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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Lucidor.
dieser Astrologus auch/ daß er nach dem Jahr 1655. kein eintzig son-
derbar Zeichen am Himmel auß gewisser Nachrichtung spüren kön-
ne. Wann ich recht Deutsch nach meiner Gewonheit reden soll/ so
halte ich dafür/ daß diese Astronomische Weißheit mit einer ziemli-
chen Thorheit gekrönet sey. Denn wer hat diesen Mann weiser ge-
macht als die Engel/ welche nichts gewisses hievon sagen können?
Aber es sind doch starcke Mutmassungen/ daß der Jüngste Tag nicht
weit sey/ es mögen die Epicurer sagen was sie wollen. Jch weiß zwar
wol/ was etliche gelahrte Leute auß der Offenbarung Johannis für
subtile Träume haben/ und vorgeben/ das und das müsse noch erfül-
let werden/ ehe der Jüngste Tag komme. Allein ich sag nochmals/ daß
die Offenbarung Johanis und der Tacitus seyen zwo harte Nüsse/
die nicht ein jeder Theologus oder Politicus auffbeissen könne. Jch
dencke immer an jenen jungen Edelmann/ welcher erweisen wolt/
daß das Geschlecht der Totten das älteste Geschlecht der Schweden
und Dännemarck sey. Dann Peer Totte hab schon zu Virgilii Zeiten
gelebt. Sintemal im Virgilio stehe: Per varios casus, PER TOT
discrimina rerum tendimus in Latium.
Wer hätte ihm vor we-
nig Jahren träumen lassen/ von der grossen änderung in Engeland
und in Polen? Und ich sorge/ daß solcher Enderungen sich in kurtzen
Zeiten noch sehr viel zutragen werden. Jch erinnere mich/ daß Anno
1643. ein vornehmer Deutscher Fürst mir ein Prognosticon zeige-
te/ welches einer im Würtenberger Lande für 200. Jahren soll ge-
stellet haben/ welches also lautet: Anno 1648. Fiet pax univer-
salis in Germania & Aquila se conjunget cum turtibus Hi-
spaniae, atque Gallum discerpent. Sed vae tibi Venetia, vae vo-
bis rebus publicis, quia corruetis,
Was von solchen Prophe-
ceyungen zu halten sey/ was für ein Unterscheid zwischen den alten
und neuen Propheten sey/ was unterweilens für sonderliche arcana
politica
unter solchen außgesprengten Propheceyungen stecken/ da-
von will ich zur andern Zeit reden. Allein solcher Ding/ solche Verän-
derungen können sich in einem Tage viel zutragen/ daran man ein
gantz Jahr zuvor nicht gedacht hätte. Wann Christus redet von sei-
ner Zukunfft zum Jüngsten Gericht/ so vergleichet er dieselbe lauter
plötzlichen und unversehens kommenden Dingen. Er vergleichet sie
nicht nur einem Dieb in der Nacht; Er vergleichet sie nicht nur
einem Fallstrick/ der unversehens überfällt ein Vögelein/
wann es meynet/ es wolle jetzt am besten fressen von den Körnlein/
die ihm der Vogelfänger vorgestreuet hat/ sondern er verglei-
chet sie dem Blitz. Dencket Lucidor, wie bald fähret der
Blitz/ wenn es donnert/ in einem Augenblick/ für so viel tau-
send Menschen/ viel Meilweges fürüber/ wie geschwind? wie plötzlich?

wie

Lucidor.
dieſer Aſtrologus auch/ daß er nach dem Jahr 1655. kein eintzig ſon-
derbar Zeichen am Himmel auß gewiſſer Nachrichtung ſpuͤren koͤn-
ne. Wann ich recht Deutſch nach meiner Gewonheit reden ſoll/ ſo
halte ich dafuͤr/ daß dieſe Aſtronomiſche Weißheit mit einer ziemli-
chen Thorheit gekroͤnet ſey. Denn wer hat dieſen Mann weiſer ge-
macht als die Engel/ welche nichts gewiſſes hievon ſagen koͤnnen?
Aber es ſind doch ſtarcke Mutmaſſungen/ daß der Juͤngſte Tag nicht
weit ſey/ es moͤgen die Epicurer ſagen was ſie wollen. Jch weiß zwar
wol/ was etliche gelahrte Leute auß der Offenbarung Johannis fuͤr
ſubtile Traͤume haben/ und vorgeben/ das und das muͤſſe noch erfuͤl-
let werden/ ehe der Juͤngſte Tag komme. Allein ich ſag nochmals/ daß
die Offenbarung Johanis und der Tacitus ſeyen zwo harte Nuͤſſe/
die nicht ein jeder Theologus oder Politicus auffbeiſſen koͤnne. Jch
dencke immer an jenen jungen Edelmann/ welcher erweiſen wolt/
daß das Geſchlecht der Totten das aͤlteſte Geſchlecht der Schweden
und Daͤnnemarck ſey. Dann Peer Totte hab ſchon zu Virgilii Zeiten
gelebt. Sintemal im Virgilio ſtehe: Per varios caſus, PER TOT
diſcrimina rerum tendimus in Latium.
Wer haͤtte ihm vor we-
nig Jahren traͤumen laſſen/ von der groſſen aͤnderung in Engeland
und in Polen? Und ich ſorge/ daß ſolcher Enderungen ſich in kurtzen
Zeiten noch ſehr viel zutragen werden. Jch erinnere mich/ daß Anno
1643. ein vornehmer Deutſcher Fuͤrſt mir ein Prognoſticon zeige-
te/ welches einer im Wuͤrtenberger Lande fuͤr 200. Jahren ſoll ge-
ſtellet haben/ welches alſo lautet: Anno 1648. Fiet pax univer-
ſalis in Germaniâ & Aquila ſe conjunget cum turtibus Hi-
ſpaniæ, atque Gallum diſcerpent. Sed væ tibi Venetia, væ vo-
bis rebus publicis, quia corruetis,
Was von ſolchen Prophe-
ceyungen zu halten ſey/ was fuͤr ein Unterſcheid zwiſchen den alten
und neuen Propheten ſey/ was unterweilens fuͤr ſonderliche arcana
politica
unter ſolchen außgeſprengten Propheceyungen ſtecken/ da-
von will ich zur andern Zeit reden. Allein ſolcher Ding/ ſolche Veraͤn-
derungen koͤnnen ſich in einem Tage viel zutragen/ daran man ein
gantz Jahr zuvor nicht gedacht haͤtte. Wann Chriſtus redet von ſei-
ner Zukunfft zum Juͤngſten Gericht/ ſo vergleichet er dieſelbe lauter
ploͤtzlichen und unverſehens kommenden Dingen. Er vergleichet ſie
nicht nur einem Dieb in der Nacht; Er vergleichet ſie nicht nur
einem Fallſtrick/ der unverſehens uͤberfaͤllt ein Voͤgelein/
wann es meynet/ es wolle jetzt am beſten freſſen von den Koͤrnlein/
die ihm der Vogelfaͤnger vorgeſtreuet hat/ ſondern er verglei-
chet ſie dem Blitz. Dencket Lucidor, wie bald faͤhret der
Blitz/ wenn es donnert/ in einem Augenblick/ fuͤr ſo viel tau-
ſend Menſchen/ viel Meilweges fuͤruͤber/ wie geſchwind? wie ploͤtzlich?

