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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Die erbare Hure.
saget: Ein treuer Prediger müsse nicht nur ein Osterprediger/ son-
dern auch ein Pfingstprediger seyn/ das ist: Er müsse nicht nur das
Evangelium/ sondern auch das Gesetz (mit feuriger Zunge) predigen.
Christus saget: Jhr solt das Heiligthumb nicht den Hunden geben/
noch die Perlen für die Säue werffen. Paulus meldet: Wer unwür-
dig isset und trincket/ der isset und trincket ihm selbst das Gericht/ das
ist: Es gereichet ihm zu grösser Verdamnüs.

Der Hofmeister sagte: Ey Ehrenhold/ was ist das? wollet ihr also
allhier stehen/ und meinen Herrn für einen Ehebrecher/ für einen
Mörder/ für einen Hund/ für eine Sau schelten? Jch bitte euch/ kom-
met herein/ bevor mein Herr stirbet; als Ehrenhold zu ihm bey das
Bette kam/ machte er erstlich wie bey grossen Herren bräuchlich ist/
höfliche Complementen. Hernach fieng er an/ kürtzlich zu discuriren
von dem Elende deß menschlichen Lebens/ von dem Greuel der Sün-
den/ von der Gewißheit deß Todtes/ von der Ungewißheit der Stun-
de/ von der Höllen und von der Ewigkeit.

Der Herr wandte sich etliche mal im Bette herumb/ und sagte
endlich: Mein Herr Ehrenhold/ was höret man neues auß Engel-
land? Jch möchte gern erleben und sehen/ wo das Ding endlich hin-
auß wolle? Der gute König in Schotland ist übel daran. Jch wüste
ihm keinen bessern Rath zu geben/ als daß er Papistisch werde. Wann
ich hätte ein Papist wollen werden/ ich wolte zu hohen Dignitäten
kommen seyn. Allein ich bin mein lebtage ein Feind und Verfolger der
Jesuiten/ der Mönche und Pfaffen gewesen/ und wil als ein Luthera-
ner leben und sterben.

Jch antwortete: Gnädiger Herr! Jch bitte E. Gn. unterthänig
und umb Christi willen/ Sie wollen mir erlauben/ daß ich auß einem
auffrichtigen Theologischen Hertzen mit ihr rede. Meynen E. Gnaden
nicht/ daß der Teuffel auch solche Leute hole/ welche sich Lutheraner
nennen? Es ist nicht genug/ daß wir die rechte Lehre wissen/ sondern
wir müssen auch unser Leben darnach anstellen; Christus saget/ Luc.
12/47. Der Knecht/ der seines Herrn Willen weiß/ und hat sich nicht
bereitet/ auch nicht nach seinem Willen gethan/ der wird viel Strei-
che leyden müssen. Der es aber nicht weiß/ und hat doch gethan/ das
der Streiche werth ist/ wird wenig Streiche leyden. Und ferner saget
Christus/ Matth. 7/21. Es werden nicht alle/ die da sagen: HErr/
HErr/ in das Himmelreich kommen/ sondern die den Willen thun
meines Vaters im Himmel. Das ist aber der Wille Gottes/ daß wir
wahre Busse thun/ und an Christum glauben/ und rechtschaffene Früch-
te unserer Busse bringen. Das erfodere Gott von uns mit höchstem
Ernst/ das ist sein Wille/ sein Befehl. So wahr ich lebe/ sagt er/ Ezech.
18/32. c. 33/11. Jch hab keinen Gefallen an dem Tode deß Gottlosen/

sondern
J i iiij

Die erbare Hure.
ſaget: Ein treuer Prediger muͤſſe nicht nur ein Oſterprediger/ ſon-
dern auch ein Pfingſtprediger ſeyn/ das iſt: Er muͤſſe nicht nur das
Evangelium/ ſondern auch das Geſetz (mit feuriger Zunge) predigen.
Chriſtus ſaget: Jhr ſolt das Heiligthumb nicht den Hunden geben/
noch die Perlen fuͤr die Saͤue werffen. Paulus meldet: Wer unwuͤr-
dig iſſet und trincket/ der iſſet und trincket ihm ſelbſt das Gericht/ das
iſt: Es gereichet ihm zu groͤſſer Verdamnuͤs.

Der Hofmeiſter ſagte: Ey Ehrenhold/ was iſt das? wollet ihr alſo
allhier ſtehen/ und meinen Herrn fuͤr einen Ehebrecher/ fuͤr einen
Moͤrder/ fuͤr einen Hund/ fuͤr eine Sau ſchelten? Jch bitte euch/ kom-
met herein/ bevor mein Herr ſtirbet; als Ehrenhold zu ihm bey das
Bette kam/ machte er erſtlich wie bey groſſen Herren braͤuchlich iſt/
hoͤfliche Complementen. Hernach fieng er an/ kuͤrtzlich zu diſcuriren
von dem Elende deß menſchlichen Lebens/ von dem Greuel der Suͤn-
den/ von der Gewißheit deß Todtes/ von der Ungewißheit der Stun-
de/ von der Hoͤllen und von der Ewigkeit.

Der Herr wandte ſich etliche mal im Bette herumb/ und ſagte
endlich: Mein Herr Ehrenhold/ was hoͤret man neues auß Engel-
land? Jch moͤchte gern erleben und ſehen/ wo das Ding endlich hin-
auß wolle? Der gute Koͤnig in Schotland iſt uͤbel daran. Jch wuͤſte
ihm keinen beſſern Rath zu geben/ als daß er Papiſtiſch werde. Wann
ich haͤtte ein Papiſt wollen werden/ ich wolte zu hohen Dignitaͤten
kommen ſeyn. Allein ich bin mein lebtage ein Feind und Verfolger der
Jeſuiten/ der Moͤnche und Pfaffen geweſen/ und wil als ein Luthera-
ner leben und ſterben.

