Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Vorrede. in Politicis für ein Unterscheid sey inter Theoriam & Praxin. Der ersteunter ihnen ist Herr Georg von Bonin/ Churfürstl. Brandenburgi- scher geheimter Rath und Legatus zu den General Staaden in Hol- land. Der ander ist Herr Christoph Vitzthumb von Eckstadt/ Chur- fürstl. Sächsischer Rath/ etc. Der dritte ist Herr Sebastian Friederich von Kötteritz/ Hochgräfl. Oldenburgischer Rath/ dessen hohen Quali- täten Jhre Hochgr. Gnaden von Oldenburg in unterschiedenen Le- gationen und expeditionen gar nützlich gebraucht haben. Wann einer unter diesen dreyen solche Arbeit als ein Sontägliches exer citium auff sich nehmen wolt/ zweiffelte ich nicht/ er würde so viel/ oder noch viel- mehr hervor bringen/ als der Jtaliänische Marggraff Malvetzi in sei- nem verfolgten David. Jch zweiffele aber ob dieser hochweisen Caval- lier andere Geschäfften zulassen werden dieses ins Werck zu stellen. Drumb Herr Philander/ schreibt eurem Vater/ weil er/ als mein alter grosser Freund/ mich provocirt hab/ euch einen Weg zu zeigen in der Philosophia practica, so lasse ich ihn freundlich bitten/ er wolle mir den- selben Weg selbst zeigen. Wann euer Vater und ich Papisten weren/ und ich were sein Beichtvater/ so wolt ich ihm zur Pönitentz aufflegen/ daß er diese materi zu seiner Sontags-Arbeit auff sich nehme/ und ela- borirte. Wann ich ein Politicus were/ wolt ich das Leben aller Königen in Juda und Jsrael für mich nehmen/ und dasselbe betrachten/ wie Plutarchus betrachtet hat das Leben unterschiedener vornehmer Hel- den. Jch erinnere mich/ daß eins mals ein vornehmer weltberühmter an Käyserlichen und allen Chur- und Fürstlichen Höfen im Römischen Reich hochgehaltener Mann/ mich in meiner Jugend fragte/ ob ich auch den Plutarchum gelesen habe? Jch antwortete Ja/ und erzehle- te ihm eins und anders auß den Moralibus. Allein er sagte mir/ daß da er allbereit in seinem Ampt gesessen/ hab er offtmals einen gantzen Tag zugebracht/ daß er ein folium in den Vitis Plutarchi gelesen/ und hab genugsam zu thun gehabt/ daß er demselben nachgedacht/ und es recht verstanden habe. Jch versichere euch/ es steckt eine überauß grosse Po- litische Weißheit/ in den Büchern der Königen. Allein Christus saget Joh. 5. Scrutamini, leset es nicht oben hin/ sed Scrutamini. Und zu sol- chen Dingen habe ich itzo nicht Zeit. Mein itzige Profession wil nicht zu- lassen/ solchen Dingen nachzudencken. Jhr aber/ lieber Philanderson/ seyd noch ein junger sinnreicher Jüngling/ und könt einmal eine solche nützliche Arbeit auff euch nehmen. Euer Vater könte zwar als ein al- ter Reinicke/ der vor allerhand Fuchshölen gewesen/ und von aller- hand Jägern ist durch die Welt gejaget worden/ auß vielfältiger Er- fahrung viel gute Erinnerung thun. Allein ich kenne ihn/ ich weiß wol wie er es machet. Er machet es fast eben wie jener Schäfer/ welcher zu Gefattern gebeten wurde. Als er nun bey der Tauffe stund/ und gefragt wurde/
