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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Die erbare Hure.
sein Weid fleissig Achtung geben/ doch also/ daß der Eyfer-Geist nit
einreisse/ welcher auch nichts gutes anzurichten pfleget.

Der H. Paulus saget Eph. 5. v. 23. 24. daß der Mann sey des
Weibes Haupt/ nun sorget das Haupt für alle Glieder/ daß sie un-
verletzt bleiben/ also sol auch ein Mann für sein Weib sorgen/ daß ih-
re Ehre und guter Name unverletzt bleibe/ und sie auch in keinen bö-
sen Argwohn oder Nachrede gerahte.

Iulius Caesar stieß seine Gemahlin von sich/ weil sie beschul-
diget war/ daß sie mit dem Clodio zuthun gehabt: Clodius erwiese/
daß er und die Käyserin unschuldig sey/ gleichwol wolte der Käyser
seine Gemahlin nicht wieder zu sich nehmen. Als er gefraget wurde/
warum? Da antwortet er: quia oportet Caesaris uxorem etiam
a suspicione esse puram.
Das ist: des Käysers Gemahlin muß auch
in keinem bösen Verdacht seyn.

Die sechste Ursache/ die Unzucht und Hurerey erreget/ ist die
grosse Nachlässigkeit der Obrigkeit/ daß sie diese Sünde/ Schande
und Laster nicht gebührlich straffet/ sondern an manchem Ort werden
Hurenhäuser gestattet/ und da wollen noch die Politici es vertheidi-
gen/ und sagen: es sey besser/ daß man Hurenhäuser halte/ als daß
das junge Volck den Eheweibern nachstelle. Eben als ob GOtt der
HErr daran einen Gefallen habe/ das man böses thue/ auff daß was
Gutes darauß erfolge.

An manchem Ort gestattet man den Bier- und Wein-Wir-
then/ daß sie Huren halten/ auff daß sie desto grössern Zulauff haben/
mehr Bier und Wein verzappen. Ja die Obrigkeit mehr Acciß be-
komme: O ein schöner Gewin! An manchem Ort bleibet die Hurerey
ungestrafft/ auff daß die Eheweiber Säugammen bekommen können/
welche ihnen ihre Kinder säugen/ und mit ihrer Hurenmilch groß
machen.

Da höret man wol unter den Frauen diese Gottlose Rede/ was
machen doch die Schreiber/ was machen doch die Hoffbursche/ die
Studenten/ die Kramjungen und Pfeffersäcke/ die Handwercksbur-
sche/ die Bauerknechte/ die Feuerböter/ und dergleichen Lemmel/ daß
man nicht eine Amme bekommen kan: Das sind Dinge/ wann zu den-
selben die Obrigkeit stillschweigen/ oder unterweilens durch die Fin-
ger sihet/ kan sie es für Gott und der erbaren Welt nimmermehr ver-
antworten. Jch frage solche Obrigkeit/ warum sie Gott in den Re-
gentenstand erhoben/ und ihnen das Schwerd in die Hand gegeben
habe? Darum/ daß sie das Böse straffen/ und das Gute befördern
sollen.

Der H. Paulus saget? Die Obrigkeit sey eine Rächerin zur
Strafe/ über den der da Böses thut. Allein es träget sich offt zu/ daß

die

Die erbare Hure.
ſein Weid fleiſſig Achtung geben/ doch alſo/ daß der Eyfer-Geiſt nit
einreiſſe/ welcher auch nichts gutes anzurichten pfleget.

Der H. Paulus ſaget Eph. 5. v. 23. 24. daß der Mann ſey des
Weibes Haupt/ nun ſorget das Haupt fuͤr alle Glieder/ daß ſie un-
verletzt bleiben/ alſo ſol auch ein Mann fuͤr ſein Weib ſorgen/ daß ih-
re Ehre und guter Name unverletzt bleibe/ und ſie auch in keinen boͤ-
ſen Argwohn oder Nachrede gerahte.

Iulius Cæſar ſtieß ſeine Gemahlin von ſich/ weil ſie beſchul-
diget war/ daß ſie mit dem Clodio zuthun gehabt: Clodius erwieſe/
daß er und die Kaͤyſerin unſchuldig ſey/ gleichwol wolte der Kaͤyſer
ſeine Gemahlin nicht wieder zu ſich nehmen. Als er gefraget wurde/
warum? Da antwortet er: quia oportet Cæſaris uxorem etiam
à ſuſpicione eſſe puram.
Das iſt: des Kaͤyſers Gemahlin muß auch
in keinem boͤſen Verdacht ſeyn.

Die ſechſte Urſache/ die Unzucht und Hurerey erreget/ iſt die
groſſe Nachlaͤſſigkeit der Obrigkeit/ daß ſie dieſe Suͤnde/ Schande
und Laſter nicht gebuͤhrlich ſtraffet/ ſondern an manchem Ort werden
Hurenhaͤuſer geſtattet/ und da wollen noch die Politici es vertheidi-
gen/ und ſagen: es ſey beſſer/ daß man Hurenhaͤuſer halte/ als daß
das junge Volck den Eheweibern nachſtelle. Eben als ob GOtt der
HErr daran einen Gefallen habe/ das man boͤſes thue/ auff daß was
Gutes darauß erfolge.

