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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Von der Kunst reich zu werden.
Geheimnus Henrici VII. arglistigsten Königs in Engelland/ wel-
cher eher hat wollen Geld vor entlehnen/ als er manglete/ weder spä-
ter bezahlen/ als er schuldig war. Und eben diß machte ihm ein groß
Credit. Credit oder Glauben sag ich/ welcher ist die Seel der Kauff-
herrn und Handelsleuten. Es ware auch ein Jud dar/ den sie Rabbi
Ben Israel
nenneten/ welcher alles dieses gutheissend/ letztlich spra-
che; Jch weiß wol/ daß etliche Christen/ witzige Außmachungen auff
die Wucherer erdacht haben/ ein anderer sagt/ er seye ein armer Teuf-
fel. Der ander/ ein Wucherer seye der gröste Brecher deß Sabbaths.
Dann sein Pflug stehe am Sabbath nicht mit Ruhe. Der dritte sagt;
Ein Wucherer trete das erste Gesatz/ so nach dem Fall deß Menschen
gegeben worden/ mit Füssen. Dann Gott habe dem Menschen be-
fohlen/ daß er das Brodt im Schweiß seines Angesichts esse/ nicht
im Schweiß/ eines frembden Angesichts. Der vierdte sagt/ es seye
ein Sach wider die Natur/ daß ein Geld das ander gebäre. Andere
sagen ein anders. Aber verzeicht meiner Freyheit/ welche mir euer
Güte machet. Jch halte darfür/ der Wucherer seye unter den gülti-
gen Sachen/ wegen Härtigkeit deß menschlichen Hertzens. Dann
weil den Menschen vonnöthen ist/ daß sie einander Geld leyhen und
auffnehmen/ und weil sie eines so harten Hertzens seyn/ daß sie es umb-
sonst nicht darleyhen wollen/ ist vonnöthen daß die Wucher zugelassen
werden. Wie werden die jüngere Kauffleut die Kauffmanschafft üben/
wie werden die Handwercksleut und eure Bauren bißweilen ihre
Sachen fortbringen/ wann sie nicht auff Gewin Geld auffnehmen?
Glaubt mir/ wann nicht der Wucherer Darleyhung dieser Noth-
türfftigkeiten bißweilen wird zu hülff kommen/ werden sie bald in die
eusserste Armut gerathen/ und werden gezwungen seyn/ ihre Sachen/
es seyen mobilien oder ligende Güter/ umb gar schlechten Werth
zu verkauffen. Wann ihr mich in euer Gesellschafft wollet auffnehmen/
will ich euch von der Erneuerung und Regul deß Wuchers sagen/
nemlich mit was Weiß desselben Schäden auffs beste gemeidet/ und
dessen Nutzen behalten werden. Er sienge aber ein lange disputation
an/ ob es dem gemeinen Nutzen befürderlich seye/ daß der Rabbi Ben
Israel
solte zugelassen werden? Letztlich/ doch mit vorgeschribnen con-
ditionen
und Gesetz wurde er beygelassen. Das Exempel dieses Ju-
dens hat einen anderen gar bösen Menschen/ welcher bißher in einer
Stadt in Teutschland der Kriegs-Cassen vorgesetzt gewesen/ herfür
getrieben/ daß er auch Ort und Stand in der Gesellschafft erbetete.
Neulich/ sprach er/ weiß nicht auß was für einem guten Antrieb/ bin
ich über die Schrifften deß fürtrefflichen Theologi Arnoldi Meng-
rings
kommen/ mit welchen mein Gewissen ist ermuntert worden/
und hab alsbald meine boßhafftige Sitten anheben hassen. Aber wie

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Von der Kunſt reich zu werden.