Vorrede. in Politicis fuͤr ein Unterſcheid ſey inter Theoriam & Praxiń. Der erſteunter ihnen iſt Herꝛ Georg von Bonin/ Churfuͤrſtl. Brandenburgi- ſcher geheimter Rath und Legatus zu den General Staaden in Hol- land. Der ander iſt Herr Chriſtoph Vitzthumb von Eckſtadt/ Chur- fuͤrſtl. Saͤchſiſcher Rath/ ꝛc. Der dritte iſt Herr Sebaſtian Friederich von Koͤtteritz/ Hochgraͤfl. Oldenburgiſcher Rath/ deſſen hohen Quali- taͤten Jhre Hochgr. Gnaden von Oldenburg in unterſchiedenen Le- gationen und expeditionen gar nuͤtzlich gebraucht haben. Wann einer unter dieſen dreyen ſolche Arbeit als ein Sontaͤgliches exer citium auff ſich nehmen wolt/ zweiffelte ich nicht/ er wuͤrde ſo viel/ oder noch viel- mehr hervor bringen/ als der Jtaliaͤniſche Marggraff Malvetzi in ſei- nem verfolgten David. Jch zweiffele aber ob dieſer hochweiſen Caval- lier andere Geſchaͤfften zulaſſen werden dieſes ins Werck zu ſtellen. Drumb Herr Philander/ ſchreibt eurem Vater/ weil er/ als mein alter groſſer Freund/ mich provocirt hab/ euch einen Weg zu zeigen in der Philoſophia practica, ſo laſſe ich ihn freundlich bitten/ er wolle mir den- ſelben Weg ſelbſt zeigen. Wann euer Vater und ich Papiſten weren/ und ich were ſein Beichtvater/ ſo wolt ich ihm zur Poͤnitentz aufflegen/ daß er dieſe materi zu ſeiner Sontags-Arbeit auff ſich nehme/ und ela- borirte. Wann ich ein Politicus were/ wolt ich das Leben aller Koͤnigen in Juda und Jſrael fuͤr mich nehmen/ und daſſelbe betrachten/ wie Plutarchus betrachtet hat das Leben unterſchiedener vornehmer Hel- den. Jch erinnere mich/ daß eins mals ein vornehmer weltberuͤhmter an Kaͤyſerlichen und allen Chur- und Fuͤrſtlichen Hoͤfen im Roͤmiſchen Reich hochgehaltener Mann/ mich in meiner Jugend fragte/ ob ich auch den Plutarchum geleſen habe? Jch antwortete Ja/ und erzehle- te ihm eins und anders auß den Moralibus. Allein er ſagte mir/ daß da er allbereit in ſeinem Ampt geſeſſen/ hab er offtmals einen gantzen Tag zugebracht/ daß er ein folium in den Vitis Plutarchi geleſen/ und hab genugſam zu thun gehabt/ daß er demſelben nachgedacht/ und es recht verſtanden habe. Jch verſichere euch/ es ſteckt eine uͤberauß groſſe Po- litiſche Weißheit/ in den Buͤchern der Koͤnigen. Allein Chriſtus ſaget Joh. 5. Scrutamini, leſet es nicht oben hin/ ſed Scrutamini. Und zu ſol- chen Dingen habe ich itzo nicht Zeit. Mein itzige Profeſſion wil nicht zu- laſſen/ ſolchen Dingen nachzudencken. Jhr aber/ lieber Philanderſon/ ſeyd noch ein junger ſinnreicher Juͤngling/ und koͤnt einmal eine ſolche nuͤtzliche Arbeit auff euch nehmen. Euer Vater koͤnte zwar als ein al- ter Reinicke/ der vor allerhand Fuchshoͤlen geweſen/ und von aller- hand Jaͤgern iſt durch die Welt gejaget worden/ auß vielfaͤltiger Er- fahrung viel gute Erinnerung thun. Allein ich kenne ihn/ ich weiß wol wie er es machet. Er machet es faſt eben wie jener Schaͤfer/ welcher zu Gefattern gebeten wurde. Als er nun bey der Tauffe ſtund/ und gefragt wurde/
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="preface" n="2"> <p><pb facs="#f0052" n="10"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/> in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Politicis</hi></hi> fuͤr ein Unterſcheid ſey <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">inter Theoriam & Praxiń.</hi></hi> Der erſte<lb/> unter ihnen iſt Herꝛ Georg von Bonin/ Churfuͤrſtl. Brandenburgi-<lb/> ſcher geheimter Rath und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Legatus</hi></hi> zu den General Staaden in Hol-<lb/> land. Der ander iſt Herr Chriſtoph Vitzthumb von Eckſtadt/ Chur-<lb/> fuͤrſtl. Saͤchſiſcher Rath/ ꝛc. Der dritte iſt Herr Sebaſtian Friederich<lb/> von Koͤtteritz/ Hochgraͤfl. Oldenburgiſcher Rath/ deſſen hohen Quali-<lb/> taͤten Jhre Hochgr. Gnaden von Oldenburg in unterſchiedenen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Le-<lb/> gationen</hi></hi> und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">expeditionen</hi></hi> gar