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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Ehrenrettung.
Koch einen kalten Braten nimbt/ welchen die Gäste deß vorigen A-
bends nicht haben essen wollen/ und macht deß Morgens kleine Pa-
steten oder ein ander wolgewürtzetes Gericht darauß.

Der hochgelahrte Cardinal Bessarion hat pflegen zu sagen: Plato
saepe alienas sententias suo nectare condivit. Herman. Vul-
tejus
der vortreffliche Hessische Jurist/ sagte einsmals in einer Ga-
sterey zum Herrn Vice-Cancellario Neseno: Herr Gevatter/
die Leute meynen ich könne etwas sonderliches; Jch kan
Latein/ und kan
GENERALIA APPLICIREN SPECIA-
LIBUS,
das ist alle meine Kunst. Jch hörte diese Wort/ und
dachte bey mir selbst: Du grosser Mann/ das ist eine grosse
Kunst!
Wie manche Theologische und Philosophische Schrifft ha-
be ich gelesen/ den Kopff geschüttelt/ und gedacht: Aut Plato Philo-
nizat, aut Philo Platonizat. Intelligenti pauca!
Sind meine
Tractätlein außgeschrieben/ was tribuliret man mich dann und sagt:
Es sind neue ärgerliche Schrifften? Sind es ärgerliche Schrifften/
warumb sind sie dann an so vielen vornehmen Lutherischen Orten wi-
derumb auffgeleget? Warumb haben die Prälaten und Statisten
solchen Nachdruck nicht verhindert? Warumb thun sie es noch nicht?
Jch habe einen einigen Bogen trucken lassen de adornando me-
moriali Biblico,
und habe daran gehänget den hundert ein und
funfftzigsten Psalm/ welcher dem Könige David fälschlich zugeschrie-
ben wird: Jtem die Epistolam ad Laodicenses. Dieses ist mir auch
übel außgedeutet worden. Jch habe aber diese keines weges für Cano-
nische Schrifft außgegeben/ sondern habe damit sättigen wollen die
Curiosität junger gelahrter Leute/ welche an mich geschrieben/ da sie
vernommen haben/ daß die Epistola ad Laodicenses sey auff der
Bibliothec zu S. Jacob. Als hab ich ihnen geantwortet/ ich hätte Co-
piam derselben unter Herrn D. Helvici sel. Sachen gefunden/ wel-
che ich gerne communiciren wolte: Sie würden aber sehen/ daß der
Stylus nicht gleich sey dem Stylo, welchen Paulus in seinen Episto-
len führe. Jch bin zu einer jeden Schrifft durch sonderbare occasion
getrieben worden/ und habe sie auff Ermahnung vornehmer Herren
und Freunde trucken lassen. Jch bezeuge mit meinem Gewissen/ daß
es auß keiner ambition, sed, nescio quo lusu ingenii. geschehen
seye/ deßwegen ich auch meinen Namen nicht habe dabey setzen wol-
len/ als aber diese Dinge sich hier und da/ wider all mein Vermuthen/
außgebreitet haben/ und diversa & adversa judicia davon sind gefäl-
let worden/ bin ich von Geist- und Weltlichen/ auch wol in conventu
publico
gefraget/ ob ich dieser Tractätlein Autor sey? Da habe ichs
candide gestanden. Als sie gefraget/ warumb ich meinen Namen

nicht
R r ij

Ehrenrettung.
Koch einen kalten Braten nimbt/ welchen die Gaͤſte deß vorigen A-
bends nicht haben eſſen wollen/ und macht deß Morgens kleine Pa-
ſteten oder ein ander wolgewuͤrtzetes Gericht darauß.

Der hochgelahrte Cardinal Beſſarion hat pflegen zu ſagen: Plato
ſæpè alienas ſententias ſuo nectare condivit. Herman. Vul-
tejus
der vortreffliche Heſſiſche Juriſt/ ſagte einsmals in einer Ga-
ſterey zum Herꝛn Vice-Cancellario Neſeno: Herr Gevatter/
die Leute meynen ich koͤnne etwas ſonderliches; Jch kan
Latein/ und kan
GENERALIA APPLICIREN SPECIA-
LIBUS,
das iſt alle meine Kunſt. Jch hoͤrte dieſe Wort/ und
dachte bey mir ſelbſt: Du groſſer Mann/ das iſt eine groſſe
Kunſt!
Wie manche Theologiſche und Philoſophiſche Schrifft ha-
be ich geleſen/ den Kopff geſchuͤttelt/ und gedacht: Aut Plato Philo-
nizat, aut Philo Platonizat. Intelligenti pauca!
Sind meine
Tractaͤtlein außgeſchrieben/ was tribuliret man mich dann und ſagt:
Es ſind neue aͤrgerliche Schrifften? Sind es aͤrgerliche Schrifften/
warumb ſind ſie dann an ſo vielen vornehmen Lutheriſchen Orten wi-
derumb auffgeleget? Warumb haben die Praͤlaten und Statiſten
ſolchen Nachdruck nicht verhindert? Warumb thun ſie es noch nicht?
Jch habe einen einigen Bogen trucken laſſen de adornando me-
moriali Biblico,
und habe daran gehaͤnget den hundert ein und
funfftzigſten Pſalm/ welcher dem Koͤnige David faͤlſchlich zugeſchrie-
ben wird: Jtem die Epiſtolam ad Laodicenſes. Dieſes iſt mir auch
uͤbel außgedeutet worden. Jch habe aber dieſe keines weges fuͤr Cano-
niſche Schrifft außgegeben/ ſondern habe damit ſaͤttigen wollen die
Curioſitaͤt junger gelahrter Leute/ welche an mich geſchrieben/ da ſie
vernommen haben/ daß die Epiſtola ad Laodicenſes ſey auff der
Bibliothec zu S. Jacob. Als hab ich ihnen geantwortet/ ich haͤtte Co-
piam derſelben unter Herrn D. Helvici ſel. Sachen gefunden/ wel-
che ich gerne communiciren wolte: Sie wuͤrden aber ſehen/ daß der
Stylus nicht gleich ſey dem Stylo, welchen Paulus in ſeinen Epiſto-
len fuͤhre. Jch bin zu einer jeden Schrifft durch ſonderbare occaſion
getrieben worden/ und habe ſie auff Ermahnung vornehmer Herꝛen
und Freunde trucken laſſen. Jch bezeuge mit meinem Gewiſſen/ daß
es auß keiner ambition, ſed, neſcio quo luſu ingenii. geſchehen
ſeye/ deßwegen ich auch meinen Namen nicht habe dabey ſetzen wol-
len/ als aber dieſe Dinge ſich hier und da/ wider all mein Vermuthen/
außgebreitet haben/ uñ diverſa & adverſa judicia davon ſind gefaͤl-
let worden/ bin ich von Geiſt- und Weltlichen/ auch wol in conventu
publico
gefraget/ ob ich dieſer Tractaͤtlein Autor ſey? Da habe ichs
candidè geſtanden. Als ſie gefraget/ warumb ich meinen Namen

