auch 500. Knecht/ und alſo allzeit zum wenigſten bey einem Pflug ein Knecht geweſen/ der ihn gefuͤhret. Ach wie wird dem Hiob zu Her- tzen gangen ſeyn das Blut dieſer erſchlagenen Knecht! Jn dem er aber noch daruͤber ſeufftzte/ ſihe/ da kam ein ander Bot und ſagte: Das Feuer Gottes fiel vom Himmel/ und verzehrte Schaaf und Knaben/ und ich bin allein entrun- nen/ daß ich dirs anſagte. Dieſes Ungluͤck war mit dem vori- gen nicht zu vergleichen. Wann die Araber auch die 7000. Schaaf haͤtten geraubt/ were es zwar Ungluͤck genug geweſen. Allein der Bot ſagt/ das Feuer GOttes fiel vom Himmel/ und ver- brant Schaaf und Knaben/ und verzehrte ſie. Und ich bin allein entrunnen/ daß ich dirs anſagte. Es meinen etzliche Patres, daß dieſer Bot der Teuffel ſelbſt geweſen/ und dem Hiob in menſchlicher Geſtalt erſchtenen ſey/ damit er ihm auffeinmal das gantze Gemuͤt perturbire/ und ihn auff die Gedancken bringe: Si- he/

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/199>, abgerufen am 21.11.2024.