nuͤtzlich gebraucht haben. Wann einer<lb/> unter dieſen dreyen ſolche Arbeit als ein Sontaͤgliches <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">exer citium</hi></hi> auff<lb/> ſich nehmen wolt/ zweiffelte ich nicht/ er wuͤrde ſo viel/ oder noch viel-<lb/> mehr hervor bringen/ als der Jtaliaͤniſche Marggraff Malvetzi in ſei-<lb/> nem verfolgten David. Jch zweiffele aber ob dieſer hochweiſen Caval-<lb/> lier andere Geſchaͤfften zulaſſen werden dieſes ins Werck zu ſtellen.<lb/> Drumb Herr Philander/ ſchreibt eurem Vater/ weil er/ als mein alter<lb/> groſſer Freund/ mich <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">provocirt</hi></hi> hab/ euch einen Weg zu zeigen in der<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Philoſophia practica,</hi></hi> ſo laſſe ich ihn freundlich bitten/ er wolle mir den-<lb/> ſelben Weg ſelbſt zeigen. Wann euer Vater und ich Papiſten weren/<lb/> und ich were ſein Beichtvater/ ſo wolt ich ihm zur Poͤnitentz aufflegen/<lb/> daß er dieſe materi zu ſeiner Sontags-Arbeit auff ſich nehme/ und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ela-<lb/> borirte.</hi></hi> Wann ich ein Politicus were/ wolt ich das Leben aller Koͤnigen<lb/> in Juda und Jſrael fuͤr mich nehmen/ und daſſelbe betrachten/ wie<lb/> Plutarchus betrachtet hat das Leben unterſchiedener vornehmer Hel-<lb/> den. Jch erinnere mich/ daß eins mals ein vornehmer weltberuͤhmter<lb/> an Kaͤyſerlichen und allen Chur- und Fuͤrſtlichen Hoͤfen im Roͤmiſchen<lb/> Reich hochgehaltener Mann/ mich in meiner Jugend fragte/ ob ich<lb/> auch den Plutarchum geleſen habe? Jch antwortete Ja/ und erzehle-<lb/> te ihm eins und anders auß den <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Moralibus.</hi></hi> Allein er ſagte mir/ daß da<lb/> er allbereit in ſeinem Ampt geſeſſen/ hab er offtmals einen gantzen Tag<lb/> zugebracht/ daß er ein <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">folium</hi></hi> in den <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Vitis Plutarchi</hi></hi> geleſen/ und hab<lb/> genugſam zu thun gehabt/ daß er demſelben nachgedacht/ und es recht<lb/> verſtanden habe. Jch verſichere euch/ es ſteckt eine uͤberauß groſſe Po-<lb/> litiſche Weißheit/ in den Buͤchern der Koͤnigen. Allein Chriſtus ſaget<lb/> Joh. 5. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Scrutamini,</hi></hi> leſet es nicht oben hin/ <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ſed Scrutamini.</hi></hi> Und zu ſol-<lb/> chen Dingen habe ich itzo nicht Zeit. Mein itzige <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Profeſſion</hi></hi> wil nicht zu-<lb/> laſſen/ ſolchen Dingen nachzudencken. Jhr aber/ lieber Philanderſon/<lb/> ſeyd noch ein junger ſinnreicher Juͤngling/ und koͤnt einmal eine ſolche<lb/> nuͤtzliche Arbeit auff euch nehmen. Euer Vater koͤnte zwar als ein al-<lb/> ter Reinicke/ der vor allerhand Fuchshoͤlen geweſen/ und von aller-<lb/> hand Jaͤgern iſt durch die Welt gejaget worden/ auß vielfaͤltiger Er-<lb/> fahrung viel gute Erinnerung thun. Allein ich kenne ihn/ ich weiß wol<lb/> wie er es machet. Er machet es faſt eben wie jener Schaͤfer/ welcher zu<lb/> Gefattern gebeten wurde. Als er nun bey der Tauffe ſtund/ und gefragt<lb/> <fw place="bottom" type="catch">wurde/</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [10/0052]
Vorrede.