Jch antwortete: Gnaͤdiger Herr! Jch bitte E. Gn. unterthaͤnig
und umb Chriſti willen/ Sie wollen mir erlauben/ daß ich auß einem
auffrichtigen Theologiſchen Hertzen mit ihr rede. Meynen E. Gnaden
nicht/ daß der Teuffel auch ſolche Leute hole/ welche ſich Lutheraner
nennen? Es iſt nicht genug/ daß wir die rechte Lehre wiſſen/ ſondern
wir muͤſſen auch unſer Leben darnach anſtellen; Chriſtus ſaget/ Luc.
12/47. Der Knecht/ der ſeines Herrn Willen weiß/ und hat ſich nicht
bereitet/ auch nicht nach ſeinem Willen gethan/ der wird viel Strei-
che leyden muͤſſen. Der es aber nicht weiß/ und hat doch gethan/ das
der Streiche werth iſt/ wird wenig Streiche leyden. Und ferner ſaget
Chriſtus/ Matth. 7/21. Es werden nicht alle/ die da ſagen: HErr/
HErr/ in das Himmelreich kommen/ ſondern die den Willen thun
meines Vaters im Himmel. Das iſt aber der Wille Gottes/ daß wir
wahre Buſſe thun/ und an Chriſtum glaubẽ/ und rechtſchaffene Fruͤch-
te unſerer Buſſe bringen. Das erfodere Gott von uns mit hoͤchſtem
Ernſt/ das iſt ſein Wille/ ſein Befehl. So wahr ich lebe/ ſagt er/ Ezech.
18/32. c. 33/11. Jch hab keinen Gefallen an dem Tode deß Gottloſen/

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[503/0545] Die erbare Hure. ſaget: Ein treuer Prediger muͤſſe nicht nur ein Oſterprediger/ ſon- dern auch ein Pfingſtprediger ſeyn/ das iſt: Er muͤſſe nicht nur das Evangelium/ ſondern auch das Geſetz (mit feuriger Zunge) predigen. Chriſtus ſaget: Jhr ſolt das Heiligthumb nicht den Hunden geben/ noch die Perlen fuͤr die Saͤue werffen. Paulus meldet: Wer unwuͤr- dig iſſet und trincket/ der iſſet und trincket ihm ſelbſt das Gericht/ das iſt: Es gereichet ihm zu groͤſſer Verdamnuͤs. Der Hofmeiſter ſagte: Ey Ehrenhold/ was iſt das? wollet ihr alſo allhier ſtehen/ und meinen Herrn fuͤr einen Ehebrecher/ fuͤr einen Moͤrder/ fuͤr einen Hund/ fuͤr eine Sau ſchelten? Jch bitte euch/ kom- met herein/ bevor mein Herr ſtirbet; als Ehrenhold zu ihm bey das Bette kam/ machte er erſtlich wie bey groſſen Herren braͤuchlich iſt/ hoͤfliche Complementen. Hernach fieng er an/ kuͤrtzlich zu diſcuriren von dem Elende deß menſchlichen Lebens/ von dem Greuel der Suͤn- den/ von der Gewißheit deß Todtes/ von der Ungewißheit der Stun- de/ von der Hoͤllen und von der Ewigkeit. Der Herr wandte ſich etliche mal im Bette herumb/ und ſagte endlich: Mein Herr Ehrenhold/ was hoͤret man neues auß Engel- land? Jch moͤchte gern erleben und ſehen/ wo das Ding endlich hin- auß wolle? Der gute Koͤnig in Schotland iſt uͤbel daran. Jch wuͤſte ihm keinen beſſern Rath zu geben/ als daß er Papiſtiſch werde. Wann ich haͤtte ein Papiſt wollen werden/ ich wolte zu hohen Dignitaͤten kommen ſeyn. Allein ich bin mein lebtage ein Feind und Verfolger der Jeſuiten/ der Moͤnche und Pfaffen geweſen/ und wil als ein Luthera- ner leben und ſterben. Jch antwortete: Gnaͤdiger Herr! Jch bitte E. Gn. unterthaͤnig und umb Chriſti willen/ Sie wollen mir erlauben/ daß ich auß einem auffrichtigen Theologiſchen Hertzen mit ihr rede. Meynen E. Gnaden nicht/ daß der Teuffel auch ſolche Leute hole/ welche ſich Lutheraner nennen? Es iſt nicht genug/ daß wir die rechte Lehre wiſſen/ ſondern wir muͤſſen auch unſer Leben darnach anſtellen; Chriſtus ſaget/ Luc. 12/47. Der Knecht/ der ſeines Herrn Willen weiß/ und hat ſich nicht bereitet/ auch nicht nach ſeinem Willen gethan/ der wird viel Strei- che leyden muͤſſen. Der es aber nicht weiß/ und hat doch gethan/ das der Streiche werth iſt/ wird wenig Streiche leyden. Und ferner ſaget Chriſtus/ Matth. 7/21. Es werden nicht alle/ die da ſagen: HErr/ HErr/ in das Himmelreich kommen/ ſondern die den Willen thun meines Vaters im Himmel. Das iſt aber der Wille Gottes/ daß wir wahre Buſſe thun/ und an Chriſtum glaubẽ/ und rechtſchaffene Fruͤch- te unſerer Buſſe bringen. Das erfodere Gott von uns mit hoͤchſtem Ernſt/ das iſt ſein Wille/ ſein Befehl. So wahr ich lebe/ ſagt er/ Ezech. 18/32. c. 33/11. Jch hab keinen Gefallen an dem Tode deß Gottloſen/ ſondern J i iiij

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 503. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/545>, abgerufen am 22.11.2024.