nicht
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[627/0669] Ehrenrettung. Koch einen kalten Braten nimbt/ welchen die Gaͤſte deß vorigen A- bends nicht haben eſſen wollen/ und macht deß Morgens kleine Pa- ſteten oder ein ander wolgewuͤrtzetes Gericht darauß. Der hochgelahrte Cardinal Beſſarion hat pflegen zu ſagen: Plato ſæpè alienas ſententias ſuo nectare condivit. Herman. Vul- tejus der vortreffliche Heſſiſche Juriſt/ ſagte einsmals in einer Ga- ſterey zum Herꝛn Vice-Cancellario Neſeno: Herr Gevatter/ die Leute meynen ich koͤnne etwas ſonderliches; Jch kan Latein/ und kan GENERALIA APPLICIREN SPECIA- LIBUS, das iſt alle meine Kunſt. Jch hoͤrte dieſe Wort/ und dachte bey mir ſelbſt: Du groſſer Mann/ das iſt eine groſſe Kunſt! Wie manche Theologiſche und Philoſophiſche Schrifft ha- be ich geleſen/ den Kopff geſchuͤttelt/ und gedacht: Aut Plato Philo- nizat, aut Philo Platonizat. Intelligenti pauca! Sind meine Tractaͤtlein außgeſchrieben/ was tribuliret man mich dann und ſagt: Es ſind neue aͤrgerliche Schrifften? Sind es aͤrgerliche Schrifften/ warumb ſind ſie dann an ſo vielen vornehmen Lutheriſchen Orten wi- derumb auffgeleget? Warumb haben die Praͤlaten und Statiſten ſolchen Nachdruck nicht verhindert? Warumb thun ſie es noch nicht? Jch habe einen einigen Bogen trucken laſſen de adornando me- moriali Biblico, und habe daran gehaͤnget den hundert ein und funfftzigſten Pſalm/ welcher dem Koͤnige David faͤlſchlich zugeſchrie- ben wird: Jtem die Epiſtolam ad Laodicenſes. Dieſes iſt mir auch uͤbel außgedeutet worden. Jch habe aber dieſe keines weges fuͤr Cano- niſche Schrifft außgegeben/ ſondern habe damit ſaͤttigen wollen die Curioſitaͤt junger gelahrter Leute/ welche an mich geſchrieben/ da ſie vernommen haben/ daß die Epiſtola ad Laodicenſes ſey auff der Bibliothec zu S. Jacob. Als hab ich ihnen geantwortet/ ich haͤtte Co- piam derſelben unter Herrn D. Helvici ſel. Sachen gefunden/ wel- che ich gerne communiciren wolte: Sie wuͤrden aber ſehen/ daß der Stylus nicht gleich ſey dem Stylo, welchen Paulus in ſeinen Epiſto- len fuͤhre. Jch bin zu einer jeden Schrifft durch ſonderbare occaſion getrieben worden/ und habe ſie auff Ermahnung vornehmer Herꝛen und Freunde trucken laſſen. Jch bezeuge mit meinem Gewiſſen/ daß es auß keiner ambition, ſed, neſcio quo luſu ingenii. geſchehen ſeye/ deßwegen ich auch meinen Namen nicht habe dabey ſetzen wol- len/ als aber dieſe Dinge ſich hier und da/ wider all mein Vermuthen/ außgebreitet haben/ uñ diverſa & adverſa judicia davon ſind gefaͤl- let worden/ bin ich von Geiſt- und Weltlichen/ auch wol in conventu publico gefraget/ ob ich dieſer Tractaͤtlein Autor ſey? Da habe ichs candidè geſtanden. Als ſie gefraget/ warumb ich meinen Namen nicht R r ij

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 627. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/669>, abgerufen am 22.11.2024.