in Politicis fuͤr ein Unterſcheid ſey inter Theoriam & Praxiń. Der erſte
unter ihnen iſt Herꝛ Georg von Bonin/ Churfuͤrſtl. Brandenburgi-
ſcher geheimter Rath und Legatus zu den General Staaden in Hol-
land. Der ander iſt Herr Chriſtoph Vitzthumb von Eckſtadt/ Chur-
fuͤrſtl. Saͤchſiſcher Rath/ ꝛc. Der dritte iſt Herr Sebaſtian Friederich
von Koͤtteritz/ Hochgraͤfl. Oldenburgiſcher Rath/ deſſen hohen Quali-
taͤten Jhre Hochgr. Gnaden von Oldenburg in unterſchiedenen Le-
gationen und expeditionen gar nuͤtzlich gebraucht haben. Wann einer
unter dieſen dreyen ſolche Arbeit als ein Sontaͤgliches exer citium auff
ſich nehmen wolt/ zweiffelte ich nicht/ er wuͤrde ſo viel/ oder noch viel-
mehr hervor bringen/ als der Jtaliaͤniſche Marggraff Malvetzi in ſei-
nem verfolgten David. Jch zweiffele aber ob dieſer hochweiſen Caval-
lier andere Geſchaͤfften zulaſſen werden dieſes ins Werck zu ſtellen.
Drumb Herr Philander/ ſchreibt eurem Vater/ weil er/ als mein alter
groſſer Freund/ mich provocirt hab/ euch einen Weg zu zeigen in der
Philoſophia practica, ſo laſſe ich ihn freundlich bitten/ er wolle mir den-
ſelben Weg ſelbſt zeigen. Wann euer Vater und ich Papiſten weren/
und ich were ſein Beichtvater/ ſo wolt ich ihm zur Poͤnitentz aufflegen/
daß er dieſe materi zu ſeiner Sontags-Arbeit auff ſich nehme/ und ela-
borirte. Wann ich ein Politicus were/ wolt ich das Leben aller Koͤnigen
in Juda und Jſrael fuͤr mich nehmen/ und daſſelbe betrachten/ wie
Plutarchus betrachtet hat das Leben unterſchiedener vornehmer Hel-
den. Jch erinnere mich/ daß eins mals ein vornehmer weltberuͤhmter
an Kaͤyſerlichen und allen Chur- und Fuͤrſtlichen Hoͤfen im Roͤmiſchen
Reich hochgehaltener Mann/ mich in meiner Jugend fragte/ ob ich
auch den Plutarchum geleſen habe? Jch antwortete Ja/ und erzehle-
te ihm eins und anders auß den Moralibus. Allein er ſagte mir/ daß da
er allbereit in ſeinem Ampt geſeſſen/ hab er offtmals einen gantzen Tag
zugebracht/ daß er ein folium in den Vitis Plutarchi geleſen/ und hab
genugſam zu thun gehabt/ daß er demſelben nachgedacht/ und es recht
verſtanden habe. Jch verſichere euch/ es ſteckt eine uͤberauß groſſe Po-
litiſche Weißheit/ in den Buͤchern der Koͤnigen. Allein Chriſtus ſaget
Joh. 5. Scrutamini, leſet es nicht oben hin/ ſed Scrutamini. Und zu ſol-
chen Dingen habe ich itzo nicht Zeit. Mein itzige Profeſſion wil nicht zu-
laſſen/ ſolchen Dingen nachzudencken. Jhr aber/ lieber Philanderſon/
ſeyd noch ein junger ſinnreicher Juͤngling/ und koͤnt einmal eine ſolche
nuͤtzliche Arbeit auff euch nehmen. Euer Vater koͤnte zwar als ein al-
ter Reinicke/ der vor allerhand Fuchshoͤlen geweſen/ und von aller-
hand Jaͤgern iſt durch die Welt gejaget worden/ auß vielfaͤltiger Er-
fahrung viel gute Erinnerung thun. Allein ich kenne ihn/ ich weiß wol
wie er es machet. Er machet es faſt eben wie jener Schaͤfer/ welcher zu
Gefattern gebeten wurde. Als er nun bey der Tauffe ſtund/ und gefragt
wurde/
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/52 |
Zitationshilfe: | Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/52>, abgerufen am 16.02.2025. |