Geheimnus Henrici VII. argliſtigſten Koͤnigs in Engelland/ wel-
cher eher hat wollen Geld vor entlehnen/ als er manglete/ weder ſpaͤ-
ter bezahlen/ als er ſchuldig war. Und eben diß machte ihm ein groß
Credit. Credit oder Glauben ſag ich/ welcher iſt die Seel der Kauff-
herꝛn und Handelsleuten. Es ware auch ein Jud dar/ den ſie Rabbi
Ben Iſrael
nenneten/ welcher alles dieſes gutheiſſend/ letztlich ſpra-
che; Jch weiß wol/ daß etliche Chriſten/ witzige Außmachungen auff
die Wucherer erdacht haben/ ein anderer ſagt/ er ſeye ein armer Teuf-
fel. Der ander/ ein Wucherer ſeye der groͤſte Brecher deß Sabbaths.
Dann ſein Pflug ſtehe am Sabbath nicht mit Ruhe. Der dritte ſagt;
Ein Wucherer trete das erſte Geſatz/ ſo nach dem Fall deß Menſchen
gegeben worden/ mit Fuͤſſen. Dann Gott habe dem Menſchen be-
fohlen/ daß er das Brodt im Schweiß ſeines Angeſichts eſſe/ nicht
im Schweiß/ eines frembden Angeſichts. Der vierdte ſagt/ es ſeye
ein Sach wider die Natur/ daß ein Geld das ander gebaͤre. Andere
ſagen ein anders. Aber verzeicht meiner Freyheit/ welche mir euer
Guͤte machet. Jch halte darfuͤr/ der Wucherer ſeye unter den guͤlti-
gen Sachen/ wegen Haͤrtigkeit deß menſchlichen Hertzens. Dann
weil den Menſchen vonnoͤthen iſt/ daß ſie einander Geld leyhen und
auffnehmen/ und weil ſie eines ſo harten Hertzens ſeyn/ daß ſie es umb-
ſonſt nicht darleyhen wollen/ iſt vonnoͤthen daß die Wucher zugelaſſen
werden. Wie werden die juͤngere Kauffleut die Kauffmanſchafft uͤben/
wie werden die Handwercksleut und eure Bauren bißweilen ihre
Sachen fortbringen/ wann ſie nicht auff Gewin Geld auffnehmen?
Glaubt mir/ wann nicht der Wucherer Darleyhung dieſer Noth-
tuͤrfftigkeiten bißweilen wird zu huͤlff kommen/ werden ſie bald in die
euſſerſte Armut gerathen/ und werden gezwungen ſeyn/ ihre Sachen/
es ſeyen mobilien oder ligende Guͤter/ umb gar ſchlechten Werth
zu verkauffen. Wann ihr mich in euer Geſellſchafft wollet auffnehmen/
will ich euch von der Erneuerung und Regul deß Wuchers ſagen/
nemlich mit was Weiß deſſelben Schaͤden auffs beſte gemeidet/ und
deſſen Nutzen behalten werden. Er ſienge aber ein lange diſputation
an/ ob es dem gemeinen Nutzen befuͤrderlich ſeye/ daß der Rabbi Ben
Iſrael
ſolte zugelaſſen werden? Letztlich/ doch mit vorgeſchribnen con-
ditionen
und Geſetz wurde er beygelaſſen. Das Exempel dieſes Ju-
dens hat einen anderen gar boͤſen Menſchen/ welcher bißher in einer
Stadt in Teutſchland der Kriegs-Caſſen vorgeſetzt geweſen/ herfuͤr
getrieben/ daß er auch Ort und Stand in der Geſellſchafft erbetete.