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[287/0329] Lucidor. dieſer Aſtrologus auch/ daß er nach dem Jahr 1655. kein eintzig ſon- derbar Zeichen am Himmel auß gewiſſer Nachrichtung ſpuͤren koͤn- ne. Wann ich recht Deutſch nach meiner Gewonheit reden ſoll/ ſo halte ich dafuͤr/ daß dieſe Aſtronomiſche Weißheit mit einer ziemli- chen Thorheit gekroͤnet ſey. Denn wer hat dieſen Mann weiſer ge- macht als die Engel/ welche nichts gewiſſes hievon ſagen koͤnnen? Aber es ſind doch ſtarcke Mutmaſſungen/ daß der Juͤngſte Tag nicht weit ſey/ es moͤgen die Epicurer ſagen was ſie wollen. Jch weiß zwar wol/ was etliche gelahrte Leute auß der Offenbarung Johannis fuͤr ſubtile Traͤume haben/ und vorgeben/ das und das muͤſſe noch erfuͤl- let werden/ ehe der Juͤngſte Tag komme. Allein ich ſag nochmals/ daß die Offenbarung Johanis und der Tacitus ſeyen zwo harte Nuͤſſe/ die nicht ein jeder Theologus oder Politicus auffbeiſſen koͤnne. Jch dencke immer an jenen jungen Edelmann/ welcher erweiſen wolt/ daß das Geſchlecht der Totten das aͤlteſte Geſchlecht der Schweden und Daͤnnemarck ſey. Dann Peer Totte hab ſchon zu Virgilii Zeiten gelebt. Sintemal im Virgilio ſtehe: Per varios caſus, PER TOT diſcrimina rerum tendimus in Latium. Wer haͤtte ihm vor we- nig Jahren traͤumen laſſen/ von der groſſen aͤnderung in Engeland und in Polen? Und ich ſorge/ daß ſolcher Enderungen ſich in kurtzen Zeiten noch ſehr viel zutragen werden. Jch erinnere mich/ daß Anno 1643. ein vornehmer Deutſcher Fuͤrſt mir ein Prognoſticon zeige- te/ welches einer im Wuͤrtenberger Lande fuͤr 200. Jahren ſoll ge- ſtellet haben/ welches alſo lautet: Anno 1648. Fiet pax univer- ſalis in Germaniâ & Aquila ſe conjunget cum turtibus Hi- ſpaniæ, atque Gallum diſcerpent. Sed væ tibi Venetia, væ vo- bis rebus publicis, quia corruetis, Was von ſolchen Prophe- ceyungen zu halten ſey/ was fuͤr ein Unterſcheid zwiſchen den alten und neuen Propheten ſey/ was unterweilens fuͤr ſonderliche arcana politica unter ſolchen außgeſprengten Propheceyungen ſtecken/ da- von will ich zur andern Zeit reden. Allein ſolcher Ding/ ſolche Veraͤn- derungen koͤnnen ſich in einem Tage viel zutragen/ daran man ein gantz Jahr zuvor nicht gedacht haͤtte. Wann Chriſtus redet von ſei- ner Zukunfft zum Juͤngſten Gericht/ ſo vergleichet er dieſelbe lauter ploͤtzlichen und unverſehens kommenden Dingen. Er vergleichet ſie nicht nur einem Dieb in der Nacht; Er vergleichet ſie nicht nur einem Fallſtrick/ der unverſehens uͤberfaͤllt ein Voͤgelein/ wann es meynet/ es wolle jetzt am beſten freſſen von den Koͤrnlein/ die ihm der Vogelfaͤnger vorgeſtreuet hat/ ſondern er verglei- chet ſie dem Blitz. Dencket Lucidor, wie bald faͤhret der Blitz/ wenn es donnert/ in einem Augenblick/ fuͤr ſo viel tau- ſend Menſchen/ viel Meilweges fuͤruͤber/ wie geſchwind? wie ploͤtzlich? wie

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/329>, abgerufen am 22.11.2024.