An manchem Ort geſtattet man den Bier- und Wein-Wir-
then/ daß ſie Huren halten/ auff daß ſie deſto groͤſſern Zulauff haben/
mehr Bier und Wein verzappen. Ja die Obrigkeit mehr Acciß be-
komme: O ein ſchoͤner Gewin! An manchem Ort bleibet die Hurerey
ungeſtrafft/ auff daß die Eheweiber Saͤugammen bekommen koͤnnen/
welche ihnen ihre Kinder ſaͤugen/ und mit ihrer Hurenmilch groß
machen.

Da hoͤret man wol unter den Frauen dieſe Gottloſe Rede/ was
machen doch die Schreiber/ was machen doch die Hoffburſche/ die
Studenten/ die Kramjungen und Pfefferſaͤcke/ die Handwercksbur-
ſche/ die Bauerknechte/ die Feuerboͤter/ und dergleichen Lemmel/ daß
man nicht eine Amme bekommen kan: Das ſind Dinge/ wann zu den-
ſelben die Obrigkeit ſtillſchweigen/ oder unterweilens durch die Fin-
ger ſihet/ kan ſie es fuͤr Gott und der erbaren Welt nimmermehr ver-
antworten. Jch frage ſolche Obrigkeit/ warum ſie Gott in den Re-
gentenſtand erhoben/ und ihnen das Schwerd in die Hand gegeben
habe? Darum/ daß ſie das Boͤſe ſtraffen/ und das Gute befoͤrdern
ſollen.

Der H. Paulus ſaget? Die Obrigkeit ſey eine Raͤcherin zur
Strafe/ uͤber den der da Boͤſes thut. Allein es traͤget ſich offt zu/ daß

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[512/0554] Die erbare Hure. ſein Weid fleiſſig Achtung geben/ doch alſo/ daß der Eyfer-Geiſt nit einreiſſe/ welcher auch nichts gutes anzurichten pfleget. Der H. Paulus ſaget Eph. 5. v. 23. 24. daß der Mann ſey des Weibes Haupt/ nun ſorget das Haupt fuͤr alle Glieder/ daß ſie un- verletzt bleiben/ alſo ſol auch ein Mann fuͤr ſein Weib ſorgen/ daß ih- re Ehre und guter Name unverletzt bleibe/ und ſie auch in keinen boͤ- ſen Argwohn oder Nachrede gerahte. Iulius Cæſar ſtieß ſeine Gemahlin von ſich/ weil ſie beſchul- diget war/ daß ſie mit dem Clodio zuthun gehabt: Clodius erwieſe/ daß er und die Kaͤyſerin unſchuldig ſey/ gleichwol wolte der Kaͤyſer ſeine Gemahlin nicht wieder zu ſich nehmen. Als er gefraget wurde/ warum? Da antwortet er: quia oportet Cæſaris uxorem etiam à ſuſpicione eſſe puram. Das iſt: des Kaͤyſers Gemahlin muß auch in keinem boͤſen Verdacht ſeyn. Die ſechſte Urſache/ die Unzucht und Hurerey erreget/ iſt die groſſe Nachlaͤſſigkeit der Obrigkeit/ daß ſie dieſe Suͤnde/ Schande und Laſter nicht gebuͤhrlich ſtraffet/ ſondern an manchem Ort werden Hurenhaͤuſer geſtattet/ und da wollen noch die Politici es vertheidi- gen/ und ſagen: es ſey beſſer/ daß man Hurenhaͤuſer halte/ als daß das junge Volck den Eheweibern nachſtelle. Eben als ob GOtt der HErr daran einen Gefallen habe/ das man boͤſes thue/ auff daß was Gutes darauß erfolge. An manchem Ort geſtattet man den Bier- und Wein-Wir- then/ daß ſie Huren halten/ auff daß ſie deſto groͤſſern Zulauff haben/ mehr Bier und Wein verzappen. Ja die Obrigkeit mehr Acciß be- komme: O ein ſchoͤner Gewin! An manchem Ort bleibet die Hurerey ungeſtrafft/ auff daß die Eheweiber Saͤugammen bekommen koͤnnen/ welche ihnen ihre Kinder ſaͤugen/ und mit ihrer Hurenmilch groß machen. Da hoͤret man wol unter den Frauen dieſe Gottloſe Rede/ was machen doch die Schreiber/ was machen doch die Hoffburſche/ die Studenten/ die Kramjungen und Pfefferſaͤcke/ die Handwercksbur- ſche/ die Bauerknechte/ die Feuerboͤter/ und dergleichen Lemmel/ daß man nicht eine Amme bekommen kan: Das ſind Dinge/ wann zu den- ſelben die Obrigkeit ſtillſchweigen/ oder unterweilens durch die Fin- ger ſihet/ kan ſie es fuͤr Gott und der erbaren Welt nimmermehr ver- antworten. Jch frage ſolche Obrigkeit/ warum ſie Gott in den Re- gentenſtand erhoben/ und ihnen das Schwerd in die Hand gegeben habe? Darum/ daß ſie das Boͤſe ſtraffen/ und das Gute befoͤrdern ſollen. Der H. Paulus ſaget? Die Obrigkeit ſey eine Raͤcherin zur Strafe/ uͤber den der da Boͤſes thut. Allein es traͤget ſich offt zu/ daß die

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 512. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/554>, abgerufen am 22.11.2024.