Neulich/ ſprach er/ weiß nicht auß was fuͤr einem guten Antrieb/ bin
ich uͤber die Schrifften deß fuͤrtrefflichen Theologi Arnoldi Meng-
rings
kommen/ mit welchen mein Gewiſſen iſt ermuntert worden/
und hab alsbald meine boßhafftige Sitten anheben haſſen. Aber wie

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[721/0763] Von der Kunſt reich zu werden. Geheimnus Henrici VII. argliſtigſten Koͤnigs in Engelland/ wel- cher eher hat wollen Geld vor entlehnen/ als er manglete/ weder ſpaͤ- ter bezahlen/ als er ſchuldig war. Und eben diß machte ihm ein groß Credit. Credit oder Glauben ſag ich/ welcher iſt die Seel der Kauff- herꝛn und Handelsleuten. Es ware auch ein Jud dar/ den ſie Rabbi Ben Iſrael nenneten/ welcher alles dieſes gutheiſſend/ letztlich ſpra- che; Jch weiß wol/ daß etliche Chriſten/ witzige Außmachungen auff die Wucherer erdacht haben/ ein anderer ſagt/ er ſeye ein armer Teuf- fel. Der ander/ ein Wucherer ſeye der groͤſte Brecher deß Sabbaths. Dann ſein Pflug ſtehe am Sabbath nicht mit Ruhe. Der dritte ſagt; Ein Wucherer trete das erſte Geſatz/ ſo nach dem Fall deß Menſchen gegeben worden/ mit Fuͤſſen. Dann Gott habe dem Menſchen be- fohlen/ daß er das Brodt im Schweiß ſeines Angeſichts eſſe/ nicht im Schweiß/ eines frembden Angeſichts. Der vierdte ſagt/ es ſeye ein Sach wider die Natur/ daß ein Geld das ander gebaͤre. Andere ſagen ein anders. Aber verzeicht meiner Freyheit/ welche mir euer Guͤte machet. Jch halte darfuͤr/ der Wucherer ſeye unter den guͤlti- gen Sachen/ wegen Haͤrtigkeit deß menſchlichen Hertzens. Dann weil den Menſchen vonnoͤthen iſt/ daß ſie einander Geld leyhen und auffnehmen/ und weil ſie eines ſo harten Hertzens ſeyn/ daß ſie es umb- ſonſt nicht darleyhen wollen/ iſt vonnoͤthen daß die Wucher zugelaſſen werden. Wie werden die juͤngere Kauffleut die Kauffmanſchafft uͤben/ wie werden die Handwercksleut und eure Bauren bißweilen ihre Sachen fortbringen/ wann ſie nicht auff Gewin Geld auffnehmen? Glaubt mir/ wann nicht der Wucherer Darleyhung dieſer Noth- tuͤrfftigkeiten bißweilen wird zu huͤlff kommen/ werden ſie bald in die euſſerſte Armut gerathen/ und werden gezwungen ſeyn/ ihre Sachen/ es ſeyen mobilien oder ligende Guͤter/ umb gar ſchlechten Werth zu verkauffen. Wann ihr mich in euer Geſellſchafft wollet auffnehmen/ will ich euch von der Erneuerung und Regul deß Wuchers ſagen/ nemlich mit was Weiß deſſelben Schaͤden auffs beſte gemeidet/ und deſſen Nutzen behalten werden. Er ſienge aber ein lange diſputation an/ ob es dem gemeinen Nutzen befuͤrderlich ſeye/ daß der Rabbi Ben Iſraelſolte zugelaſſen werden? Letztlich/ doch mit vorgeſchribnen con- ditionen und Geſetz wurde er beygelaſſen. Das Exempel dieſes Ju- dens hat einen anderen gar boͤſen Menſchen/ welcher bißher in einer Stadt in Teutſchland der Kriegs-Caſſen vorgeſetzt geweſen/ herfuͤr getrieben/ daß er auch Ort und Stand in der Geſellſchafft erbetete. Neulich/ ſprach er/ weiß nicht auß was fuͤr einem guten Antrieb/ bin ich uͤber die Schrifften deß fuͤrtrefflichen Theologi Arnoldi Meng- rings kommen/ mit welchen mein Gewiſſen iſt ermuntert worden/ und hab alsbald meine boßhafftige Sitten anheben haſſen. Aber wie lang Z z

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 721. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/763>, abgerufen am 22.11.2024.